Seit September hat das Team der Luftrettungsstation in Friedrichshafen ein neues Mitglied: den Airbus-Helikopter H145. Der neue Rettungshubschrauber löst seinen Vorgänger H135 ab – besser bekannt als Christoph 45. Er übernimmt den Funkrufnamen. „Er ist quasi der große Bruder vom Kleinen“, sagt Stationsleiter Günter Eigenbrodt.

Und das wortwörtlich: Der H145 ist eine Nummer größer als sein Vorgänger. Für das Team in Friedrichshafen bedeutet das eine große Erleichterung im Arbeitsalltag. „Die Maschine ist ein Riesen-Gewinn für uns“, sagt Günter Eigenbrodt, der den Helikopter als Pilot besonders gut kennt. „Wir haben lange darauf gewartet und lange darum gekämpft.“

Günter Eigenbrodt, Pilot und Stationsleiter der Luftrettung in Friedrichshafen.
Günter Eigenbrodt, Pilot und Stationsleiter der Luftrettung in Friedrichshafen. | Bild: Lisa Sperlich

Bisher schnell an die Grenzen geraten

Der Wechsel auf das größere Modell ist Teil der Flottenerneuerung der DRF Luftrettung. „Mit dem alten Modell sind wir schnell an unsere Grenzen gekommen“, sagt Notfallsanitäter Markus Blume. Er ist als HEMS TC, also als medizinisch-technisches Besatzungsmitglied, im Einsatz. „Wir haben immer alles geschafft“, sagt er. „Aber es war nicht komfortabel – weder für uns noch für die Patienten.“

Der H145 hat mit 1020 PS fast 260 mehr PS als sein Vorgängermodell. Die Maschine ist auch einen Meter länger.
Der H145 hat mit 1020 PS fast 260 mehr PS als sein Vorgängermodell. Die Maschine ist auch einen Meter länger. | Bild: Lisa Sperlich

Denn der neue Rettungshubschrauber ist vor allem eins: geräumiger. Das bedeutet zum einen mehr Platz für Spezialtransporte, beispielsweise von Säuglingen in einem Inkubator oder Patienten, die an einer Herz-Lungen-Maschine (ECMO) hängen.

Alles hat seinen Platz: In der Maschine können Geräte und Patienten so positioniert werden, dass das Team diese immer im Blick hat.
Alles hat seinen Platz: In der Maschine können Geräte und Patienten so positioniert werden, dass das Team diese immer im Blick hat. | Bild: Lisa Sperlich

Zum anderen hat die Maschine einen Sitzplatz mehr. So kann etwa die Mutter oder ein pädiatrisches Team den Transport eines Kindes begleiten, wie Günter Eigenbrodt erklärt. „Das Arbeiten ist einfacher für uns“, sagt der Pilot.

Besserer Zugang zum Patienten möglich

Das bestätigt auch Notarzt Maximilian Joisten. Hinsichtlich der Ausstattung sei der H145 quasi identisch zu seinem Vorgänger. Aber er biete bessere medizinische Möglichkeiten. „Wir haben deutlich mehr Bewegungsfreiheit und damit leichteren Zugang zum Patienten“, sagt er.

Maximilian Joisten, Notarzt.
Maximilian Joisten, Notarzt. | Bild: Lisa Sperlich

So komme er zum Beispiel besser an den Venenzugang heran, um im Notfall ein Medikament spritzen zu können. Zwar werden die Patienten vorher möglichst so stabilisiert, dass sie während des Flugs nicht behandelt werden müssen. „Es ist aber nicht zu vermeiden, dass etwas passiert.“

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Mehr Sicherheit für Intensivtransporte

Ein weiterer Vorteil des neuen Rettungshubschraubers ist die Trage. Das Modell verfügt über ein Rollensystem, mit dem die Trage in den Hubschrauber ein- und ausgeladen werden kann. Bisher musste Notfallsanitäter Markus Blume die Trage mitsamt Patient mithilfe seiner Kollegen auf einen Ausziehtisch heben.

Mit dem Rollensystem kann Markus Blume Patienten ohne große Anstrengung ein- und ausladen.
Mit dem Rollensystem kann Markus Blume Patienten ohne große Anstrengung ein- und ausladen. | Bild: Lisa Sperlich

Außerdem verfügt die Trage über Halterungen für Geräte, wie etwa ein Beatmungsgerät, eine Sauerstoffflasche und ein EKG-Gerät, die für einen Intensivtransport benötigt werden.

