Suha Agha will alles richtig machen. „Den Corona-Test gibt‘s wo?“, fragt sie im Ankunftsbereich des Bodensee-Airports in Friedrichshafen und zückt ihr Handy. Dass sie den Test gleich machen wird, schreibt sie noch schnell ihren Freunden. „Hier links beim roten Zelt“, antwortet eine Mitarbeiterin des Landratsamts und Agha biegt mit ihrem Koffer um die Ecke.
Vor zwei Wochen hat das Landratsamt mit Unterstützung des Technischen Hilfswerks (THW) am Bodensee-Airport eine Corona-Teststation eingerichtet. Seit Samstag sind Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet verpflichtet, sich testen zu lassen. Bis zu 25 000 Euro Bußgeld können bei einem Verstoß anfallen, schreibt das Gesundheitsministerium auf seiner Homepage. Der Corona-Test muss aber nicht gleich am Flughafen gemacht werden, sagt Robert Schwarz vom Landratsamt. „Das hier ist freiwillig.“ Auch beim Hausarzt könne man sich innerhalb von 72 Stunden testen lassen.
Schon an Bord wird auf die Teststation hingewiesen
Agha will es an diesem Abend aber lieber gleich hinter sich bringen. Ihr Flieger aus Skopje ist um 21 Uhr am Bodensee-Airport gelandet. Jetzt ist sie müde. Und will doch Gewissheit. „Schon beim Ausstieg kam die Durchsage, dass man sich hier testen lassen kann. Das finde ich super“, sagt Agha, die in Nordmazedonien ihre Schwester besucht hat. Während der vier Flüge, die am Bodensee-Airport jede Woche aus den Risikogebieten Nordmazedonien sowie Bosnien und Herzegowina angekommen, werden die Passagiere jeweils in drei Sprachen – auf Deutsch, Englisch und je nach Flug auch auf Bosnisch und Kroatisch beziehungsweise Serbisch – auf das Angebot des Landratsamts hingewiesen.
Corona-Test ist kostenlos
Agha hat das aber schon gewusst. „Ist jetzt Standard beim Reisen“, meint sie und lässt sich am Schalter registrieren. Wer wie sie in Deutschland versichert ist, gibt einfach seine Versichertenkarte ab. Für die Kosten des Tests kommt die Kassenärztliche Vereinigung auf. Fünf Minuten später steht Agha bei Uwe Metzinger von der Gemeinschaftspraxis in Ailingen im roten Testzelt und muss den Mund ganz zweit öffnen, damit Metzinger aus ihrem Rachen einen Abstrich nehmen kann. „Die Mandeln sind aber groß“, sagt er und Agha schmunzelt. Das mit den Mandeln hat sie schon oft gehört. Und auch, dass das Stäbchen jetzt so tief in den Rachen muss, dass sie einen Würgereiz nicht unterdrücken kann.
Zwei Abstriche: einer aus dem Rachen, einer von der Nase
Doch wenn die Getesteten würgen, hat Metzinger alles richtig gemacht: Er muss bis zur Rachenwand, weil dort – im Falle einer Infektion – „am meisten Viren zu finden sind“, sagt der Arzt. Wenn die Corona-Viren in die Lunge gelangt seien, huste man die nämlich hoch bis an die Rachenwand. „Am besten nimmt man auch noch einen Nasenabstrich“, sagt Metzinger, weil die Erkrankung oft im Nasenraum beginne. Und sich die Viren dort dann zuerst absetzten.
Testergebnisse kommen in ein bis zwei Tagen
„Das kitzelt ein bisschen“, sagt Agha, als sie wieder aus dem Zelt schlüpft, „ist aber nicht unangenehm.“ Zum Abschluss dreht sie noch ein kurzes Video mit Metzinger und schießt ein Selfie. So ein Corona-Test will ja auch festgehalten werden. Agha wird an diesem Abend noch nach Stuttgart fahren, wo sie zuhause ist. Ihr Abstrich wird ins Labor geschickt und das Testergebnis in ein bis zwei Tagen erwartet. Die Ergebnisse landen alle beim Landratsamt. Von dort aus wird Bescheid geben, ob der Befund positiv oder negativ war.
Fazit nach zwei Wochen: in fast jedem Flieger ein Infizierter
War der Corona-Test positiv, muss der Infizierte in Quarantäne und es folgt das sogenannte Kontaktmanagement. „Dafür ist dann aber das Gesundheitsamt zuständig“, sagt Schwarz. Das müsse ermitteln, wer neben und vor dem infizierten Passagier im Flugzeug saß. Denn: „Auch die müssen in Quarantäne oder sich erneut testen lassen.“
Seit Bestehen der Teststation am Bodensee-Airport, also seit dem 29. Juli, haben sich nach Angaben des Landratsamts 365 Menschen dort freiwillig testen lassen. „Fast in jedem Flieger saßen ein bis zwei Infizierte, am Sonntag sogar vier“, sagt Schwarz. Insgesamt habe das Landratsamt in den vergangenen zwei Wochen so zehn Infizierte aufgespürt. Eine davon lebt im Landkreis.

Vielen, die an diesem Abend aus Skopje ankommen, sind die lange Reise und die späte Uhrzeit anzusehen. Müde und träge rollen fast alle Passagiere mit ihren Koffern durch den Ankunftsbereich. Kaum jemand spricht. Nur die beiden Mitarbeiterinnen vom Landratsamt, die an diesem Abend von der Polizei und dem THW unterstützt werden, fragen wieder und wieder: „Sind Sie aus Deutschland oder reisen Sie weiter?“ Wer weiterreist, etwa in die Schweiz, wo die Quarantäne selbst bei negativem Corona-Test noch gilt, geht am Flughafen einfach weiter. Die anderen werden, wenn sie wollen, zum Testzelt geleitet.
Die meisten Passagiere reisen innerhalb Deutschlands weiter
So auch Naser Muric, der nach einer halben Stunde in der Schlange das Testzentrum betritt und auch schnell wieder verlässt. „Der Abstrich ging schneller als gedacht“, sagt er. „Und so schlimm war es nicht.“ Die Testpflicht findet er prinzipiell richtig, aber trotzdem schwierig. „Ich könnte mich auch im Flugzeug angesteckt haben. Der Test ist ja nur eine Momentaufnahme.“ Für Muric geht es an diesen Abend weiter bis nach Ulm. Wie er sind die meisten nur auf der Durchreise, aber auf der Durchreise innerhalb Deutschlands. Schweizer und Österreicher oder überhaupt traditionelle Ferienurlauber sind kaum unter den Passagieren. Die meisten haben Familie in Nordmazedonien, die sie endlich wieder besuchen wollten. „Man vermisst sich schon arg“, meint Muric.
Arzt Uwe Metzinger nimmt 77 Abstriche in gut eineinhalb Stunden
Nach gut eineinhalb Stunden hat Metzinger 77 Abstriche gemacht und der Flughafen leert sich langsam. Hier und da sind noch vereinzelt Durchsagen zu hören. Auf den Anzeigetafeln stehen schon die Flüge der nächsten Tage. Wäre da nicht das knallrote Zelt des Testzentrums mitten in Ankunftshalle, könnte man meinen, es sei ein ganz normaler Abend auf dem Flughafen gewesen. Der letzte Flug ging nach Skopje, die letzte Durchsage: Man solle auf sein Gepäck achten. Und die letzte Ankunft war ein Privatflug aus Tel Aviv.