Von zwei Justizvollzugsbeamten begleitet und mit einem Rollator betritt der 84-jährige Angeklagte den Gerichtssaal. Seit September vergangenen Jahres sitzt er in Untersuchungshaft. Mit einer Pistole soll er seine Partnerin in einer Wohnanlage für Senioren in Friedrichshafen-Berg getötet haben.
Der Angeklagte hatte selbst den Notruf gewählt und angegeben, seine Partnerin habe sich umgebracht. Die Ermittler zweifelten daran und auch die Obduktion ergab: der Einschusswinkel spricht gegen diese Aussage. Seit Mittwochmorgen muss sich der Mann wegen Totschlags vor dem Landgericht Ravensburg verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 84-Jährigen vor, am 27. September 2023 mit einer Pistole einen Schuss auf den Kopf seiner Partnerin abgegeben zu haben. „Er traf sie rechts am Hinterkopf“, sagte Staatsanwalt Florian Brütsch am ersten Prozesstag. Die 84-jährige Frau starb noch vor Ort. Der Angeklagte, der die Tat bis zuletzt bestritten hatte, lies seinen Verteidiger Uwe Rung im Gerichtssaal eine Erklärung verlesen und schilderte darin die Tatnacht aus seiner Sicht.
So räumte er in der Erklärung zwar ein, die Waffe in der Hand gehalten und auch abgefeuert zu haben – der tödliche Schuss daraufhin die Frau traf. Allerdings sei dies nicht vorsätzlich geschehen. Im Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung habe er sich zunächst mit seiner Partnerin über Alltägliches unterhalten. Ein Kissen auf dem Sofa, auf dem die 84-Jährige saß, sei umgekippt, darunter sei eine Waffe zum Vorschein gekommen. Offenbar habe seine Partnerin die Pistole dort versteckt. Er sei darüber schockiert und betroffen gewesen, führte der Anwalt die Erklärungen seines Mandanten weiter aus.
Der Fund habe ihm keine Ruhe gelassen
Er habe sich daraufhin zunächst ins Schlafzimmer zurückgezogen. Doch der Fund habe ihm keine Ruhe gelassen und so sei er „in Aufregung und voller Sorge“ ins Wohnzimmer zurückgekehrt. „Er wollte sie fragen, was das soll“, so der Anwalt weiter, und habe dabei die Waffe in die Hand genommen. Dann habe sich ein Schuss gelöst. Er hätte sich vorher vom Zustand der Pistole überzeugen müssen, das habe er nicht getan. So habe er nicht gewusst, dass die Waffe entsichert und geladen gewesen sei. Anschließend habe er die Einsatzkräfte alarmiert. Aus Angst, dass man ihm nicht glauben würde, habe er die Pistole seiner Partnerin in die Hand gelegt.
Nachfragen zur Tat selbst ließ der Angeklagte nicht zu. Stattdessen beschäftigte sich das Gericht mit seinem beruflichen Werdegang, seinem Familienleben, seiner gesundheitlichen Situation. Der Vorsitzende Richter Veiko Böhm zeichnete das Bild eines geregelten Berufslebens nach, stellte dem Angeklagten Fragen zu seiner Familie. Der 84-Jährige schilderte, dass er 52 Jahre mit seiner Frau verheiratet gewesen sei, zwei Kinder sowie Enkelkinder habe, seine Frau vor zehn Jahren an Krebs gestorben sei.
Wenig Details über Beziehung zum Opfer
Über die Beziehung zum Opfer wurde im Verfahren zunächst nur wenig bekannt. Nach dem Tod seiner Ehefrau habe er die neue Partnerin über eine Online-Dating-Plattform kennengelernt, erklärte der 84-Jährige dem Richter. Sie sei von München an den Bodensee gezogen, habe zunächst allein in der Wohnanlage in Berg gewohnt, schließlich sei er zu ihr gezogen.
Am Nachmittag des ersten Prozesstages wurden die ersten Zeugen angehört. „Als der Angeklagte sich die Hände desinfiziert hat, obwohl ich ihn kurz zuvor aufgefordert hatte, es nicht zu tun, bin ich stutzig geworden“, sagte ein Beamter. Auch der Notarzt war schnell davon ausgegangen, dass es sich „um einen Tatort handelt“. Ungereimtheiten waren dem Kriminaldauerdienst bei der Leichenschau aufgefallen, etwa durch die Lage des Leichnams, den Blutaustritt oder ein nicht auffindbares Projektil.
Eifersucht als Motiv?
Der Angeklagte hatte mehreren Zeugen berichtet, seine Partnerin habe Kontakt mit einem anderen Mann gehabt. Entsprechende Nachrichten habe er auf ihrem Handy gefunden. Auch im Gespräch mit dem Sachverständigen Hermann Assfalg hatte er von solchen Liebesnachrichten auf ihrem Smartphone gesprochen. Seine Beziehung beschrieb er dem Gutachter dennoch insgesamt als harmonisch. Auch wenn seine Partnerin zuletzt vermehrt an ihm herumgemeckert habe und offenbar unzufrieden mit ihm gewesen sei.
Der Prozess wird am 4. April um 8.30 Uhr fortgesetzt. Insgesamt sind für das Verfahren fünf Verhandlungstage vorgesehen.