Im Mühlbachtal, nördlich von Schnetzenhausen, helfen Rinder dabei, dass die Natur auflebt. In dem Bereich lässt die Stadt als Ausgleich für Baumaßnahmen größere Flächen seit zehn Jahren extensiv bewirtschaften: keine Düngung, keine Einsaat von Futtergräsern, seltene Mahd und Entfernen des Schnittgutes. Das Ziel, dadurch mehr Artenvielfalt zu bekommen, habe man auf diese Weise aber nicht erreicht, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Deshalb hatte sich die Verwaltung dafür entschieden, dass dort Galloway-Rinder grasen sollen. Die positiven Veränderungen durch die extensive Beweidung sei bereits nach dem ersten Sommer zu sehen: vielfältigere Blumen und längere Blühzeiten, mehr Schmetterlinge und andere Insekten, Vögel auf Nahrungssuche und mehr Struktur im Boden.

Mehr Pflanzen als sonst üblich

Die kleine Herde Galloway-Rinder, die das bewirkt hat, gehört den Nebenerwerbs-Landwirten Jürgen Sittner und Benedict Strohmaier. Schon auf den ersten Blick auf die Weide im Mühlbachtal ist zu erkennen: Sie unterscheidet sich erheblich von den gemähten Wiesen daneben. Hier wachsen deutlich mehr unterschiedliche Pflanzen.

Jürgen Sittner (links) und Benedict Strohmaier setzen als junge, innovative Landwirte alte Haltungsformen ein und pflegen mit ihren ...
Jürgen Sittner (links) und Benedict Strohmaier setzen als junge, innovative Landwirte alte Haltungsformen ein und pflegen mit ihren Galloway-Rindern eine städtische Ausgleichsfläche. | Bild: Stadtverwaltung Friedrichshafen

Wald dient als Rückzugsort

Aber wo sind die Rinder? "Dort drüben", erklärt Sittner und zeigt Richtung Wald. Gut getarnt mit seinem schwarzen lockigen Fell, liegt der eindrucksvolle Bulle am Waldrand und passt auf die etwas tiefer im Wald stehenden drei Kühe und die beiden Kälber auf. "Die Verbindung von Wiese und Wald ist für die Galloways ideal", erklärt Sittner. Nach dem Fressen auf der Weide zögen sich die Rinder gerne in den Schutz und Schatten des Waldes zurück.

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Robust und friedliches Gemüt

Warum haben Sittner und Strohmaier sich eigentlich für diese Rasse aus Schottland entschieden? "Auf der Messe Eurotier in Hannover haben wir uns viele Rinderrassen angeschaut und mit Züchtern gesprochen", sagt Sittner. Für die Galloway spricht vieles: Es sind robuste Tiere mit friedlichem Gemüt. Sie haben ein dichtes Fell und können ganzjährig im Freien gehalten werden. Außerdem haben Galloways von Natur aus keine Hörner und ein vergleichsweise niedriges Gewicht, das der Grasnarbe kaum schadet.

Der Bulle auf der Winterweide: Er hält sich trotz Unterstand gerne im Freien auf.
Der Bulle auf der Winterweide: Er hält sich trotz Unterstand gerne im Freien auf. | Bild: Jürgen Sittner

Immer genug Futter für Insekten

Aber was ist am Beweiden besser als am Mähen? "Wenn wir eine Wiese mähen, ist alles auf einmal weg", erklärt Sittner. "Insekten finden von einem Tag auf den anderen keine Blüten mehr. Außerdem können viele Wildblumen in der geschlossenen Grasnarbe nicht keimen und wachsen." Der Unterschied beim Beweiden: "Die Rinder fressen die Pflanzen nach und nach, sodass auch für die Insekten immer etwas übrig bleibt", sagt Sittner, "ihre Hufspuren legen außerdem den Boden auf kleinen Flächen frei. So bekommen auch Pflanzen eine Chance, die in einer komplett geschlossenen Grasnarbe nicht wachsen könnten."

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Tiere werden nicht gemolken

Die Arbeit für die beiden Nebenerwerbs-Landwirte beschränkt sich die meiste Zeit mehr oder weniger auf die tägliche Kontrolle, ob es allen Tieren gutgeht, und die Wasserversorgung. Die extensive Haltung sei möglich, weil die Galloways nicht gemolken werden, erklärt Sittner und fügt hinzu: "Aber eigentlich machen wir nichts anderes als jeder Landwirt, der Rinder auf der Weide hält."

Die Galloway-Kühe werden von den Landwirten nicht gemolken. Die Milch gehört allein den Kälbern.
Die Galloway-Kühe werden von den Landwirten nicht gemolken. Die Milch gehört allein den Kälbern. | Bild: Gisela Keller

Was naturnahe Beweidung längerfristig bewirken kann, zeigt Sittner auf der nahe gelegenen Winterweide, zu der die Herde in Kürze umziehen wird. "Diese Flächen haben wir von Herrn Schraff gepachtet. Er hat hier jahrzehntelang Rinder auf der Weide gehalten. An dieser Weide gibt es ökologisch nichts zu verbessern: Sie ist bereits ausgesprochen hochwertig und artenreich." Zur jetzigen Jahreszeit blühen darauf zum Beispiel Flockenblumen, Schafgarben und Rotklee. Streuobstbäume bieten hier den Rindern Schatten und etwas Wetterschutz.

Unterstand steht nicht hoch im Kurs

Weil Rinder jedoch generell Zugluft nicht mögen, haben Sittner und Strohmaier ihren Galloways einen festen Unterstand gebaut und mit reichlich Stroh eingestreut. Obwohl die Tiere jederzeit freien Zugang dazu haben, zögen es die Galloways meistens vor, sich in Freien aufzuhalten, sagt Sittner und zeigt ein Foto des schneebedeckten, aber offenbar zufriedenen Bullen.