Die Tafel in der Stadtgrabenstraße wird ab sofort und bis auf weiteres keine Lebensmittel mehr ausgeben. Dies hat Günther Wieth mitgeteilt, Leiter der Tafel und Vorsitzender des Vereins Zukunftswerkstatt, der die Weitergabe von gespendeten Lebensmitteln an Bedürftige organisiert. „Wir haben uns zu diesem Schritt aus Sorge um die Gesundheit unserer Mitarbeiter entschlossen“, erklärt Wieth im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Großteil ehrenamtlicher Helfer im Rentenalter und damit Risikogruppe

Schließlich sei der Großteil der ehrenamtlichen Helfer im Tafelladen bereits im Rentenalter. Sie gehörten also zur Gruppe jener, bei der eine Infektion mit dem Coronavirus mit erhöhten Risiken einhergeht. „Wir hatten auch schon Absagen von Helfern“, erklärt der Tafel-Leiter, „die sich der Enge und dem jeden Donnerstag herrschenden Andrang in unserem Tafelladen nicht mehr aussetzen wollen, solange eine erhöhte Ansteckungsgefahr besteht.“ Günther Wieth hat Verständnis für solche Vorsicht.

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Dachverband der Tafel ruft zur Solidarität auf

Die Tafel in Markdorf ist nicht die einzige, die in der Corona-Krise ihre Pforten schließt. In Garmisch, Heidelberg, Bonn oder Stade sehen sich in diesen Tagen Tafeln zum selben Schritt gezwungen. Gleichzeitig ruft der Dachverband Tafel Deutschland in Berlin die Bevölkerung zu mehr Solidarität auf. In den Lebensmittelgeschäften seien durch die Hamsterkäufe der vergangenen Wochen die Regale, insbesondere für haltbare Lebensmittel, quasi leer gefegt. Deshalb lägen in den Tafeln, die noch geöffnet haben, auch weniger Lebensmittel bereit als sonst.

Verteilung im Freien in Markdorf nicht umsetzbar

In einer Pressemitteilung des Tafelverbands wird auf kreative Lösungen gesetzt, um Sozialkontakte bei der Ausgabe der Lebensmittel wo weit wie möglich zu reduzieren. Der Vorschlag aus Berlin: Tafeln könnten Lieferdienste organisieren, die Verteilung der Lebensmittel in Paketen oder Tüten ins Freie ausweiten.

Tafel-Leiter Günther Wieth bezweifelt die Umsetzbarkeit solcher Modelle in Markdorf. Allein schon die Liste der damit verbundenen Auflagen stehe dem im Weg. „Das ist ein ganzer Katalog mit mehreren Seiten“, erklärt Wieth. Auch der Beauftragte für Hygiene und Arbeitsschutz der Markdorfer Tafel sehe kaum Chancen, den Verteilbetrieb im Stadtgraben auf andere Weise aufrecht zu erhalten.

Leute wollen Tafel als Mittelstelle nutzen, aber es gibt keine Helfer, die sortieren

„Es kommen jetzt auch Vorschläge und Anrufe von Leuten, die uns als Mittelstelle benutzen wollen“, erklärt Wieth. Die gute Absicht allein könne aber den Organisationsaufwand nicht leisten, der für eine funktionierende Weitergabe erforderlich ist. „Wir bräuchten ja dann wieder Leute, die die eingehende Ware sortieren.“

Tafel-Leiter plädiert für Nachbarschaftshilfe

Günther Wieth plädiert deshalb für Nachbarschaftshilfe. Das Nahumfeld sei besser geeignet, unkompliziert zu unterstützen. Anders möge es in Großstädten sein, in denen im Gegensatz zu Markdorf mehr Anonymität herrsche. Der Tafel-Leiter betont: „Was man nicht außer acht lassen darf: Wir dürfen ja nur an Menschen ausgeben, die einen Tafelausweis von der Diakonie besitzen.“ Auch deshalb sei Nachbarschaftshilfe in den kommenden Wochen viel effektiver, wenn sich irgendwo Engpässe abzeichnen. Engpässe, die jeden treffen können, vor allem aber die weniger mobilen Senioren.

„Es muss niemand verhungern, Kunden bekommen alle Transferleistungen“

Im Übrigen versichert Günther Wieth: „Bei uns muss niemand verhungern – unsere Kunden bekommen schließlich alle in der einen oder anderen Form Transferleistungen, also Grundsicherung oder Hartz IV.“ Den spendenden Betrieben sei mitgeteilt worden, dass in den nächsten Wochen kein Tafel-Fahrzeug kommt, um Waren abzuholen. Etliche kündigten bereits jetzt an, in einigen Wochen gern wieder zu helfen. Bis dahin aber wandern deren überzähligen Lebensmittel in den Müll, erklärt Günther Wieth.