Wie geht es nach dem einstimmigen Ratsbeschluss weiter? 
Der Gemeinderat hat neben einer ideellen Unterstützung des Vorhabens einer Investition von insgesamt 237 500 Euro zugestimmt. Damit werden insgesamt neun Ampelanlagen technisch so aufgerüstet, dass sie künftig mit Testfahrzeugen kommunizieren können. An den Ampeln werden „Kästchen, die funken können“ angebracht, wie Gerhard Gumpoltsberger während der Ratssitzung erklärte. Er leitet die ZF-Abteilung Innovationsmanagement und Erprobung. Sogenannte Road-Side-Units sollen den Fahrzeugen beispielsweise übermitteln, welche Farbe eine Ampel gerade anzeigt und wann der nächste Phasenwechsel folgt. Offiziell soll die Teststrecke im Herbst in Betrieb genommen werden.

Wo führt die Strecke entlang?
Die in der ersten Ausbaustufe knapp sechs Kilometer lange Teststrecke führt in einem Ring unter anderem durch Löwentaler-, Charlotten-, Riedlepark- und Colsmanstraße sowie ein Stück weit über die B 31 auf die Ehlersstraße. In zwei weiteren Ausbaustufen soll es Schleifen über den Fallenbrunnen und durch die Innenstadt inklusive Fußgängerzone geben. Damit wären den Initatoren des Projekts zufolge die relevantesten Straßentypen abgedeckt. Darüber hinaus können verschiedene Szenarios wie Tunnel, Kreisverkehre oder Straßen ohne Markierungen mit selbstfahrenden Autos erprobt werden.

Was passiert auf dieser Teststecke?
"Prototypen mit fortgeschrittener Automatisierungstechnologie fahren ganz normal im Straßenverkehr mit und sammeln Daten zu den verbauten Technologien und der Häfler Verkehrswelt", wird es in einer Präsentation des Instituts für Weiterbildung, Wissens- und Technologietransfer (IWT) erklärt. Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen solle die Teststrecke für Entwicklungs-, Verbundforschungs- und Technologietransferprojekte zur Verfügung stehen. Die gewonnenen Straßendaten sollen den Aufbau einer Simulationsumgebung als virtuelles Testfeld ermöglichen. Die Daten sollen zudem für die Optimierung der städtischen Verkehrsplanung zur Verfügung gestellt werden.

Selbstfahrende Autos mitten im realen Straßenverkehr – ist das nicht gefährlich?
Just am Montagabend – die Häfler Gemeinderäte tagten bereits – wurde bekannt, dass es in den USA einen tödlichen Unfall mit einem selbstfahrenden Auto gegeben hat. Am Sonntagabend (Ortszeit) war in Arizona eine Frau beim Überqueren einer Straße von einem Roboterwagen von Uber auf einer Testfahrt erfasst worden. "Derzeit ist menschliches Versagen mit rund 90 Prozent die häufigste Unfallursache im Straßenverkehr", hieß es dazu in einem gemeinsamen Statement von IWT, ZF und Stadtverwaltung am Dienstag. Die Erprobung automatisierter Fahrfunktionen auf der geplanten Teststrecke in Friedrichshafen habe vor allem das Ziel, die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. Auf Sicherheitsfragen gingen die Verantwortlichen auch am Montagabend ein. Auch Testfahrzeuge müssen erst für den Straßenverkehr zugelassen werden, erklärte etwa Gerhard Gumpoltsberger. Am Steuer jedes Prototypen werde ein speziell trainierter Fahrer sitzen, die jederzeit eingreifen kann. Das "hochautomatisierte Fahren" ist ein Schritt auf dem Weg zum autonomen Fahren, bei dem dem Auto auch die Reaktion auf Notfälle vollkommen überlassen wird. „Den Schritt ‚Autonomes Fahren‘ sehen wir erst sehr spät“, sagte Gumpoltsberger. Der Testbetrieb in Friedrichshafen soll den Projektverantwortlichen zufolge über eine Leitstelle, die einen kurzen Draht zu Polizei und Rettungsleitstellen hat, koordiniert und überwacht werden.

