Mit einem Strahlen im Gesicht stecken der Vorstandsvorsitzende der Rolls-Royce Power Systems AG (RRPS), Andreas Schell, und der FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Theurer die beiden Enden eines überdimensionierten Stromsteckers zusammen. Im Hintergrund leuchtet der Schriftzug „Microgrid Validation Center“ auf. Wir sind bei der Eröffnung des rund fünf Millionen Euro teuren Test- und Demonstrationszentrums für lokale Energienetze, das RRPS in Friedrichshafen für seine Marke MTU errichtet hat.
Doch wie funktionieren diese Microgrids genannten lokalen Energienetze überhaupt? Und was genau soll in dem neuen „Validation Center“ getestet werden?
1. Was sind Microgrids?
In den lokalen Energienetzen werden verschiedene Energiequellen wie Photovoltaikanlagen oder Dieselgeneratoren und Speicher miteinander verbunden. Durch Microgrids können sich beispielsweise Unternehmen vom öffentlichen Stromnetz unabhängig machen oder selbst produzierte Energie in das öffentliche Netz einspeisen.
2. Wie funktioniert das MTU-Microgrid?
Das Microgrid-Testcenter liefert einen Teil des Energie- und Heizungsbedarfs für das MTU-Werk 1 in Friedrichshafen. Die elektrische Energie kommt von Photovoltaikanlagen auf dem Dach des Testzentrums und einem Fabrikhallendach sowie diesel- und gasbetriebene Stromgeneratoren. Das Diesel-Blockheizkraftwerk versorgt das Werk auch mit Wärme.
Die Energie läuft in einer Mittelspannungsschaltanlage des Microgrids zusammen, wie der Projektleiter des Testzentrums, Stephan Schneider, erklärt. In der MTU-Anlage füllt die aus großen grauen Kästen bestehende Schaltanlage einen ganzen Raum. Gleich daneben ist in einem kleinen Raum „das Hirn“ des Microgrids untergebracht. So bezeichnet Schneider den Industriecomputer, von dem nur ein Bildschirm zu sehen ist. Er ist die eigentliche Schaltzentrale des Microgrids. Durch einen von RRPS entwickelten Algorithmus steuert er den Einsatz der Energiequellen.

„So können sie optimal eingesetzt werden. Beispielsweise wird je nach Sonneneinstrahlung geschaut, ob die Energie aus der Photovoltaikanlage ausreicht oder zusätzlich das Dieselaggregat gebraucht wird“, erklärt Schneider. Zum MTU-Microgrid gehört auch ein Batteriecontainer, in dem die gewonnene Energie eingespeist werden kann. Er hat eine Kapazität von zwei Megawattstunden und dient als Energie-Reservoir.

3. Wie viel Energie wird dabei produziert?
Durch das Microgrid werde rund ein Drittel des Energiebedarfs des MTU-Werks 1 abgedeckt, erklärt Cordelia Thielitz, die bei Rolls-Royce Power Systems als Vizepräsidentin für den Bereich Microgrids verantwortlich ist. „Wir produzieren etwa zwei bis fünf Megawatt Strom, was ungefähr dem Bedarf einer Kleinstadt entspricht“, so Thielitz. Durch die optimale Nutzung der einzelnen Energiequellen würden mehrere hundert Tonnen CO2 pro Jahr eingespart.
4. Was wird in Friedrichshafen getestet?
Die einzelnen Elemente des Microgrids sind auch Teil des Test- und Demonstrationszentrums. Hier führt RRPS seinen Kunden die für sie zusammengestellten Microgrids vor. „Die Bausteine der Microgrids wie Blockheizkraftwerk, Batteriespeicher und intelligente Steuerung sind unsere Kernprodukte“, erklärt Projektleiter Stephan Schneider.
Neben den vorhandenen Energiequellen des MTU-Microgrids können durch verschiedene Transformatoren und Schalteinrichtungen weitere Quellen wie etwa Windräder simuliert werden. Auch die jeweiligen Wind- und Sonnenverhältnisse am Ort des Kunden lassen sich in der Anlage nachbilden.
5. Für wen sind Microgrids gedacht?
Microgrids eigneten sich vor allem für größere Industriebetriebe, Stadtwerke, entlegene Bergbauminen oder große landwirtschaftliche Betriebe, wie der Vorstandsvorsitzende Andreas Schell in seiner Eröffnungsrede ausführte.
Das Microgrid stehe bei Rolls-Royce Power Systems für die „Transformation vom Motorenhersteller zum Lösungsanbieter“, so Schell weiter. Bereits jetzt mache die Energieerzeugung bei ihnen ein Drittel des Unternehmensumsatzes aus. Und Cordelia Thielitz betont: „Ziel ist, dass wir uns im Bereich der dezentralen Energielösungen als Marktführer etablieren.“