Hat der von den Ermittlungen betroffene Chefarzt am Medizin Campus Bodensee (MCB) nun von sich aus angeboten, seine Tätigkeit ruhen zu lassen oder wurde er vom Aufsichtsrat freigestellt? Mehrere Pressemitteilungen wurden am Mittwochabend versandt, aus denen unterschiedliche Informationen hervorgingen.

„Der Chefarzt hat von sich aus angeboten, seine Tätigkeit für das Klinikum zur Befriedung der Situation während des Laufs der internen Untersuchung einstweilen ruhen zu lassen“, stellt Susann Ganzert, Sprecherin des Klinikums, am Donnerstag auf Nachfrage klar. Darüber habe der Aufsichtsrat am Dienstag beraten und dem Vorgehen zugestimmt. Der Impuls ging also vom Chefarzt aus.

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Zutritt zum Klinikum nur nach Absprache

Die Konsequenz dieser Freistellung: Der Chefarzt darf das Klinikum während der Freistellung nur betreten, sofern er sich darüber mit der Geschäftsführung abstimmt, so Ganzert. Ob er weiterhin ein Gehalt ausgezahlt bekommt, dazu wollte die Sprecherin keine Angaben machen. Die kommissarische Leitung der Klinik für Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin werde Oberarzt Günter Welte übernehmen, heißt es in einer Pressemitteilung am Donnerstag.

Entscheidend für die Dauer der Freistellung ist laut Pressemitteilung vom Mittwoch das interne Compliance-Verfahren. Doch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien für dieses Verfahren ausschlaggebend, sagt Sprecherin Susann Ganzert: „Es ist nicht davon auszugehen, dass tatsächliche Erkenntnisse aus der Compliance Untersuchungen von solchen der Staatsanwaltschaft abweichen werden.“

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Ähnliche Regelungen für weitere beschuldigte Ärzte

Auch gegen andere Ärzte, die noch am Klinikum arbeiten, wird ermittelt. Sie werden laut Susann Ganzert ebenfalls nicht mehr in der Versorgung von Patienten eingesetzt: „Mit den beschuldigten Assistenzärzten und Assistenzärztinnen hat die Geschäftsführung unter Einbeziehung des Betriebsrates vergleichbare vorläufige Regelungen umgesetzt.“ Die Freistellung gelte bis spätestens 19. Juli.

Ganzert betont, dass für die Ärzte die Unschuldsvermutung gilt. Vergangene Woche hatte die Staatsanwaltschaft Ravensburg mitgeteilt, dass gegen fünf ehemalige und aktive Ärztinnen und Ärzte des Klinikums ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Es bestehe ein Anfangsverdacht wegen Abrechnungsbetrugs sowie wegen ärztlicher Fehlbehandlungen. Dazu gehören laut Staatsanwaltschaft die Tatbestände Körperverletzung, unterlassene Hilfeleistung und fahrlässige Tötung. Die Kriminalpolizeidirektion Friedrichshafen habe zur Aufarbeitung eine Ermittlungsgruppe namens Cura eingerichtet.

Oberärztin hatte Umstände am MCB kritisiert

Eine Oberärztin, die am MCB beschäftigt war, hatte dem inzwischen freigestellten Chefarzt vorgeworfen, das Patientenwohl zu gefährden, in dem er Komplikationen bei der Behandlung von Patienten verheimlicht habe. Zudem seien die Assistenzärzte auf der Intensivstation überfordert gewesen, kritisierte die Oberärztin. Nachdem sie Ende 2023 Suizid begangen hatte, erfuhren die Ermittlungsbehörden von den Vorwürfen. Die Klinik-Leitung weist die Vorwürfe zurück, in der Folge wurde das Compliance-Verfahren gestartet.