Mit einem Klicksystem können an der Trage Sauerstoff (blaue Tasche) oder eine Ablage für andere Geräte befestigt werden. Vorher mussten ...
Mit einem Klicksystem können an der Trage Sauerstoff (blaue Tasche) oder eine Ablage für andere Geräte befestigt werden. Vorher mussten die Utensilien einen Platz auf der Trage, neben oder auf dem Patienten finden. | Bild: Lisa Sperlich

Breites Einsatzspektrum fordert Flexibilität

Durch die Stationierung in Friedrichshafen hat Christoph 45 ein großes Einsatzspektrum mit Mittel- und Hochgebirgen bis in die Schweiz und dem Bodensee vor der Haustür. Das bedeutet, dass der Hubschrauber auch mal Bergführer und Rettungshunde bei einem Einsatz in den Bergen oder Rettungsschwimmer und Taucher bei einem Sucheinsatz im Bodensee transportieren muss. Da komme es nicht nur auf den Platz, sondern auf das Gewicht an, wie Günter Eigenbrodt erklärt.

Der Suchscheinwerfer, auch HISL (High Intensity Searchlight) genannt, kommt beispielsweise bei einem Sucheinsatz auf dem See zum Einsatz.
Der Suchscheinwerfer, auch HISL (High Intensity Searchlight) genannt, kommt beispielsweise bei einem Sucheinsatz auf dem See zum Einsatz. | Bild: Lisa Sperlich

„Beim Fliegen ist das Gewicht immer ein Problem“, sagt der Pilot. „Der Hubschrauber hat ein maximales Abfluggewicht.“ Bei der alten Maschine sei das Team häufiger an die Grenze gestoßen. Um Gewicht zu sparen, konnte dann weniger Treibstoff getankt werden, was wiederum die Reichweite eingeschränkt hat. Um solche Probleme muss sich das Häfler Team nun keine Gedanken machen.

Der neue Rettungshubschrauber bietet mehr Platz für die Patienten und für die medizinische Ausrüstung.
Der neue Rettungshubschrauber bietet mehr Platz für die Patienten und für die medizinische Ausrüstung. | Bild: Lisa Sperlich

„Jetzt können wir auch mal mehr frühstücken“, sagt Eigenbrodt und lacht. Der neue H145 kann mit 3700 Kilogramm fast eine Tonne mehr Gewicht heben und damit auch mit mehr Kraftstoff betankt werden. Das wiederum erhöht die Reichweite beim Fliegen.

Vorsicht beim Fliegen und Landen geboten

Mehr Platz und mehr Kraft bedeuteten im Fall eines Hubschraubers auch gleichzeitig mehr Wind, wie Markus Blume erklärt. Beim Landen und Starten auf freien Flächen können Gartenmöbel, Trampoline oder Mülltonnen „schnell das Laufen anfangen“.

Im Cockpit hat der Pilot unter anderem digitale Karten, die Hindernisse und Höhenlagen anzeigen. Neu ist der Wetterradar, der zum ...
Im Cockpit hat der Pilot unter anderem digitale Karten, die Hindernisse und Höhenlagen anzeigen. Neu ist der Wetterradar, der zum Beispiel mögliche Gewitterzellen lokalisiert. | Bild: Lisa Sperlich

Auch beim Präzisionsparken muss das Team der Luftrettung vorsichtig sein. Denn der neue Hubschrauber ist nur nicht größer, sondern auch fast einen Meter länger. „Das schränkt die Landeplatzwahl etwas ein“, so Pilot Günter Eigenbrodt.

Anpassung an den Strukturwandel

Mit dem Wechsel zum neuen Hubschraubermodell passt sich die Rettungsstation in Friedrichshafen „den Strukturmaßnahmen im Gesundheitssystem an“, wie Markus Blume erklärt. „Früher hatten wir mehr Traumafälle, also Verkehrsunfälle“, sagt er. „Heute machen die internistischen Erkrankungen einen großen Teil unserer Einsätze aus.“ Dazu gehören vermehrt Intensivtransporte.

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Mit dem H145 ist das Team in Friedrichshafen in der Theorie auch für den 24-Stunden-Dienst ausgerüstet. In der Praxis sei dieser bisher jedoch nicht vorgesehen. „Mit dem H145 passen wir uns dem Wandel an und greifen ihm vor“, so Blume. „So sind wir für alles vorbereitet.“