Mit der Ausstellung "Opfer" des Weißen Rings wagt sich die vhs Friedrichshafen zusammen mit dem Weißen Ring, ein Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten, an ein Thema, bei dem viele lieber wegschauen. Am Freitag wurde die Ausstellung in der vhs Friedrichshafen eröffnet.

"Nicht jedes Familienbild kommt ins Album", steht unter einem Foto, das einen aufgeräumten Schreibtisch mit dem gerahmten Porträt der Frau oder Freundin zeigt. Grün und blau geschlagen ist ihr Gesicht, die Mundwinkel sind nach unten gezogen. Die Fratze von Männern, die sich an Kindern vergehen, ein nettes Kinderzimmer mit dem Subtext "Babystrich", die Klingelknöpfe eines Mehrfamilienhauses mit vielen Mietern namens "Weghörer". Die Bilder, die von Studenten der Bauhaus-Universität Weimar gestaltet wurden, gehen unter die Haut.
Mut und Zivilcourage gefordert
"Das Schicksal unschuldiger Opfer steht im Mittelpunkt. Opfer, die so oft schweigen – aus Angst, aus Scham und aus Hilflosigkeit", sagte Martha Dauth, Leiterin der Außenstelle Bodenseekreis des Weißen Rings. Das Hinsehen erfordere Mut zu Zivilcourage und zur Hilfe. Im Fokus stünden in der Regel die Tat und der Täter. Für das Opfer bleibe nur ein Halbsatz. Oft genug würden sie sich schuldig fühlen – bis hin zu Vorwürfen, dass sie das Verhalten des Täters herausgefordert hätten. "Der Täter hat vier Jahre bekommen, ich lebenslang", zitierte Martha Dauth den Beginn eines Telefonanrufs beim Weißen Rings.
Ausstellungsthema ist bitterer Alltag
Leider sei das Thema der Ausstellung tagtäglich bittere Realität, sagte Bürgermeister Andreas Köster. Im Fokus stünden Gewalt und sexuelle Misshandlungen und der Betrachter sei gezwungen hinzuschauen. "Aber nur so können sich Betroffene trauen, aus dem Teufelskreis auszubrechen", erklärte Köster. Die Ausstellung gebe den Opfern ein Gesicht. "Sie erschüttert uns, und das ist gut so." Wichtig sei vor allem der Präventionsgedanke, werde doch im Schnitt jede vierte Frau Opfer von Gewalt. Von allen gefordert seien Aufmerksamkeit, Solidarität und Unterstützung.
Opfer ein Leben lang belastet
Der ehemalige baden-württembergische Polizeipräsident leitet seit zehn Jahren den Landesverband des Weißen Rings. "Opfer zu werden, ist kein Augenblicksereignis, sondern eine Belastung fürs Leben", legte Hetger dar. Eigentlich müsse die Gesellschaft sensibel sein für Opfer. "Aber sie ist es nicht." Es sei erschreckend, wie mit Kinderschicksalen umgegangen werde, wie weggeschaut werde, auch von denen, die handeltn müssten. Laut Statistik werde in Deutschland alle vier Minuten jemand in den eigenen vier Wänden zum Opfer von Gewalt, so Hetger.
Die Ausstellung "Opfer" ist bis 30. März zu den üblichen Öffnungszeiten in der vhs Friedrichshafen, Charlottenstraße 12/2, zu sehen. Kontakt Weißer Ring Bodenseekreis: Martha Dauth, Telefon 01 51/55 16 47 71, E-Mail: weisser.ring.bodenseekreis@gmail.com; Informationen im Internet:
www.bodenseekreis-baden-wuerttemberg.weisser-ring.de
Vorträge in der vhs Friedrichshafen
- "Opfer werden kann jeder – doch wie hoch ist das Risiko?" am Dienstag, 26. März, um 20 Uhr
- "Zivilcourage und Gewaltabwehr in der Praxis" am Dienstag, 29. März, um 18.30 Uhr (Voranmeldung)
- "Traumata – komplex und unsichtbar" am Dienstag, 2. April, um 20 Uhr
- "Der Weiße Ring e.V. im Bodenseekreis – Hilfe für Opfer von Kriminalität und Gewalt" am Dienstag, 9. April, um 20 Uhr
- "Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen" am Dienstag, 28. Mai, um 20 Uhr (rac)