Zahlreiche soziale Einrichtungen müssen derzeit schließen. Der Grund? Die meisten Ehrenamtlichen gehören selbst zur Risikogruppe und auch von den üblichen Tafelkunden wagen immer weniger, vorbeizukommen.

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Noch eineinhalb Wochen zuvor war das Team des Tafelladens positiv gestimmt gewesen. Anders als Tafeln in anderen Gemeinden, die wegen fehlender Essensspenden schließen mussten, waren vor Ort die Regale noch gefüllt. „Die Hamsterkäufe in den Supemärkten wirken sich bei uns noch nicht aus. Die Waren, die wir täglich in den Supermärkten abholen, sind überwiegend keine langhaltbaren Lebensmittel wie Obst und Gemüse“, erklärte Günter Daub auf Nachfrage.

Die meisten Ehrenamtlichen zählen selbst zur Risikogruppe

Die Teestube musste mittlerweile auch schließen. Vereinsvorsitzender Jürgen Kegelmann erklärt: „Die meisten Ehrenamtlichen aus dem Teestubenteam zählen selbst zur Risikogruppe.“ Gleichzeitig sei es natürlich wichtig, Kontakt zu halten. Gerade Teestubengründerin Schwester Baptista sei für Notfälle weiterhin Anlaufstelle. „Sie ist unser Sensor, ob wir ein neues Angebot schaffen müssen“, schildert Kegelmann, „denn zu ihr kommen die Menschen, wenn sie in Not sind“.

Jürgen Kegelmann
Jürgen Kegelmann | Bild: Lena Reiner

Bisher seien nur vereinzelt Menschen zu ihr gekommen, denen mit Gutscheinen hätte geholfen werden können. „Mit der Schließung der Tafel fällt die Möglichkeit weg, günstige Lebensmittel zu bekommen“, erläutert Kegelmann. Daher sei nun ein Angebot „to go“ der Teestube geplant. Im Normalbetrieb sei es möglich, in der Teestube für wenig Geld täglich etwas zu essen und zu trinken zu bekommen.

Teestube wird schmerzlich vermisst

Analog dazu sei es für die Zeit des Coronavirus denkbar, die Teestube für die Ausgabe von belegten Brötchen und Getränken wiederzueröffnen. „Unsere Gäste vermissen die Teestube schon jetzt“, weiß die Ehrenamtliche Elisabeth Fleischmann. Die Herausforderung bestehe darin, ein Angebot unter den aktuellen Bedingungen zu schaffen.

Carmen Bätz und Elisabeth Fleischmann haben die Tür der Teestube mit hilfreichen Hinweisen versehen. Derzeit sehen sie eine spezielle ...
Carmen Bätz und Elisabeth Fleischmann haben die Tür der Teestube mit hilfreichen Hinweisen versehen. Derzeit sehen sie eine spezielle Herausforderung darin, ein Angebot zu schaffen, das allen Sicherheitsmaßnahmen wegen des Coronavirus genügt. | Bild: Lena Reiner

Florian Nägele, Bereichsverantwortlicher der aufsuchenden Sozialarbeit, des Streetworks und der Wohnungslosenhilfe, meldet sich nach seiner Arbeit in der Obdachlosenunterkunft in der Keplerstraße 7. Die Stimmung dort sei eigentlich „so wie überall“, sagt er auf Nachfrage: „Die Bewohner verbindet lediglich, dass sie alle Männer sind und über 18 Jahre alt. Ansonsten gibt es hier dieselbe Bandbreite an Reaktionen wie überall: Manche halten die Maßnahmen wegen des Virus für übertrieben, andere ermahnen alle anderen dazu, sie unbedingt einzuhalten, manche sind ganz entspannt, andere wiederum besorgt die Situation.“

Florian Nägele
Florian Nägele | Bild: Lena Reiner

Natürlich seien die Bedingungen für die 210 wohnungslosen Menschen in städtischen Unterkünften der Stadt sowie die tatsächlich obdachlosen – deren Anzahl er auf etwa zehn schätzt – erschwert, seit sie weder Bahnhofsmission noch Teestube noch offenen Treff als Anlaufstellen aufsuchen könnten. Und leider treffe eine solche Situation zuallererst und am allermeisten die sowieso schon armutsbetroffenen Menschen. Doch die Notfallversorgung sei selbstverständlich trotz und mit infektionsschützenden Maßnahmen gegeben.

Lager und Kleiderkammer sind gut gefüllt

„Für den Erfrierungsschutz ist weiterhin auch am Wochenende gesorgt“, erläutert Nägele. An sich, so sagt er, seien sie – das beziehe die Unterkünfte in der Keplerstraße und Ittenhauserstraße ein – gut aufgestellt: „Wir haben ein gut gefülltes Lager und eine gut gefüllte Kleiderkammer.“ Überhaupt bitte er darum, von gut gemeinten unabgesprochenen Spendenübergaben abzusehen: „Wir machen das auch alles zum ersten Mal. Da brauchen wir nicht noch zusätzlich Publikumsverkehr.“

Zusammenarbeit mit Behörden funktioniert gut

Gleichzeitig gebe es aktuell Überlegungen, welche Angebote neu geschaffen werden müssten: „Da sind wir im Dauerkontakt mit der Herberge.“ Und dann verrät er, dass die aktuelle Ausnahmesituation auch positive Auswirkungen habe: „Wir rücken alle näher zusammen.“

Anlaufstellen

In der Zusammenarbeit mit den Behörden – wenn es etwa um Anträge für seine Klienten gehe – erlebe er das aktuell. „Wir haben einen sehr kurzen Draht“, lobt er die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter des Landratsamtes und besonders mit der zuständigen Stelle der Stadt, dem Amt für Bürgerservice, Sicherheit und Ordnung: „Die Institutionen um uns herum haben die Menschen nicht vergessen und versuchen, schnell Lösungen zu finden.“