Wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und dem Mitführen einer Schreckschusswaffe ist ein 33-Jähriger am Montagnachmittag zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Der Angeklagte hatte im Januar seine Ex-Freundin aus ihrer Wohnung in Immenstaad gezerrt und mit einem Messer bedroht. Zudem hatte er eine Schreckschusswaffe bei sich.
Angeklagt worden war die Tat als Geiselnahme. Staatsanwalt Schäfer hielt daran in seinem Schlussplädoyer fest und forderte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Verteidiger Uwe Rung sah nur die Voraussetzungen für eine Freiheitsberaubung gegeben und beantragte bei der Bemessung eine Haftstrafe im unteren Bereich.
Das sagt die Gutachterin
Doch zunächst war vor dem Landgericht Ravensburg Gutachterin Barbara Stitzel, Chefärztin der Abteilung forensische Aufnahme und Behandlung am ZfP Weißenau, zu Wort gekommen. Sie sah keine Hinweise auf psychische oder depressive Erkrankungen. Auch wahnhafte Störungen und Suchtprobleme schloss sie aus. Sie sprach allerdings von einer überhöhten Selbstdarstellung, einem fehlenden Einfühlungsvermögen und einem manipulativen Verhalten.
Auffällig sei, dass der Angeklagte seine Ex-Partnerin in seinen Ausführungen stark abgewertet habe. So habe er ihr vorgeworfen, unehrlich zu sein und ihn ausgenutzt zu haben. Gleichzeitig stellte er sich als bemitleidenswerten Mann dar, den man zu wenig unterstützt habe. „Er hat seine Opferrolle sehr betont“, führte die Gutachterin aus.
Die Ärztin sprach in ihrer Bewertung zudem davon, dass er seine damalige Freundin in eine untergeordnete Rolle drängen und dominieren, die Abhängigkeit von ihm zementieren oder gar vorantreiben wollte. Sein Verhalten wertete sie als Neigung zur theatralischen Selbstdarstellung. Es sei außerdem nicht spürbar, dass ihm das Geschehene leid tue.
Staatsanwalt Schäfer bewertet die Einlassungen des Angeklagten, dass er der Retter seiner Ex-Partnerin gewesen sei, als abwegig. Manche seiner Aussagen seien gar grotesk gewesen. Er sei in seiner narzisstischen Persönlichkeit gekränkt gewesen.
„Er wollte eine Lebensgemeinschaft erzwingen“
Er habe der jungen Frau ein Messer an den Hals gehalten, ihr mehrfach gedroht, dass er sie töten werde. „Sie musste damit rechnen, dass er es tatsächlich umsetzt“, betonte Schäfer. Er wollte eine Lebensgemeinschaft mit ihr erzwingen, habe sich herablassend und bevormundend verhalten. Dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei, hielt er ihm zugute. Allerdings hatte er zwei Messer und eine Schreckschusswaffe bei sich, hätte sie damit schwer verletzen können.
Verteidiger Uwe Rung hob hervor, dass sein Mandant den objektiven Sachverhalt gar nicht bestritten habe. Auch er betonte, man komme an der Tatsache einer Freiheitsberaubung nicht vorbei. Mehrere Zeugen hätten diese beobachtet und vor Gericht übereinstimmend ausgesagt. Die Voraussetzungen für eine Geiselnahme sah er hingegen nicht gegeben.
Das letzte Wort fällt besonders lang aus
Der Angeklagte hatte das letzte Wort, und das fiel selten so ausführlich aus wie in diesem Verfahren. Einsicht? Fehlanzeige! Der Angeklagte wies alle Vorwürfe zurück. Eigentlich sei er der am meisten Geschädigte in diesem Verfahren. Zeugen würden hier Lügengeschichten verbreiten. Er sei der Moralischste hier, ließ er den Dolmetscher übersetzen. Überhaupt sei er im gesamten Verfahren auf Dolmetscher angewiesen gewesen. „Da wurde viel Falsches gesagt“, befand er.
Auch die Aussagen der Gutachterin träfen nicht zu. „Alle sind gegen mich“, sagte der Angeklagte. Unter Berücksichtigung weiterer Beweismittel hätte sich ein ganz anderes Bild von ihm ergeben. Auch auf den Einwand von Richterin Claudia Denfeld, dass zahlreiche Zeugen übereinstimmende Angaben zur Tat gemacht hatten, wischte er mit den Worten beiseite: „Was die alles über mich erzählt haben!“
Der Angeklagte wurde schließlich wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung und dem Führen einer Schusswaffe zu drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Für das Gericht stand der Sachverhalt mit der Beweisaufnahme im Wesentlichen fest. „Mit kleinen Abweichungen, die für die juristische Würdigung entscheidend sind“, betonte die Vorsitzende der Kammer. Er habe ein großes Küchenmesser gezogen und es seiner Ex-Partnerin an den Hals gehalten. „Sie hatte Todesangst“, sagte Claudia Denfeld.
Die Kammer habe den Eindruck gewonnen, der Angeklagte lebe in seiner eigenen Realität. Warum er wegen Freiheitsberaubung und nicht wegen Geiselnahme verurteilt wurde, begründete sie unter anderem mit den dafür nötigen Voraussetzung eines „qualifizierten Nötigungsmittels“, Drohungen mit dem Tod oder schwerer Körperverletzung oder der Freiheitsberaubung von über einer Woche. Bei einer Geiselnahme müsse zudem ein „zweiteiliges Geschehen vorliegen“.
Dem Angeklagten machte sie klar: „Das haben Sie sich selbst eingebrockt!“ Nichts rechtfertige eine solche Tat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte hat angekündigt, Berufung einzulegen. „Es ist alles gelogen“, sagte er regelrecht trotzig, bevor die Richterin die Verhandlung schloss.