Einer der Hauptgründe für die negative Jahresbilanz des Klinikums Friedrichshafens ist der Fachkräftemangel, der sich immer mehr bemerkbar macht. 1,24 Millionen Euro machte das Häfler Krankenhaus 2017 Minus, auch die beiden anderen Häuser des Medizin Campus Bodensee (MCB), Weingarten und Tettnang, vermeldeten satte Verluste, der Gesamtkonzern kam auf ein Minus von 1,2 Millionen Euro.

Zwei Komfort-Stationen sind geschlossen

In der Sitzung des Finanz- und Verwaltungsausschusses des Häfler Gemeinderates teilte MCB-Geschäftsführer Johannes Weindel auf Nachfrage von Gaby Lamparsky (FDP) mit, dass derzeit zwei der fünf Komfortstationen des Klinikums geschlossen seien. "Wegen des Personalmangels mussten wir die Pflegegruppe 31/32 vor einer Woche schließen. Die Patienten werden jetzt in Zwei-Bett-Zimmern versorgt", erläuterte Weindel. Weiter führte er aus, dass der Fachkräftemangel sich schon seit Jahren abzeichne und das Klinikum alles tue, um das vorhandene Personal zu halten. Mitarbeiter der Intensiv-Stationen bekämen Prämien ausgezahlt, denn gerade diese gut ausgebildeten Fachkräfte seien "Mangelware".

Der SÜDKURIER befragte Johannes Weindel zu Gerüchten, dass eine der beiden Intensivstationen derzeit geschlossen sei – ebenfalls wegen Personalmangels. "Das stimmt nicht", verneint Weindel klar.

Auch Wohnraum für das Personal ist knapp

Vor dem Ausschuss führte er aus, dass auch im Ausland vor allem nach Pflegepersonal gesucht werde. Doch wenn dies gefunden sei, gäbe es gleich das nächste Problem. "Wir finden keinen Wohnraum. Wir haben 30 Pflegekräfte aus den Phillippinen akquiriert, doch für sie haben wir derzeit noch keine Unterkunft", erklärte der Klinikums-Chef weiter.

Die Lage bleibt angespannt, wie Weindel betont. Denn "die sehr schwierige Personalakquise und der extreme Personalengpass führten zu stark gestiegenem Einsatz von Honorarkräften und Freiberuflern", heißt es in der Sitzungsvorlage. Auch in der Zukunft müsse mit entsprechendem Personalmangel gerechnet werden. "Die Herausforderungen sind enorm", so die zentrale Botschaft des MCB-Chefs an den Ausschuss.

Weindel lehnt Kooperation mit Ravensburg ab

CDU-Stadtrat Franz Bernhard warf ein, dass es ja nicht sein könne, dass Stationen schließen müssten. "Ich warne vor einem negativen Wettlauf ums Geldverbrennen", sagte Bernhard. "Es kann doch nicht sein, dass die Kommunen auf Dauer so sehr investieren müssen", fügte Bernhard hinzu. Er regte an, eine Kooperation mit der Oberschwabenklinik in Ravensburg zu prüfen. Doch dem erteilte Weindel gleich eine Absage. "Wenn zwei Kranke zusammen gehen, heißt das nicht, dass sie auch wieder gesund werden", so Weindel. Zudem sei eine solche Kooperation auch kartellrechtlich äußerst schwierig.

Die Stadträte im Finanzausschuss hielten sich in der Sitzung auffallend zurück. Normalerweise gibt es zu solch gewichtigen Themen Fraktionserklärungen, auf die aber die Parteien allesamt verzichteten. Thematisiert wurde in der Sitzung erstaunlicherweise auch nicht, dass das Klinikum künftig Zuschüsse zu den laufenden Betriebskosten benötigen wird. Der SÜDKURIER fragte bei Geschäftsführer Johannes Weindel nach, in welcher Höhe diese sich bewegten. Doch eine Antwort auf unsere Anfrage blieb aus. Fest steht, dass die Stadt in den nächsten Jahren deutlich mehr Geld für den MCB ausgeben muss, als geplant.

Aufsichtsrat sieht Bund und Land in der Pflicht

Oberbürgermeister Andreas Brand sagte mit Blick auf die negative Bilanz: "Jetzt sind wir mit der harten Wirklichkeit konfrontiert. Doch der Aufsichtsrat will zurück auf Erfolgskurs. Dank der Zeppelin-Stiftung haben wir Zeit, die richtigen Entscheidungen zu treffen." Brand forderte vor allem Land und Bund dazu auf, ihrer Verantwortung in der Krankenhausfinanzierung nachzukommen.

Der Gemeinderat wird sich erst im Oktober mit der weiteren Strategie in Sachen Medizin Campus Bodensee befassen, wie der SÜDKURIER aus gut informierten Kreisen erfuhr. Wahrscheinlich wird auch dann erst klar, wie viel Geld die Zeppelin-Stiftung künftig zuschießen muss.

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Investitionsstau und gesetzliche Rahmenbedingungen

Neben den Zuschüssen für die laufenden Betriebskosten, die demnächst die Stadt zu tragen hat, sind auch Mittel für Investitionen dringend nötig. Die Gesundheitspolitik des Bundes führt ebenfalls dazu, dass es für den Medizin Campus Bodensee künftig nicht einfacher wird.

  1. .Investitionen: An allen drei Kliniken sind Investitionen notwendig, die eigentlich vom Land Baden-Württemberg finanziert werden müssten. Alle Krankenhäuser (außer Universitätskliniken) in Deutschland haben laut Konzernlagebericht einen jährlichen Investitionsbedarf von rund 5,4 Millionen Euro. Bereitgestellt wurden 2015 etwa aber nur 2,8 Millionen Euro. Am Klinikum Friedrichshafen stehen in nächster Zeit diverse größere Sanierungen an. "Die Fassade muss dringend erneuert werden, ebenso die Flachdächer. Zudem ist die zentrale Notaufnahme auch sanierungsbedürftig", erklärt Johannes Weindel. Daneben fallen auch immer wieder Kosten für neue medizinische Geräte an.
  2. Landesbasisfallwert: Der Basisfallwert bildet die Grundlage für die Vergütung der Krankenhausleistungen. Er stieg im Jahr 2017 um 2,38 Prozent auf 3 350,01 Euro an. "Die Kostensteigerungen wurden damit nur unzureichend refinanziert", heißt es im Konzernlagebericht. Gleichzeitig steigen sowohl die Personal- wie auch die Materialkosten beim MCB an. Die Personalkosten stiegen 2017 um rund 4,4 Millionen Euro auf 95,7 Millionen Euro. Der Materialaufwand stieg um 3,4
    Millionen Euro auf 46,6 Millionen Euro.