Kamen bis vor kurzem täglich 60 bis 70 Kunden in der Friedrichshafener Tafel zum Einkaufen, sind es aktuell mitunter doppelt so viele. So sind die 30 ehrenamtlichen Mitarbeiter seit einigen Wochen extrem gefordert.

Vor Öffnung erhält jeder wartende Kunde eine Nummer. „Bei hohen Nummern kommt es vor, dass die Leute zwei Stunden warten müssen“, schildert Elke Rumpf. Sie arbeitet jeden Freitag ehrenamtlich im Tafelladen und engagiert sich im Vorstand als stellvertretende Vorsitzende.

Die Zahl der Kunden in der Friedrichshafener Tafel hat sich in den vergangenen Wochen nahezu verdoppelt.
Die Zahl der Kunden in der Friedrichshafener Tafel hat sich in den vergangenen Wochen nahezu verdoppelt. | Bild: Claudia Wörner

Die Lebensmittel sind rationiert

Die aktuelle Regel laute, dass jeder Kunde nur so viel einkaufen darf, wie in einen Korb passt. „Es gibt immer Diskussionen um die Körbe“, sagt Rumpf. Auch Reglementierungen, wie die, dass jeder Kunde nur ein Schälchen mit frischem Obst bekommt – als beispielsweise Erdbeeren oder Aprikosen – seien nur sehr schwer umzusetzen.

Den Grund für die Knappheit sieht Rumpf darin, dass viele Menschen aus der Ukraine zum Kundenkreis hinzugekommen sind und an den gestiegenen Preisen für die Lebenshaltung und im Supermarkt. „Speiseöl können sich zum Beispiel viele gar nicht mehr leisten“, weiß sie.

„Speiseöl können sich zum Beispiel viele gar nicht mehr leisten“, schildert Elke Rumpf, ehrenamtliche Mitarbeiterin im ...
„Speiseöl können sich zum Beispiel viele gar nicht mehr leisten“, schildert Elke Rumpf, ehrenamtliche Mitarbeiterin im Tafelladen und stellvertretende Vorsitzende des Häfler Vereins. | Bild: Claudia Wörner

Oleksandr Shevchuk stammt aus der Ukraine und arbeitet seit vier Wochen von Montag bis Freitag ehrenamtlich in der Tafel. „Ich helfe hier, da viele meiner Landsleute kein Deutsch sprechen und Unterstützung brauchen“, sagt Shevchuk. Er sehe, dass seine Hilfe hier benötigt werde. „Ich halte die Tafel für eine sehr schöne Unterstützung für die Menschen.“

„Ich halte die Tafel für eine sehr schöne Unterstützung für die Menschen“, erklärt Oleksandr Shevchuk, ehrenamtlicher ...
„Ich halte die Tafel für eine sehr schöne Unterstützung für die Menschen“, erklärt Oleksandr Shevchuk, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Häfler Tafelladen. | Bild: Claudia Wörner

Weniger Solidarität untereinander

Knapper gewordene Lebensmittel müssten an mehr Menschen verteilt werden, fasst Susanne Fastnacht, ebenfalls ehrenamtlich im Einsatz, die aktuelle Situation in der Friedrichshafener Tafel zusammen. „Die Grundidee der Tafel ist, noch gute Lebensmittel nicht wegzuwerfen, sondern weiterzugeben“, erklärt Fastnacht.

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Sie stellt beispielsweise ein großen Mangel an Milchprodukten fest. „Hier ist besonders bei kinderreichen Familien die Nachfrage groß nach Milch oder Joghurt. Aktuell müssten die Lebensmittel jedoch zugeteilt werden. Nach Fastnachts Beobachtung fehlt eine gewisse Solidarität der Kunden untereinander – nach dem Motto: „Der hat mehr in seinem Korb“.

