Nena und Michael Patrick Kelly werden im Graf-Zeppelin-Haus (GZH) auftreten – der „guten Stube der Stadt“, wie das Kultur- und Kongresszentrum gerne bezeichnet wird. Kartenbesitzer reagieren erbost, andere wähnen sich jetzt erst recht in „Friedhofshafen“ und auch einige Ratsfraktionen melden sich zu Wort. So heftig die Entscheidung kritisiert wird: Rückgängig machen lässt sich die Verlegung der beiden ursprünglich als Open-Air-Veranstaltungen geplanten Konzerte im August wohl nicht mehr. Endgültig von Freiluftkonzerten am Häfler Seeufer verabschieden wollen sich allerdings längst noch nicht alle.

Vergangene Woche hatten Stadt und Veranstalter die Konzerte aufgrund einer drohenden juristischen Auseinandersetzung mit Anwohnern in den Hugo-Eckener-Saal im GZH verlegt. Aus Sicht einiger Kritiker haben zwei Anwohner der Olgastraße damit vielen Konzertbesuchern den Spaß verdorben. Andere stellen eher die Verhältnismäßigkeit der Verlegung an sich infrage. Die CDU-Ratsfraktion teilt etwa mit: „Die Absage auf Beschwerde von zwei Anwohnern empfinden viele Menschen in der Stadt nachvollziehbar als unnötig und grenzwertig.“

Das könnte Sie auch interessieren

Netzwerk für Friedrichshafen kritisiert Stadtverwaltung

Das Netzwerk für Friedrichshafen bedauert, dass es „ohne Not in einer Art vorauseilendem Gehorsam zur Verlegung der Konzerte nach innen gekommen“ sei. Die Gruppierung, aus deren Reihen künftig vier Mitglieder dem Gemeinderat angehören werden, kritisiert, dass seitens der Stadt wohl keine direkten Gespräche mit den Anwohnern gesucht worden seien.

Die Einhaltung der Freizeitlärmrichtlinie sei eine nachvollziehbare Forderung aus der unmittelbaren Nachbarschaft, so das Netzwerk weiter. Dass Anwohner mit Klage gedroht hätten, müsse die Stadtverwaltung belegen. „Sollte die Stadt als Genehmigungsbehörde alles richtig gemacht haben, hätte sie einer eventuellen Klage nach gescheiterten Gesprächen zur einvernehmlichen Lösung gelassen entgegensehen können.“

Das könnte Sie auch interessieren

Anwohnern geht es auch um Partylärm nach Konzerten

„Natürlich war das GZH im vergangenen und in diesem Jahr mit den Anwohnern im Gespräch, da es großes Interesse an einer einvernehmlichen Lösung gab“, teilt Stadtsprecherin Monika Blank mit.

Außerdem präzisiert die Pressestelle im Rathaus auf Anfrage, dass die Anwältin am 11. Juni unter anderem mitgeteilt habe: „Sollten keine ausreichenden Schutzauflagen ... aufgenommen werden, werden unsere Mandanten prüfen, das Verwaltungsgericht Sigmaringen einzuschalten, um einen ausreichenden Lärmschutz sicherstellen zu lassen.“ Weiter seien die Erwartungen an die Schutzauflagen konkretisiert worden. „Neben Lärmschutz während der Konzerte wurde auch auf den anschließenden Partylärm abgehoben und ein Absperrkonzept für das angrenzende Wohngebiet gefordert, um wildes Parken zu verhindern“, heißt es weiter.

Das könnte Sie auch interessieren

Einschätzung der Veranstaltungen wäre Sache des Gerichts

„Unseren Messungen zufolge waren beide Veranstaltungen im vergangenen Jahr sauber“, sagt Marc Oßwald. Höchstwerte, wie sie die Freizeitlärmrichtlinie vorgibt, seien nicht überschritten worden. Analog zu dieser Richtlinie hatte die Stadt, die nach eigenen Angaben keine gesonderten Messungen veranlasst hatte, 2018 den Lärmgrenzwert festgesetzt.

Für die Beurteilung der Zulässigkeit von Lärm gilt die Freizeitlärmrichtlinie, erläutert die Stadt auf dem Anliegenportal „Sag‘s doch“. Unter bestimmten Bedingungen lasse diese Richtlinie für seltene Ereignisse auch Veranstaltungen zu, die die geltenden Lärmgrenzwerte bis zu einem gewissen Maß überschreiten. Bei Seehasenfest und Kulturufer sind diese Bedingungen nach Einschätzung der Stadt gegeben. „Ob nun aber ein Open-Air-Konzert eines Privatveranstalters noch hierunter fällt, wäre vom Gericht zu entscheiden gewesen.“

Dieter Thomas Kuhn trat im vergangenen Jahr vor dem Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen auf.
Dieter Thomas Kuhn trat im vergangenen Jahr vor dem Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen auf. | Bild: Hans-Robert Nitsche

Risiko für Veranstalter läge im sechsstelligen Bereich

Als das Schreiben der Anwältin das Rathaus erreichte, gab es Marc Oßwald zufolge zwei Möglichkeiten: Verlegung oder eben nicht. Er selbst hätte es besser gefunden, an der ursprünglichen Planung festzuhalten, sagt er. So wäre letztlich – mit welchem Ergebnis auch immer – Rechts- und damit auch Planungssicherheit für die Zukunft geschaffen worden. Das dem Geschäftsführer zufolge nicht versicherbare Risiko wollte Vaddi Concerts allerdings nicht tragen.

Das könnte Sie auch interessieren

Wären die Open-Air-Konzerte kurzfristig untersagt worden, hätte das laut Oßwald einen Verlust von 280 000 Euro bedeutet. Ein Risiko, das auch die Stadt, bei der als Genehmigungsbehörde zudem das Prozessrisiko gelegen hätte, nicht habe übernehmen wollen. Und so räumt auch Oßwald ein: „Ich glaube, in dem Moment konnte man gar nicht anders entscheiden.“ Schon die Verlegung bedeutet zumindest, dass die Konzerte zumindest weniger Einnahmen bringen werden. In den Saal passen keine 3000 Besucher, draußen am See hätten bis zu 4000 Platz gehabt.

Das könnte Sie auch interessieren

Lösung am runden Tisch?

Ist Friedrichshafen, wo Konzerte dieser Kategorie vor den Auftritten von Limp Bizkit und Dieter Thomas Kuhn im vergangenen Jahr selten geworden waren, für Vaddi Concerts damit uninteressant geworden? Oßwald sagt: nein. Endgültig vom Konzept der Open-Air-Konzerte verabschieden will auch er sich schließlich noch nicht. „Ich würde sehr gerne das Gespräch suchen“, sagt der Vaddi-Geschäftsführer. Um den Anliegern zu zeigen, dass ihre Sorgen ernst genommen werden und eventuell dennoch eine Lösung zu finden, sieht er aber auch die Politik vor Ort in der Pflicht. „Da müssen Stadt, GZH und Bürgermeister mit am Tisch sitzen.“

Eine Rückverlegung der Konzerte hält die Stadt Monika Blank zufolge zum jetzigen Zeitpunkt für nicht sinnvoll. „Ob und wann wieder einmal eine ähnliche Veranstaltung im Außenbereich des Graf-Zeppelin-Hauses geplant werden soll, ist noch offen.“