Der Medizin Campus Bodensee (MCB) steht mit dem Rücken zur Wand. Die Lage in den Krankenhäusern in Friedrichshafen und Tettnang scheint so schwierig, dass der MCB-Aufsichtsrat die Hilfe eines großen Klinikbetreibers einkaufen will. Am Montag soll der Gemeinderat beschließen, Dienstleistungen im Management europaweit auszuschreiben – inklusive eines weiteren Geschäftsführers. Dabei hatte der MCB nicht nur zeitweise zwei Geschäftsführer, sondern bereits seit 2018 auch externe Berater im Haus.
Das Hauptproblem ist und bleibt der enorme Finanzbedarf. Der steigt seit Jahren mit den roten Zahlen in den Bilanzen. 2021 musste die Stadt als Hauptgesellschafterin 9 Millionen Euro zuschießen. 2023 und 2024 rechnet MCB-Geschäftsführer Franz Klöckner jeweils mit einem Betriebsdefizit von 16,5 Millionen.
Nah dran am Schreckens-Szenario von 2019
Damit nähern sich die Prognosen dem Schreckens-Szenario, das Oberbürgermeister Andreas Brand, gleichzeitig Vorsitzender des MCB-Aufsichtsrats, 2019 an die Wand gemalt hatte. „Wir können nicht zuwarten“, sagte Brand damals. An der Änderung der medizinischen Strategie im Klinikverbund gehe kein Weg vorbei.
Würde der MCB so weiter wirtschaften, stiege der Verlust von Jahr zu Jahr – bis auf 25 Millionen Euro im Jahr 2023, erklärte der damalige Klinikchef Jochen Wolf die fiktive Kalkulation. Rund 30 Millionen Euro musste die Stadt schon zwischen 2014 und 2019 aufwenden, um die Verluste der drei Krankenhäuser auszugleichen. Da gehörte das Krankenhaus 14 Nothelfer in Weingarten noch zum MCB.

Neue medizinische Strategie? Die sollte schon vor knapp vier Jahren den Weg aus der Krise weisen. Externe Hilfe dabei bekommt die MCB-Chefetage bereits seit 2018. Seither nutzt das Klinikum Friedrichshafen die Dienste von Beratern.
200.000 Euro jährlich für Beratung aus Berlin
Auf Anfrage unserer Zeitung erklärt der MCB, das im wesentlichen zwei Firmen beauftragt wurden: die Berliner Gök Consulting und Vicondo Healthcare ebenfalls mit Sitz in Berlin. „Dabei ging es beispielsweise um Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, zur Strategie und mehr“, so der MCB. Bis 2022 fielen so pro Jahr rund 200.000 Euro an Beraterhonoraren an. Das macht rund eine Million Euro in fünf Jahren externer Beratung.
Doppelspitze für ein Jahr
Zumindest ab Januar 2021 kam zusätzliche Man-Power an der Spitze des Klinikverbunds hinzu. Der Aufsichtsrat stellte der im Januar 2020 verpflichteten Klinikchefin Margita Geiger einen Geschäftsführer zur Seite. Franz Klöckner sollte in der neuen Doppelspitze für kaufmännischen Belange zuständig sein.
Beide erklärten wenige Wochen später und damit mitten in der Corona-Pandemie, in vier Jahren wieder bei einer ‚schwarzen Null‘ im operativen Geschäft sein zu wollen. Bis zum Herbst sollte der Plan stehen, „was wir künftig medizinisch anbieten wollen“, so Geiger im April 2021. Erst dann könne man sagen, was man räumlich dafür braucht. Seit mindestens vier Jahren wird darüber nachgedacht, ob das Klinikum Friedrichshafen generalsaniert oder neu gebaut werden soll.

Doch es kam anders. Im November 2021 teilte der Klinikverbund mit, dass Margita Geiger den Chefposten aufgibt. Sie habe dem Aufsichtsrat ihren Wunsch mitgeteilt, den MCB zu verlassen. Es sei „Zeit, eine neue Herausforderung zu suchen“, wurde Geiger darin zitiert.
Ein weiteres Jahr auf der Gehaltsliste
Wie freiwillig der Weggang war, ist unklar. Allerdings blieb sie auf der Gehaltsliste des MCB – exakt weitere zwölf Monate. Als Geschäftsführerin abberufen wurde sie am 31. Dezember 2021, erklärt das Rathaus auf Anfrage. Denn für die Bestellung und Abberufung ist der Aufsichtsrat zuständig, in letzter Konsequenz OB Brand.
Da Margita Geiger bei ihrer Einstellung einen Vertrag für zwei Jahre unterschrieben hatte, endete der erst im Dezember 2022. Bis dahin habe ein „vertraglicher Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge“ bestanden, so das Rathaus auf Nachfrage. Nach Geigers Weggang musste der MCB sie also weiter bezahlen.

Eigentlich wollte der Aufsichtsrat zwar an der Doppelspitze des Klinikverbunds festhalten und „zeitnah“ Ersatz für Margita Geiger suchen. Stattdessen installierte er im November 2022 zwei neue medizinische Direktoren aus dem Ärzteteam des Klinikums zur Unterstützung Klöckners.
Nun soll im September ein externer Geschäftsführer hinzustoßen. Allerdings unterliegt auch der, wie Franz Klöckner, den Entscheidungen des MCB-Aufsichtsrats. Die Messlatte liegt höher denn je: Das verstärkte Klinik-Management soll bereits bis Jahresende ein Sanierungskonzept vorlegen – und damit in vier Monaten das, was in knapp vier Jahren nicht gelang.