Ein riesiger, leerer Parkplatz, drei Flachdach-Bestandsgebäude mit Antennen obendrauf – das rund ein Hektar große Grundstück in der Müllerstraße 12 bis 14 in Jettenhausen ist ein Relikt aus der Vergangenheit. Einst gehörte es der Telekom, die dort auch heute noch Nutzungsrechte für die Gebäude hat. Seit 2018 ist es in Besitz der Firma Betz Baupartner, die das Areal laut eigenen Aussagen für einen „zweistelligen mittleren Millionenbetrag“ mit 89 Wohnungen bebauen will. Am 19. Dezember stimmt der Gemeinderat über die Zukunft der Brachfläche ab.

Bild 1: "Städte sollten Wohnbauprojekte nicht verhindern". Platzt das Bauprojekt auf dem Telekom-Areal?
Bild: Jochen Hartschen
„Je weniger Wohnungen gebaut werden, um so höher werden die Miet- oder Kaufpreise für diese Wohnungen.“
Jochen Hartschen, Projektleiter Betz Baupartner

130 Wohnungen waren ursprünglich geplant, nach Kritik von Anwohnern und Gemeinderäten sind es noch 89. Nun fordern die Kritiker eine weitere Reduzierung des Neubaus im Osten des Grundstücks, der 15 Meter hoch werden soll.

Für Jochen Hartschen, Projektleiter bei Betz Baupartner aus Asperg (Landkreis Ludwigsburg), ist die Schmerzgrenze bereits erreicht. Er verweist auf Grundstücks- und Planungskosten, die zusätzlich zu den Baukosten auf die gebauten Wohnungen umgelegt werden müssen. „Je weniger Wohnungen gebaut werden, um so höher werden deshalb die anteiligen Kosten und damit die Miet- oder Kaufpreise für diese Wohnungen“, sagt er.

Die geplanten Gebäude auf dem Ex-Telekom-Areal von Osten aus gesehen.
Die geplanten Gebäude auf dem Ex-Telekom-Areal von Osten aus gesehen. | Bild: Jochen Hartschen

Seit drei Jahren befindet sich das Projekt in Planung. „Wir sollten das Projekt reduzieren und vor allem ökologisch aufwerten. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und wollen dazu nun gerne eine Entscheidung des Gemeinderates“, so Hartschen. Bei einigen Mitgliedern des Ausschusses für Planen, Bauen und Umwelt (PBU), wo das Projekt vorberaten wurde, kamen die überarbeiteten Pläne nicht gut an. Eine Beschlussempfehlung gab es jedenfalls nicht.

Philip Fuhrmann
Philip Fuhrmann | Bild: SK
„Wir wollen keine auf Rendite getrimmte Bauprojekte mehr.“
Philip Fuhrmann, Netzwerk für Friedrichshafen

„Es wurde zwar gewaltig verbessert, aber gut ist es immer noch nicht“, berichtet Heinz Tautkus (SPD). Für die Grünen-Fraktion steht fest, dass das Gebiet auf jeden Fall überplant werden muss aufgrund seines Potenzials. „Im Verlauf der Planungen haben sich aber viele Konfliktfelder ergeben, die bisher unserer Meinung nach noch nicht zufriedenstellend gelöst werden konnten“, erklärt Regine Ankermann.

Philip Fuhrmann vom Netzwerk für Friedrichshafen holt weiter aus: „Wir fordern eine baupolitische Wende und wollen keine auf Rendite getrimmte Bauprojekte mehr in Friedrichshafen.“ Die Stadt habe einen Kardinalsfehler begangen, indem sie das Telekom-Areal 2016 nicht einfach selbst gekauft hat. „An dieser Stelle wird es keinen bezahlbaren Wohnraum geben, wenn wir den Investor so bauen lassen“, mahnt Fuhrmann und fordert Betz Baupartner auf, das Grundstück an die Zeppelin Wohlfahrt, die Städtische Wohnungsbaugesellschaft oder die Kreisbaugenossenschaft zu verkaufen.

Nur wenige Häuser weiter vorne baut die Postbau-Genossenschaft 91 Häuser in der Müllerstraße, die fünfgeschossig sind.
Nur wenige Häuser weiter vorne baut die Postbau-Genossenschaft 91 Häuser in der Müllerstraße, die fünfgeschossig sind. | Bild: Wienrich, Sabine

Entstehen in Jettenhausen Luxuswohnungen?

Den Vorwurf, dort würde nur teurer Wohnraum entstehen, will Hartschen so nicht stehen lassen und verweist auf die mietpreisgebundenen Wohnungen. Aktuell liegt die Sozialquote in der Müllerstraße 12 bis 14 bei 25 Prozent, es geht also um 22 Sozialwohnungen. „Wir planen hier in Jettenhausen gewiss keine Luxuswohnungen“, sagt der Projektentwickler. Zugleich betont er: „Die Materialknappheit, stark gestiegene Energie-, Rohstoff- und Baupreise sowie die um 300 Prozent gestiegenen Zinsen im Vergleich zu Anfang 2022 haben das Bauen extrem verteuert“. In der Baubranche herrsche große Verunsicherung, viele Projekte könnten nicht mehr realisiert werden und die Verkaufszahlen seien stark rückläufig, weil die Interessen vor den höheren Zinsen zurückschreckten.

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Platzt das Projekt jetzt?

Droht das Projekt nun zu platzen? Stimmt der Gemeinderat dem Einleitungsbeschluss am Montag nicht zu, liegt es zumindest erneut auf Eis. Hartschen zeigt sich eher optimistisch: „An dieses Szenario glauben wir Stand heute nicht.“ Das Areal sei im Innenbereich, voll erschlossen und erfahre sogar durch eine großflächige Entsiegelung noch eine deutliche ökologische Aufwertung. „Die Politik, die Städte sollten jede Chance, die sich ihnen bietet nutzen, um Wohnungsprojekte zu forcieren und nicht zeitlich zu verschleppen oder gar zu verhindern“, betont der Projektentwickler. Die wachsende Wohnungsknappheit ließe sich schließlich nicht mit weiteren Reduzierungen heilen.