„Die Grundidee der Tafel ist, noch gute Lebensmittel nicht wegzuwerfen, sondern weiterzugeben“, beschreibt Susanne ...
„Die Grundidee der Tafel ist, noch gute Lebensmittel nicht wegzuwerfen, sondern weiterzugeben“, beschreibt Susanne Fastnacht, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Häfler Tafel. | Bild: Privat

„Für uns Ehrenamtliche bedeutet das manchmal Stress und man muss diskutieren“, sagt Fastnacht. Ziel sei ja, dass möglichst viele Menschen in den Genuss der Erleichterungen beim Lebensmitteleinkauf kommen. Wichtig ist ihr, der die Arbeit auch nach mehr als drei Jahren noch Spaß macht, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Allerdings: „Das kommt jetzt ein bisschen zu kurz, da wir deutlich mehr Menschen zu betreuen haben.“

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Ingrid Bader gehört bereits seit zwölf Jahren zum Team der Ehrenamtlichen in der Friedrichshafener Tafel und hilft an zwei Tagen pro Woche im Laden. „Mehr denn je sind wir über jede Spende glücklich und froh“, betont sie. Dabei denkt sie insbesondere an haltbare Lebensmittel und Hygieneartikel. Auch Bader bemerkt, dass die Arbeit mit doppelt so vielen Kunden in der gleichen Zeit stressiger geworden sei. „Ich komme trotzdem, weil es mir Spaß macht und weil ich gebraucht werde“, sagt sie.

„Mehr denn je sind wir über jede Spende glücklich und froh“, schildert Ingrid Bader, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Häfler ...
„Mehr denn je sind wir über jede Spende glücklich und froh“, schildert Ingrid Bader, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Häfler Tafel. | Bild: Claudia Wörner

Spendenbereitschaft ist hoch

Wie wichtig Spenden für die Tafel sind, zeigt der Kassenbericht, den Sabine Lienhard jüngst bei der Mitgliederversammlung des gemeinnützigen Vereins vorlegte. „Der Verlust konnte durch Spenden in Höhe von rund 62.000 Euro ausgeglichen werden“, berichtete sie über das vergangene Jahr. Aktuell müssten aufgrund der hohen Nachfrage Waren für die Tafel zugekauft werden. „Das ist möglich durch die hohe Spendenbereitschaft in der Bevölkerung“, so Lienhard.

Auch wenn die Tafel erst um 10 Uhr öffnet, sind die ehrenamtlichen Helfer bereits ab 7.30 Uhr vor Ort, um die Ware vorzubereiten, auszuzeichnen und um die Regale zu befüllen. „Die Supermärkte verkaufen inzwischen Waren mit kleinen Mängeln selbst günstiger“, berichtete Vorsitzender Dieter Stauber bei der Versammlung. So rücke aktuell das Ziel der Tafel, Lebensmittel vor der Verschwendung zu retten, in den Hintergrund.

Der Vorstand der Tafel Friedrichshafen – (von links) Elke Rumpf, Karin Maric, Sabine Lienhard, Marika Schuster und Dieter Stauber ...
Der Vorstand der Tafel Friedrichshafen – (von links) Elke Rumpf, Karin Maric, Sabine Lienhard, Marika Schuster und Dieter Stauber – mit Ines Weber, Leiterin des städtischen Amtes für Soziales, Familie und Jugend. | Bild: Claudia Wörner

Haltbare Lebensmittel werden zugekauft

Durch Spenden von Oberbürgermeister Andreas Brand und der Wagner-Stiftung Markdorf in Höhe von jeweils 20.000 Euro würden aktuell insbesondere haltbare Lebensmittel zugekauft. Gespendet von der Sparkasse Bodensee wurden außerdem ein neuer Kühlschrank und ein Gefrierschrank. Sehr erfolgreich sei die Aktion „Kauf eins mehr“ in einem Supermarkt gewesen. „In zwei Stunden sind 30 Einkaufskörbe zusammengekommen“, so Stauber.