Wofür soll das Vorhaben gut sein?
Das Projekt wurde von der ZF Friedrichshafen AG und IWT initiiert. Deren Anliegen sind es unter anderem, die Region im Bereich der smarten Mobilität voranzubringen und Kooperationsvorhaben zwischen Stadt, Hochschulen und ortsansässigen Firmen anzustoßen. ZF testet auch auf anderen Strecken, eine Strecke am Unternehmensstandort ist für das Unternehmen dennoch von großer Bedeutung. „Wir bauen hier in Friedrichshafen mit Hochdruck Entwicklerteams auf – im Vertrauen darauf, dass die Verfügbarkeit entsprechender Testmöglichkeiten im realen Straßenverkehr gegeben ist und diese Arbeitsplätze damit zukunftssicher sind", hatte Torsten Gollewski, Geschäftsführer der ZF-Tochterfirma Zukunft Ventures, bei einem Pressegespräch erklärt. Automatisiertes Fahren im Stadtverkehr bezeichnete Gerhard Gumpoltsberger am Montag als "höchste Kunst des automatisierten Fahrens".

Was werden Verkehrsteilnehmer auf und an der Teststrecke mitbekommen?
Wenn ihr Blick nicht gerade auf einen der Funk-Kästen an einer Ampel fällt, werden Fußgänger oder Fahrer wahrscheinlich überhaupt nichts von der Teststrecke merken. Versteckt im Inneren der Prototypen ist Technik im Wert von mehreren Millionen Euro verbaut, wie Gumpoltsberger erklärte. "Die meisten werden gar nicht merken, dass da Testfahrzeuge unterwegs sind." Deren Anzahl wird sich seinen Angaben zufolge ohnehin in Grenzen halten. "Wir fangen mit ein bis zwei Fahrzeugen an", sagte er am Montag. Eine Flotte "in naher Zukunft" werde aus etwa zehn Fahrzeugen bestehen.

Werden ich oder mein Auto dann Teil einer virtuellen Welt?
Den Angaben der Verantwortlichen zufolge nur in Form eines anonymen Datensatzes, der Informationen über Verhaltensweisen von anderen Verkehrsteilnehmern liefert. Personenbezogene Daten – Kennzeichen oder Gesichter etwa – sollen nicht erfasst werden.

 

Hat der tödliche Unfall in den USA Auswirkungen auf die Pläne in Friedrichshafen?
„Die Erprobung automatisierter Fahrfunktionen auf der geplanten Teststrecke in Friedrichshafen hat vor allem das Ziel, die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu erhöhen", heißt es in einem
gemeinsamen Statement von IWT, ZF und Stadtverwaltung. Derzeit sei menschliches Versagen mit rund 90 Prozent die häufigste Unfallursache im Straßenverkehr. "In jedem Erprobungsfahrzeug ist im Testbetrieb immer ein speziell für das automatisierte Fahren geschulter Ingenieur oder Sicherheitsfahrer am Steuer", teilen die Projektverantwortlichen weiter mit. "Dieser überwacht die technischen Systeme, kann jederzeit eingreifen und behält permanent die Kontrolle über das Fahrzeug." Dass der Fahrer die Kontrolle behält, schreibe auch die deutsche Straßenverkehrsordnung vor, die "selbstverständlich auch für die Teststrecke in Friedrichshafen Anwendung findet".

Die Stadtverwaltung weist darüber hinaus darauf hin, dass die Inbetriebnahme der Teststrecke in Friedrichshafen erst ab Herbst geplant sei. "Sollte die Untersuchung der Unfallumstände in den USA durch die dortigen Behörden generelle Erkenntnisse für den Betrieb von Teststrecken liefern, können wir das entsprechend berücksichtigen", heißt es weiter.