Noch stapeln sich die 207 Stühle in einem Abstellraum, die Tische lagern im Kühlhaus. Stefan Stärr sitzt auf dem Dach der Biergarten-Hütte und bringt die neue WLAN-Antenne in Ordnung. Unten am Sockel macht sich derweilen sein Mitarbeiter Sebastian Legde zu schaffen. Hier sollen Dielen die Fassade vor weiterer Fäulnis schützen. Immerhin steht der grüne Kiosk „Zum Schorsch“ seit mehr als sieben Jahrzehnten am Fischbacher Ufer. Unverändert.

Stefan Stärr überprüft die WLAN-Antenne auf dem Dach. Sie ist die einzige Veränderung.
Stefan Stärr überprüft die WLAN-Antenne auf dem Dach. Sie ist die einzige Veränderung. | Bild: Anette Bengelsdorf

Auch drinnen wird gewerkelt. Andreas Dinkel, Servicetechniker für Kaffeemaschinen, baut die gewarteten Module des Innenlebens wieder in den Vollautomaten ein. Diese waren in der Werkstatt über Winter eingelagert gewesen.

Die Kaffeemaschine muss jährlich gewartet werden. Andreas Dinkel baut die Module wieder ein.
Die Kaffeemaschine muss jährlich gewartet werden. Andreas Dinkel baut die Module wieder ein. | Bild: Anette Bengelsdorf

Etwa 1000 Euro koste die Wartung jährlich, sagt Stefans Vater, Roland Stärr. Eine neue Kaffeemaschine würde mit dem Zehnfachen zu Buche schlagen. Dazu komme die Pacht, die von Ostern bis Oktober für die Gartenwirtschaft an die Stadt Friedrichshafen zu entrichten ist. Auch in diesem Jahr.

Ostern ist eigentlich die beste Zeit im Jahr

„Wenn das Wetter passt, ist Ostern die beste Zeit im Jahr“, sagt Roland Stärr. Und dieses Jahr hätte das Wetter gepasst. Der Umsatzverlust lasse sich nicht mehr einholen. Zumal auch nicht sicher ist, wie es weitergeht.

April und Mai, so sagt der 68-Jährige, seien normalerweise die umsatzstärksten Monate. Dank der vielen Feier- und Brückentage und dem Sonnenhunger der Menschen nach der grauen Winterzeit.

Sebastian Legde repariert den Sockel des alten Kioskgebäudes.
Sebastian Legde repariert den Sockel des alten Kioskgebäudes. | Bild: Anette Bengelsdorf

Stefan Stärr übernimmt die Gartenwirtschaft

Roland Stärr war vor Ostern den letzten Tag als Chef in seinem Biergarten. Seit 1. April ist sein Sohn für das „Wohnzimmer am See“ zuständig. Der Schritt, den Traditions-Laden an die dritte Generation zu übergeben, ist Roland Stärr und seiner Frau Christine nicht leichtgefallen. Die Senior-Chefin sagt: Als es offiziell wurde, ging es mir ans Herz. Kein Wunder. Nach 43 Jahren war sie für die Gäste so etwas wie die Seele des Hauses geworden. „Es wird schon passen“, fügt der Senior einsilbig hinzu. Und wenn Not am Mann ist, seien sie da.

Vater und Sohn: Seit dem 1. April ist Stefan der neue „Stärr Schorsch“.
Vater und Sohn: Seit dem 1. April ist Stefan der neue „Stärr Schorsch“. | Bild: Anette Bengelsdorf

Dass der Junior-Chef den Kiosk vom Kopf auf die Füße stellt, haben die beiden jedenfalls nicht zu befürchten. „Warum soll ich etwas ändern, das funktioniert?“, fragt dieser und schüttelt mit dem Kopf. Die Einfachheit des „Schorsch“ sei schließlich der Schlüssel zum Erfolg. „Soidewürschtle nimmt mr in‘d Hand und dunkt‘se in de Senf“, sagt der Senior. Und das soll so bleiben.

Rücklagen helfen die Durststrecke zu überbrücken

Seit seinem 17. Lebensjahr arbeitet Stefan Stärr, der wie sein Vater zunächst einen ganz soliden Handwerksberuf gelernt hat, in der Gartenwirtschaft mit. Er war, wie er sagt, dort 20 Jahre lang in der Lehre. Jetzt freut er sich darauf, die Tradition im Sinne seines Großvaters selbstständig weiterzuführen zu dürfen.

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Sorgen macht sich der 37-Jährige keine. Über die Jahrzehnte habe man genügend Rücklagen gebildet, um eine solche Durststrecke zu überbrücken. Er sei zudem optimistisch und die Hoffnung auf Normalität sterbe zuletzt. Auch für die vierte Generation hat Stefan Stärr mit seiner Frau gesorgt. Seine Tochter wolle schon jetzt, mit fünf Jahren, „Frau Wirtschaft“ werden, erzählt er mit einem Schmunzeln im Gesicht.

Die Kaffeemaschine ist fertig. Servicetechniker Andreas Dinkel brüht einen Testkaffee mit Milchschaum auf.
Die Kaffeemaschine ist fertig. Servicetechniker Andreas Dinkel brüht einen Testkaffee mit Milchschaum auf. | Bild: Anette Bengelsdorf

Inzwischen ist die Kaffeemaschine wieder zusammengebaut. Der Senior-Chef begutachtet die Qualität des Milchschaums und lässt nachjustieren. Die ersten Probekaffees laufen plätschernd in die Tasse und angelockt vom vertrauten Geräusch der Kaffeemaschine kommen die ersten Sonnenanbeter vom Strand an den Tresen. Doch sie werden weggeschickt. Dieses Jahr blieb der „Schorsch“ selbst an Ostern geschlossen.