Ein Fall von gefährlicher Körperverletzung in Verbindung mit versuchter Nötigung ist vor dem Amtsgericht Tettnang verhandelt worden. Am 1. Juni hatte ein 30-jähriger Mann in Friedrichshafen einem Bekannten durch Faustschläge ein Schädel-Hirn-Trauma und ein gebrochenes Nasenbein verpasst. Als das Opfer bei der Polizei gegen ihn aussagte, bedrohte er es mit einer SMS: „Du kleiner Hund (...) Ich würde ungern vor der Tür deiner Oma Ärger machen.“
Angeklagter wegen Verdunkelungsgefahr in Haft
Der Angeklagte, wegen Verdunkelungsgefahr bis zur Verhandlung in Haft, war geständig. Der Tat war ein Konflikt im Zusammenhang mit Drogen vorausgegangen, bei dem er von seinem späteren Opfer um 40 Euro betrogen worden sei. Nach einer Verfolgungsjagd mit dem Fahrrad sei das Opfer gestürzt und er habe ihm die Faustschläge verpasst. „Ich habe ihn aber nicht getreten“, beteuerte der Angeklagte. Vom Inhalt seiner SMS hätte er sich vielleicht selbst auch bedroht gefühlt, räumte er ein. Mit einem Promille-Wert von 1,5 fuhr er mit dem Rad weiter und hatte einen Unfall, der von der Polizei aufgenommen wurde.
Opfer wehrte sich nicht, weil er unter Bewährung stand
Im Zeugenstand schilderte das 26-jährige Opfer, dass es zunächst kein Interesse an der strafrechtlichen Verfolgung des Angeklagten gehabt habe. „Da war mir nicht bewusst, wie schlimm meine Verletzungen sind.“ Eine Woche war er im Krankenhaus. Gegen die Schläge habe er sich nicht gewehrt, da er selbst unter Bewährung stehe. Tritte habe es nicht gegeben. Dies bestätigten die Anwohner, die die Polizei gerufen hatten. Der 26-Jährige sagte: „Ich kann nicht mehr richtig schlafen und habe nach wie vor Angst.“ Bis auf den bleibenden Nasenhöcker seien aber alle Verletzungen verheilt.
Freundin und Streetworker setzen sich für Angeklagten ein
Für den Angeklagten setzten sich seine Freundin und ein Streetworker ein. „Ich habe ihn als anderen Menschen kennengelernt, als die Akten sagen“, sagte die Freundin aus. Auch der Streetworker beschrieb ihn als respektvollen Menschen. Dem stehen 15 Einträge im Bundeszentralregister gegenüber, die von Diebstahl über Drogendelikte und gefährliche Körperverletzung bis zur räuberischen Erpressung reichen.
Anklagen wegen gefährlicher Körperverletzung fallengelassen
Nach Paragraf 154 der Strafprozessordnung forderte Rechtsanwalt Gerd Pokrop, die Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung fallenzulassen. „Der Täter bekam bereits für die Trunkenheitsfahrt in dieser Nacht eine Geldstrafe“, erläuterte er den rechtlichen Kniff. Staatsanwältin Heike Jakob folgte Pokrops Forderung, da sich die Fahrt unter Alkohol von der Körperverletzung nicht als neuer Entschluss abkoppeln ließ. So blieb die versuchte Nötigung, für die Jakob eine Freiheitsstrafe von acht Monaten und Pokrop eine von zwei Monaten auf Bewährung forderten.
Sechs Monate Haft ohne Bewährung für Drohung per SMS
Richter Max Märkle und die beiden Schöffen verurteilten den Angeklagten zu sechs Monaten ohne Bewährung. „Nach dieser Vorgeschichte und den Erfahrungen des Opfers mit Ihnen konnte die SMS nur als Drohung aufgefasst werden“, begründete der Richter. Eine positive Sozialprognose könne er nicht erkennen. Seine Fürsprecher habe er zur Tatzeit bereits gekannt, er habe unter Bewährung gestanden und ein weiteres Verfahren gegen ihn sei gelaufen. „All das hielt sie nicht davon ab.“