„Neuausrichtung der Geschäftsführung“: So steht es in der Pressemitteilung, die das Klinikum Friedrichshafen am 16. Oktober veröffentlichte. Damit gemeint ist der vorzeitige Abschied von Geschäftsführer Franz Klöckner. Es ist der vierte Wechsel an der Spitze des Krankenhauses in vier Jahren.
Noch ein Personalwechsel an der Spitze
Klöckner kam im Januar 2021, führte ein Jahr lang mit Margita Geiger die Geschäfte, die ihrerseits vorzeitig gehen musste, und stand ab Januar 2022 allein an der Spitze. Bis ihm im Herbst 2023 mit Mirko Papenfuß ein externer Geschäftsführer von den Sana-Kliniken an die Seite gestellt wurde. Im April 2024 folgte Anthea Mayer von Sana auf Papenfuß. Seither firmiert Klöckner wieder als Vorsitzender der Geschäftsführung. Ende Oktober verlässt er den Medizin Campus Bodensee (MCB), obwohl sein Vertrag noch bis Ende 2025 läuft. Von einer Vertragsauflösung ist in der Mitteilung nicht die Rede.

In Klöckners Amtszeit passierte all das, was Anfang Dezember 2023 im Freitod einer Oberärztin am Klinikum Friedrichshafen tragisch gipfelte. Die Medizinerin hatte sich mehrfach intern über Missstände beklagt, die ihrer Meinung nach die Patientensicherheit gefährden. Nach Dokumenten, die dem SÜDKURIER vorliegen, wandte sich die Oberärztin unter anderem am 20. Juli 2023 erneut direkt an Geschäftsführer Franz Klöckner, um kritische Zustände anhand eines konkreten Falls anzuzeigen, bei dem ein Patient starb. Die ersten Hinweise hatte sie bereits 2021 platziert. In der Folge beauftragte Klöckner ein medizinisches Gutachten. Das sah keine Versäumnisse beim kritisierten Chefarzt, beschuldigte indes die Ärztin des Fehlverhaltens. Das Gutachten war letztlich Grundlage für ihre Kündigung. Als sie von dieser Kenntnis erhielt, nahm sie sich das Leben.
Welche Rolle spielte Franz Klöckner in diesem ganzen Fall? Das ist eine zentrale Frage, die eine externe Kanzlei seit Anfang des Jahres in einem Compliance-Verfahren parallel zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft untersucht. Der Aufsichtsrat wollte wissen: Wie hat die Geschäftsführung auf die Vorwürfe der Oberärztin reagiert? Waren die Reaktionen zulässig? Kam es zu Pflichtverletzungen? All diese Fragen konnte die beauftragte Kanzlei im Juli, als sie erste Ergebnisse präsentierte, noch nicht beantworten. Allerdings wurde angekündigt, „im nächsten Schritt ... die Untersuchung der Reaktion der Geschäftsführung im Klinikum auf die Vorwürfe der Oberärztin in den Fokus zu nehmen“.

Vertragsauflösung steht „nicht in Verbindung mit Compliance-Verfahren“
Antworten auf diese Fragen gibt es noch nicht. „Die Untersuchungen zur Reaktion der Geschäftsführung des Klinikums auf die Vorwürfe der Oberärztin wie auch der gesamte Compliance-Bericht befinden sich in einem finalen Stadium und werden nach Abschluss dem Aufsichtsrat zur Beratung und Entscheidung vorgelegt werden“, antwortet das Klinikum auf Anfrage unserer Zeitung.
Die Neuordnung der Geschäftsführung und ergo der vorzeitige Abschied von Franz Klöckner sei „eine singuläre Maßnahme“ und stehe nicht in Verbindung mit der Compliance-Untersuchung. Aber: Das Klinikum behalte sich „sämtliche eventuellen Rechtsansprüche“ vor. Mit anderen Worten: Sollte dem scheidenden Geschäftsführer Fehlverhalten oder gar Straftaten nachgewiesen werden, könnte er dafür immer noch zur Verantwortung gezogen werden.
Neue Erkenntnisse aus der Untersuchung
Wann der Abschlussbericht der Kanzlei Feigen & Graf vorliegt, in dem alle Aspekte der Untersuchung aufgearbeitet sind, bleibt zeitlich unbestimmt. Doch in zwei Punkten liefert das Compliance-Verfahren aktuell bereits neue Erkenntnisse.
Erstens hat der MCB-Aufsichtsrat die Ergebnisse zum Vorwurf des Abrechnungsbetrugs bei der sogenannten Intensivkomplexpauschale vorliegen. „Die interne Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass die erhobenen Vorwürfe unbegründet sind“, schreibt der MCB auf Anfrage zum Stand des Verfahrens. Dabei geht es um eine Pauschale, die eine Klinik nur dann abrechnen darf, wenn ein Intensivmediziner ständigen Bereitschaftsdienst auf der Station hat.
Der zweite Vorwurf des Abrechnungsbetrugs betrifft das Einsetzen sogenannter Mitra-Clips in der Kardiologie. Hier sei die Compliance-Untersuchung bislang nicht abgeschlossen. In beiden Fällen laufen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, mit denen der MCB eng kooperiere, so die Klinikleitung.
Zwei Jahre selten im Klinikum vor Ort
Franz Klöckner selbst tritt schon nicht mehr in Erscheinung. Am Klinikum Friedrichshafen war er in den vergangenen beiden Jahren ohnehin nur selten präsent, residierte seit 2022 mit zuletzt rund 70 Mitarbeitern der Klinikverwaltung in Immenstaad. Diese Büroräume wurden zwischenzeitlich aufgelöst.
Am Montag stand Anthea Mayer im Gemeinderat Rede und Antwort, obwohl Klöckner als Vorsitzender der Geschäftsführung eigentlich noch im Dienst ist. Ab 1. November haben Klinikum und MCB mit der Sana-Managerin wieder eine alleinige Geschäftsführerin.