Die Aufklärung am Klinikum Friedrichshafen dauert deutlich länger als geplant. Seit Dezember läuft am Krankenhaus, das zum Medizin Campus Bodensee (MCB) gehört, eine Compliance-Untersuchung. Der Aufsichtsrat des Klinikums hatte sie in Auftrag gegeben, nachdem schwere Vorwürfe bekannt geworden waren.

Anfang Dezember wurde öffentlich, dass sich die Leitende Oberärztin der Internistischen Intensivstation das Leben genommen hat. Die Frau hatte über zwei Jahre lang die Gefährdung des Patientenwohls kritisiert – und auch beklagt, dass es zu vermeidbaren Todesfällen gekommen sei. Dass es diese Vorfälle so gegeben hat, hat die Klinikleitung bislang in Bezug auf ein gutachterliches Schreiben geleugnet.

Die Rechtsanwaltskanzlei Feigen Graf unter der Leitung von Andreas Minkoff führt die Untersuchung. In einer Pressemitteilung vom 22. Februar informiert der MCB nun über den aktuellen Stand des Compliance-Verfahrens, den Minkoff dem Aufsichtsrat vorgestellt habe.

Ergebnisse liegen erst im Juli vor

Bis spätestens Ende März sollte die Aufarbeitung abgeschlossen sein, hatten der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums Friedrichshafens, Andreas Brand, der Medizinische Direktor des Klinikums, Roman Huber, sowie der Rechtsanwalt Andreas Minkoff von der Kanzlei Feigen Graf die rund 250 Mitarbeitenden noch Mitte Januar informiert. Doch daraus wird nichts. Es sei abzusehen, dass „wir mehr Zeit als ursprünglich erhofft benötigen werden“, heißt es in der Pressemitteilung. Der Aufsichtsrat habe Feigen Graf darum gebeten, den Abschlussbericht so vorzulegen, dass er bis zum Juli 2024 beraten werden und die Untersuchung somit abgeschlossen werden kann, steht in der Mitteilung.

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Suche nach Gutachter langwierig

Als einen Grund für die Verzögerung führen die Anwälte die lange Suche nach einem Gutachter an. „Die Suche nach einem renommierten, erfahrenen und unabhängigen Mediziner hat wegen der gebotenen Sorgfalt viel Zeit in Anspruch genommen“, erklärt Andreas Minkoff. Diese Suche sei nun aber abgeschlossen. Der Aufsichtsrat zeigt Verständnis: „Einerseits möchten wir die Vorwürfe, die das Klinikum und deren Mitarbeitenden belasten, so schnell wie möglich aufklären. Andererseits ist es von zentraler Bedeutung, dass diese Untersuchung umfänglich und gründlich vonstattengehen kann und damit vor allem auch der medizinische Gutachter ausreichend Zeit für seine wichtige Aufgabe bekommt. Nur dann zeitigt sie ein Ergebnis, in das wir auch vertrauen dürfen“, wird der Aufsichtsrat in der Pressemitteilung zitiert.

Vor wenigen Wochen hatten Mitarbeiter gegenüber dem SÜDKURIER berichtet, dass das Vertrauen in die Geschäftsführung weiterhin erschüttert sei. Andere hatten bei einer Mahnwache Anfang Februar gesagt, dass sie kein Vertrauen in das Compliance-Verfahren hätten. Nun werden die Mitarbeitenden jedoch von den Anwälten gelobt. „Die Resonanz der Mitarbeitenden auf die Untersuchung empfinden wir als positiv“, wird Andreas Minkoff in einer Medienmitteilung zitiert. „Die Bereitschaft, sich im Rahmen von Aufklärungsgesprächen umfassend zu beteiligen, ist erfreulich hoch. Dies erlaubt uns, die im Raum stehenden Vorwürfe aus vielen Blickrichtungen zu betrachten.“ Auch von der seitens des Klinikums angebotenen Möglichkeit, an den Befragungen in Begleitung einer Vertrauensperson oder aber eines Rechtsbeistands, dessen Kosten das Klinikum trägt, teilzunehmen, machen einige Zeugen Gebrauch, heißt es weiter in der Pressemitteilung.