Es sollte der große Wurf werden. Im Jahr 2013 übernahm das Klinikum Friedrichshafen das Krankenhaus 14 Nothelfer in Weingarten, zwei Jahre später auch das Krankenhaus Tettnang. Aus allen drei Häusern wurde der „Medizin Campus Bodensee„ (MCB). Die Vergrößerungs-Strategie sollte zu wirtschaftlichem Erfolg in schwierigen Zeiten für die kommunalen Krankenhäuser sorgen. Doch nun wurde der MCB selbst zum Patienten, denn Jahr für Jahr fuhr der Klinikverbund schlechtere und tiefrote Zahlen ein.
Nun zieht die Stadt Friedrichshafen, die Hauptgesellschafter aller drei Häuser ist, die Notbremse. Der Gemeinderat soll am Montag beschließen, das hoch defizitäre Krankenhaus 14 Nothelfer bis Herbst 2021 zu schließen. Allein für 2019 rechnet die Geschäftsführung mit einem Jahresfehlbetrag von 3,7 Millionen Euro am Weingartener Standort, 2018 waren es 3,8 Millionen Euro.
„Insgesamt hat die Stadt Friedrichshafen bis 2018 rund 15 Millionen Euro in den Standort investiert“, erläutert Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand. Doch genützt hat das alles nichts. Der Fachkräftemangel, verschärfte gesundheitspolitische Vorgaben und eine schwache Akzeptanz der Notaufnahme in Weingarten sind einige Gründe für die Entscheidung. „Das ist ein schwerer Schritt“, gibt OB Andreas Brand zu. „Aber auf Dauer können wir in Weingarten nicht mehr die medizinische Qualität bieten, die wir uns wünschen“, fügt er hinzu.
Problematisch ist auch, dass die schlechten Ergebnisse das noch vor wenigen Jahren „gesunde“ Klinikum Friedrichshafen mit in den Abgrund reißen. Seitdem der Klinikverbund gegründet wurde, muss die stadteigene Zeppelin-Stiftung immer wieder Zuschüsse in Millionenhöhe geben.
Mit dem Aus in Weingarten ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer Konsolidierung des Krankenhauswesens in Baden-Württemberg getan. Denn Ziel der Landesregierung ist es, wirtschaftlich schwache Häuser zu schließen und dafür große Kliniken mit spezialisiertem Personal zu fördern. Um diesen Umbau zu finanzieren, beteiligen sich Bund und Land an einem gemeinsamen Krankenhausstrukturfonds. Bis 2022 stehen dafür jährlich über 121,7 Millionen Euro zur Verfügung.
Sozialminister Manfred Lucha macht auch in der Region Druck, denn er spricht sich klar gegen eine Finanzierung von Doppelstrukturen aus. Für den Medizin Campus Bodensee bedeutet das künftig auch eine engere Zusammenarbeit mit den Obrschwabenkliniken (OSK), die in Ravensburg beheimatet sind. „Der Minister hat uns klar signalisiert, dass eine Kooperation mit der OSK erwartet wird“, berichtet OB Andreas Brand. So müssten sich beide Häuser etwa darüber unterhalten, wer welche medizinischen Leistungen anbietet.
Für 70 Mitarbeiter in der Pflege und 15 Ärzte, die von der Schließung des Standorts in Weingarten betroffen sind, gelte eine Jobgarantie innerhalb des MCB, betont MCB-Geschäftsführer Jochen Wolf.
Bis das Haus ganz zumacht, sollen in einer Interimsphase noch einige Abteilungen erhalten bleiben. Fünf dagegen sollen geschlossen werden, darunter die Geburtshilfe. Was mit dem Gebäude des Weingartener Krankenhauses am Ende geschieht, ist noch nicht entschieden.