Der dritte Prozesstag beginnt mit einer überraschenden Ankündigung des Vorsitzenden Richters. Wie Veiko Böhm erklärt, komme auch eine Verurteilung wegen Mordes in Betracht. Angeklagt ist ein 84-Jähriger, der seine Partnerin im September 2023 erschossen haben soll, wegen Totschlags. Seit 27. März steht er vor Gericht.

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Der Vorsitzende Richter betont, angesichts der bisherigen Beweisaufnahme stelle er diese Möglichkeit in den Raum, nennt in diesem Zusammenhang die letzten WhatsApp-Nachrichten sowie die Absetzung des Notrufs, geht darauf aber nicht im Detail ein. Der Angeklagte nimmt die Ankündigung des Richters regungslos zur Kenntnis. Die Plädoyers werden auf den nächsten Termin am 9. April vertagt. Dann ist auch mit einem Urteil zu rechnen.

Beweisaufnahme wird fortgesetzt

Zunächst geht an diesem Sitzungstag aber die Beweisaufnahme weiter. Was ist in der Nacht des 27. September in Friedrichshafen-Berg geschehen? Dazu werden weitere Zeugen gehört, darunter ein Hauptsachbearbeiter des Falls. Der Kripo-Beamte berichtet, der Angeklagte habe beim Notruf relativ detailliert geschildert, was sich in der Nacht abgespielt haben soll. Auch in den ersten Aussagen vor Ort habe er zum Ausdruck gebracht, dass sich seine Partnerin erschossen habe. Auf die Waffe sei er ebenfalls eingegangen. Die habe sich seiner Meinung nach in einer Schachtel im Keller befunden. Er habe sie „vor Jahren mal in der Hand gehabt“.

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Der Name Mark Keller soll bereits in den ersten Aussagen des Mannes gefallen sein. „Ein Schauspieler, der mit seiner Partnerin eine Online-Beziehung geführt habe“, gibt der Beamte die Äußerungen des Angeklagten wieder. Die letzte Nachricht auf dem Handy der Verstorbenen stammt von diesem „musiciankeller“. Während den Beamten schnell klar gewesen sei, dass es sich dabei um Betrüger handelt, sich hinter dem Kontakt eine ghanaische Handynummer verberge, habe der Angeklagte angegeben, dass er nicht sonderlich begeistert von dieser Beziehung gewesen sei. Seine Partnerin habe das aber nicht interessiert.

Widersprüche in Handlungen und Schilderungen

Noch in der Wohnung des Paares hätten sich erste Widersprüche in den Handlungen und Schilderungen des 84-Jährigen ergeben. So habe er beispielsweise mehrfach versucht, sich die Hände zu waschen, sich diese mit einem Desinfektionsmittel gereinigt. „Ob er sich die Hände schon vor dem Eintreffen der Kollegen gewaschen hat, können wir nicht sagen“, sagt der Kripo-Beamte.

Auf die Frage, welchen Eindruck der 84-Jährige auf ihn während der folgenden Vernehmungen gemacht habe, antwortet der Beamte: „Er wirkte auf mich abgeklärt – auffällig abgeklärt, sehr sachlich, stets orientiert, nicht sonderlich betroffen.“ In epischer Breite habe er seine Geschichte erzählt. „Auf konkrete Fragen zur Tat waren die Antworten hingegen ausweichend.“

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Über seine Partnerin habe er einerseits gesagt, sie hätten ein gutes Verhältnis gehabt, er habe sie geliebt. Auf der anderen Seite sei die Rede davon gewesen, dass sie ihn getriezt habe. Er soll sich von ihr schlecht behandelt gefühlt haben. Von der Internetbekanntschaft seiner Partnerin habe er definitiv schon länger Kenntnis gehabt, erklärt der Kripo-Beamte und nimmt damit Bezug auf die Auswertung der Handydaten. Auch in der besagten Nacht soll er auf ihr Handy geschaut und dabei gesehen haben, dass es wieder Kontakt gab.

Brief an einen Bekannten

Während er die Tatvorwürfe in den Vernehmungen stets abgestritten habe, soll er in einem Brief, den er aus der JVA an einen Bekannten geschrieben hat, eingeräumt haben, „dass er der Geschädigten die Waffe in die Hand gelegt hat“. Der Brief wurde von der Polizei abgefangen. Eine Äußerung war dem erfahrenen Ermittler zudem hängengeblieben: Dabei soll der Angeklagte sinngemäß gesagt haben, „dass sie ihm was tun wollte und er ihr im Grunde zuvorgekommen sei“.

Eine Gerichts- und Bewährungshelferin beschreibt die Gespräche mit dem Angeklagten als klar, relativ strukturiert, etwas emotionslos. Die Beziehung zu seiner Partnerin habe er als gut beschrieben, beide hätten sich wohlgefühlt, bis der vermeintliche Mark Keller ins Spiel kam. Damit hätten die Probleme angefangen. Wie es sich ihr im Gespräch dargestellt habe, sei der Angeklagte davon überzeugt gewesen, dass es sich um den echten Schauspieler handelt. Er habe gegoogelt, das habe für ihn ins Bild gepasst, sagt die Zeugin aus.

Probleme durch seine Impotenz?

Zudem habe der 84-Jährige seine Impotenz angesprochen. Während die Sexualität bei seiner Partnerin eher wieder entfacht worden sei, „konnte er das nicht bedienen“, sagt die Gerichts- und Bewährungshelferin über die Aussagen des Angeklagten. Zudem habe er die Vermutung geäußert, dass sie sich vielleicht deshalb einem anderen Mann zugewandt habe.

Die Beweisaufnahme ist abgeschlossen. Der Prozess wird am 9. April fortgesetzt. Dann stehen die Plädoyers an. Auch mit einem Urteil ist zu rechnen.