„Wäre das am Donnerstagabend nach der Eröffnung der Festmeile passiert, wäre das heftig geworden“, sagt Hansjörg Gruber, Seniorchef von Baum-Landschaftspflege in Horgenzell. Seit Mittwochmorgen sind er und sein Team im Uferpark unterwegs. Dort, direkt hinter dem Festgelände des Seehasenfests, haben die Sturmböen ein Bild der Verwüstung hinterlassen.

Eine etwa 60 Jahre alte Platane hat es erwischt. Ein riesiger Ast ist abgebrochen, hängt herunter. Wenige Meter dahinter: das Festgelände. „Die Stadt hat entschieden, dass wir die Platane auf jeden Fall aus Sicherheitsgründen fällen müssen“, erklärt Gruber und ruft sein Team zusammen.
Männer mit Kettensägen und ein großer Bagger rückt an. Passanten werden weggeschickt, der Fußgängerweg an der Friedrichstraße abgesperrt. Dann geht alles vergleichsweise schnell: Binnen weniger Minuten ist der meterhohe Baum gefällt. Auch eine Weide und eine Esche müssen an ihr Schicksal glauben. Dann geht es weiter nach Fischbach, wo es weitere Sturmschäden an alten Bäumen gibt.
Feuerwehr bis Mittwochnachmittag im Einsatz
„Nach ersten Informationen der Feuerwehr Friedrichshafen gab es gestern Nacht mehrere Blitzeinschläge und umgestürzte Bäume. Die Feuerwehr ist immer noch im Einsatz“, teilt eine Sprecherin der Stadt Friedrichshafen am Mittwochmorgen mit. So gab es beispielsweise in der Leutholdstraße einen Sturmschaden auf dem Dach der MTU, der beseitigt werden musste. Die Straße blieb mehrere Stunden gesperrt. In Raderach schlug ein Blitz in ein Gebäude ein.
Am Mittwochnachmittag zieht die Feuerwehr eine erste Bilanz: Zu 55 Einsätzen musste sie ausrücken, 37 Mal wurde sie nachts gerufen, 18 Mal am Mittwochvormittag. Nachts waren 163 Kräfte bis 1 Uhr im Einsatz, mit 34 Fahrzeugen und einem Löschboot. Unterstützt wurde sie von den Feuerwehren aus Tettnang, Kressbronn, Eriskirch und der Werksfeuerwehr von Rolls-Royce Power Systems. Die Einsätze verteilten sich auf das gesamte Stadtgebiet. Durch herabfallende Äste und umgeknickte Bäume mussten zahlreiche Straßen gesperrt werden. Derzeit laufen noch die Aufräumarbeiten.

Am Mittwoch bis 12 Uhr waren noch 48 Einsatzkräfte und 13 Fahrzeuge im Einsatz. Unterstützt wurde die Feuerwehr von rund 50 Mitarbeitenden des Baubetriebsamtes, die bereits am Dienstagabend Straßensperrungen aufbauten und am Mittwoch umgestürzte Bäume und herumliegende Äste entfernten, wie die Stadt am Nachmittag mitteilt.
Freibäder sollen am Donnerstag wieder öffnen
Aufgrund der Aufräumarbeiten bleiben die städtischen Freibäder am Mittwoch geschlossen und sollen voraussichtlich am Donnerstag wieder geöffnet werden. Der Seestrand in Fischbach bleibt bis voraussichtlich Samstag, 15. Juli, geschlossen.
Städtischer Hauptfriedhof ist gesperrt
Auch den Städtischen Hauptfriedhof hat es schwer getroffen. Bei dem Unwetter wurden zahlreiche Äste abgerissen, die Wege blockieren, teilt die Stadt mit. Der Friedhof muss bis zum Abschluss der Aufräumarbeiten, die voraussichtlich bis zum Wochenende andauern, geschlossen werden. Bereits geplante Trauerfeiern können stattfinden, so die Stadt.

Gebrochene Masten am Yachthafen
Am Friedrichshafener Yachthafen sammeln sich am Mittwoch Bootsbesitzer, um mögliche Schäden zu begutachten. „Im schlimmsten Fall schlägt ein Blitz ein, dann fängt so ein Segelschiff sofort Feuer und die Flammen schlagen auf die anderen über“, sagt Segler Manfred Müller. Das sei allerdings diesmal nicht passiert, die Nacht sei glimpflich verlaufen. Allerdings habe es mindestens einem die Persenning komplett zerschlagen, so heißt der imprägnierte Bezug eines Segelboots. „Das kostet dann auch an die 6000 Euro, das komplett zu erneuern“, sagt er.
Der auffälligste Schaden allerdings sei ein gebrochener Mast an einem der Boote. „Der fiel auf die Yacht gegenüber, da haben wir ihn nachts noch runtergehoben,“ so Müller. Immerhin sei das andere Boot nicht zu Schaden gekommen, als der abgebrochene Mast auf es stürzte. Nachts rauszufahren sei für ihn durchaus üblich nach einem Unwetter, sagt er, „auch wenn man nicht unbedingt etwas machen kann in dem Moment.“
Was, wenn es Unwetter beim Seehasenfest gibt?
Es ist eine komische Mischung zwischen Erleichterung und Anspannung, die an diesem Mittwochmorgen auf der Festmeile herrscht. Erleichterung, weil das Fest noch nicht im Gange war, niemand verletzt wurde und die Schäden auf dem Gelände vergleichsweise gering sind.

Hier hängt ein Schild schief, dort hat es Planen und Teile der Zelte davon getragen – alles nicht so wild. Anspannung mit Blick auf die nächsten Tage, für die der Deutsche Wetterdienst weitere Unwetter vorhersagt. Was, wenn es am Wochenende Sturm und Unwetter gibt auf einer Festmeile mit tausenden Besuchern? Wird dann geräumt?
Stadt: Notfallpläne liegen parat
Hans-Jörg Schraitle, Leiter des Amtes für Bürgerservice, Sicherheit und Ordnung in Friedrichshafen, und sein Team sind mit einem Sicherheitskonzept gerüstet, das auch einen Plan für Unwetter beinhaltet und eng mit Feuerwehr und Polizei abgestimmt ist. Darin ist beispielsweise festgelegt, wann die Betreiber der Stände gewarnt werden und wann bestimmte Bereiche des Festes geräumt werden müssen. Bislang griff das allerdings nur beim Kulturufer, wo zum Beispiel 2019 Stände und Zelte geräumt werden mussten. Das Seehasenfest ging wettertechnisch immer gut über die Bühne.
Firmenlauf findet wie geplant statt
Für Mittwochabend ist der große Firmenlauf an der Messe geplant, bei dem über 6200 Menschen angemeldet sind. „Uns ist die Wetterlage und Situation bewusst. Nach aktuellem Stand wird der ZF-Firmenlauf stattfinden“, teilte eine Sprecherin am Mittwoch mit. Die Strecke führt laut Veranstalter nur über freie Straßen, Wiesen und durch ein paar Apfelplantagen führt, nicht durch Wald. Beeinträchtigungen durch umgestürzte Bäume gebe es daher nicht.