Die Prügelei zwischen dem Busfahrer und einem 18-jährigen Fahrgast am Montagmorgen hat einige Kinder auf dem Weg zur Schule verschreckt. Am Morgen danach zeigt die zehnjährige Emily an der Haltestelle Rathaus in Ailingen aus dem Busfenster nach draußen und sagt: „Da ist es passiert!“ Wer im Stadtbus der Linie 14 in Richtung Bahnhof unterwegs war, musste tags zuvor mit ansehen, wie die Fäuste flogen. Polizei und Rettungsdienst kamen, alle Fahrgäste mussten aussteigen. „Meine Freundin Laura hat geweint“, sagt sie.

Bustür vor der Nase zu „kein Einzelfall“

Was Auslöser der Attacke war, sei aber kein Einzelfall, erzählt Lena. „Manchmal ist der Bus so voll, dass der Fahrer nicht alle einsteigen lässt, die draußen stehen. Das haben wir schon ein paar Mal erlebt.“ So war es auch am Vortag: Vor seinem kleinen Bruder schloss sich die Bustür, was den 18-Jährigen wohl in Rage versetzt hatte.

Pünktlich um 7.02 Uhr biegt der „Schnellbus“ an der Haltestelle Bitzenhofen ein.
Pünktlich um 7.02 Uhr biegt der „Schnellbus“ an der Haltestelle Bitzenhofen ein. | Bild: Cuko, Katy

Wie voll wird der 14er-Stadtbus morgens zwischen Oberteuringen und Friedrichshafen wirklich? Genau genommen sind es sogar zwei Busse, die planmäßig um 7.02 Uhr und 7.03 Uhr in Bitzenhofen auf die Strecke gehen. Der erste biegt am Dienstagmorgen pünktlich an der Haltestelle ein. „Schnellbus Stadtbahnhof“ steht vorn dran, denn er hält nur an zwölf der 20 Haltestellen der Linie 14. Zwischen der Solarstadt und dem Karl-Olga-Haus rauscht er durch.

Schnellbus hält nicht überall

Laut Fahrplan eine Minute später startet in Bitzenhofen der 14er zum Hafenbahnhof. Der bedient auch die sechs Haltestellen, die der Schnellbus nicht anfährt. Nur: Am Montagmorgen kam der Schnellbus nicht, zumindest nicht pünktlich, erzählen die Kinder. So drängten alle Schüler, die entlang der Strecke wohnen, in den langsameren Bus – fast doppelt so viele wie sonst. Die passen da aber nicht alle rein.

Vier Mädels postieren sich gleich nach dem Einsteigen direkt an der Mitteltür und weichen während der ganzen Fahrt nicht von der Stelle, ...
Vier Mädels postieren sich gleich nach dem Einsteigen direkt an der Mitteltür und weichen während der ganzen Fahrt nicht von der Stelle, um beim Aussteigen ohne Probleme rauszukommen. | Bild: Cuko, Katy

Das zeigt sich am Dienstagmorgen. Mit fünf Minuten Verspätung startet der zweite 14er in Bitzenhofen. Schon an der Kirche in Oberteuringen sind fast keine Sitzplätze mehr frei. Christina, Emily und die Zwillinge Laura und Lea stellen sich zielstrebig an die Mitteltür des Busses, ihre dicken Schulranzen auf dem Rücken. „So kommen wir an der Mühlöschstraße ohne Probleme raus“, erklären die Mädchen ihre Strategie. Lieber 20 Minuten im schwankenden Bus stehen als Angst haben zu müssen, nicht rechtzeitig rauszukommen.

Mit 60 Insassen noch nicht überlastet

Tatsächlich füllt sich der Bus an den nächsten Haltestellen weiter. Am Rathaus in Ailingen steigen so viele Kinder und Teenager ein, dass es im Gang schon eng wird. An der Haltestelle Solarstraße drängen nochmal mehr als ein Dutzend Schüler in den Bus. Etwa die Hälfte steigt über die Mitteltür ein. Die vier Mädels halten hier trotzdem eisern ihre Stellung, auch wenn sie hin und her geschubst werden. Jetzt ist der Bus gestopft voll. Knapp 60 vor allem Kinder und Jugendliche sind drin. Überlastet ist er per Definition des Häfler Stadtverkehrs damit nicht. Erst ab 70 Insassen werde es schwierig, erklärte tags zuvor ein Sprecher. Eine Zehnjährige hätte trotzdem schlechte Karten, sich schnell bis zur Tür durchzukämpfen.

7.29 Uhr kommt der Bus an der Mühlöschstraße an. Gut 20 Schüler steigen hier aus, andere wieder ein. Im Bus wird es etwas luftiger.
7.29 Uhr kommt der Bus an der Mühlöschstraße an. Gut 20 Schüler steigen hier aus, andere wieder ein. Im Bus wird es etwas luftiger. | Bild: Cuko, Katy

An der Mühlöschstraße steigt das strategisch gut postierte Quartett wie geplant zuerst aus, andere steigen zu. In der Morgendämmerung laufen die Mädchen gemeinsam in Richtung Graf-Soden-Schule. Dass sie das jeden Morgen klaglos mitmachen, nötigt Respekt ab. Im Bus scheint jetzt etwas mehr Luft zu sein, voll ist er aber immer noch. Menschen mit Rollator oder Kinderwagen hätten keine Chance, hier mitzufahren.

Warum kein dritter Bus?

Warum setzt der Stadtverkehr im morgendlichen Schülerverkehr nicht einen dritten Bus auf der Problem-Linie ein? „In diesem Zeitfenster kommen wir an unsere Grenzen“, erklärt Stadtverkehrs-Sprecher Sebastian Dix. Übrigens nicht nur in Friedrichshafen, sondern auch darüber hinaus. Im Schülerverkehr zwischen 6.45 Uhr und 7.30 Uhr fahre einfach alles, was auf dem Busbetriebshof verfügbar ist. Denn fast alle Schulen starten zur gleichen Zeit mit dem Unterricht. Das sei „Teil des Problems“, so Dix. Also drängt sich die große Schülerschar auf wenige Busse in einem kleinen Zeitfenster. Da mehr Flexibilität zu schaffen, ist schwierig.

Links weist die Bodo-App wie gewohnt zwei Busse auf der Linie 14 morgens aus. In der Nacht zu Dienstag war laut App der Einsatz eines ...
Links weist die Bodo-App wie gewohnt zwei Busse auf der Linie 14 morgens aus. In der Nacht zu Dienstag war laut App der Einsatz eines dritten Busses auf der Strecke geplant. | Bild: Cuko, Katy

Bemühungen, das Problem zu lösen, gibt es. Nachdem Eltern am 20. und 21. September gemeldet hatte, dass Kinder an Haltestellen stehen gelassen wurden, fuhr zeitweise ein Gelenkbus mit doppelter Kapazität.

Doch eine dritter Bus geplant?

Nach dem Vorfall am Montag zeigte die Bodo-App in der Nacht an, dass am nächsten Morgen ein zweiter Schnellbus auf der 14er-Linien zeitgleich und zusätzlich eingesetzt werden soll. Dann hätte sich die Schülerschar auf insgesamt drei Busse verteilt. Morgens sind aber doch nur zwei Busse auf der Strecke. Gegen Mittag weist die App für den 26. Oktober wieder drei Busse aus. Bleibt es diesmal dabei? Eine Antwort blieb der Stadtverkehr am Dienstag schuldig.