Die strafrechtliche Aufarbeitung der Vorkommnisse am Klinikum Friedrichshafen, die durch den Suizid der Oberärztin Elke Küßner im Dezember 2023 öffentlich wurden, hält an. Die Medizinerin, die auf der Intensivstation arbeitete, hatte über mehrere Monate hinweg intern auf Missstände hingewiesen, die Patientenleben gefährden würden.
Gegen sechs Beschuldigte ermittelt
Die Staatsanwaltschaft Ravensburg leitete im Frühjahr 2024 gegen sechs Beschuldigte wegen ärztlicher Fehlbehandlungen Ermittlungen ein. Dabei geht es um den Verdacht von unterlassener Hilfeleistung, Körperverletzung bis hin zu fahrlässiger Tötung. In zwei Fällen wurden die Verfahren bereits im Sommer vergangenen Jahres eingestellt.
Wie die Staatsanwaltschaft Ravensburg nun auf Anfrage mitteilt, wurden im Juni die Strafverfahren gegen zwei weitere Beschuldigte beendet. Bei einem Mediziner habe man keinen hinreichenden Tatverdacht festgestellt.
Fahrlässige Körperverletzung festgestellt
Anders liegt der Fall bei einer Assistenzärztin, gegen die wegen fahrlässiger Tötung ermittelt wurde. Hier sei der Tatvorwurf auf fahrlässige Körperverletzung herabgestuft worden. „Das Verfahren wurde gegen Zahlung eines Geldbetrags eingestellt“, erklärt Oberstaatsanwältin Christine Weiß.
Was bedeutet das? Bei der Einstellung eines Strafverfahrens nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung gibt es einen hinreichenden Tatverdacht. Die Ärztin hat sich also der fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht. Diese Tat stuft die Staatsanwaltschaft aber als Vergehen ein.
Im Fall einer Verurteilung hätte das eine maximal einjährige Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe nach sich gezogen. Weil die Schuld der Assistenzärztin nach Ansicht der Strafverfolgungsbehörde nicht allzu schwer wiegt, wurde das Verfahren gegen Zahlung eines Geldbetrags eingestellt.
Stellungnahmen liegen vor
Die Verfahren gegen zwei weitere Personen sind nach wie vor anhängig. Hier hatten die Beschuldigten, für die die Unschuldsvermutung gilt, nach Verlängerung der Frist bis Juni Zeit, sich zu den Vorwürfen nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen zu äußern. Es seien „umfangreiche Stellungnahmen“ von mehreren hundert Seiten eingegangen, so Christine Weiß.
Ob die Staatsanwaltschaft Ravensburg gegen einen oder beide Beschuldigte Anklage erhebt oder Nachermittlungen der Polizei notwendig werden, lässt sich derzeit nicht sagen. „Soweit sind wir noch nicht“, erklärt die Oberstaatsanwältin. „Es ist durchaus möglich, dass wir bis zum Jahresende brauchen, um die Stellungnahmen zu bewerten und zu einer Entscheidung zu kommen.“
Auch Abrechnungsbetrug steht im Raum
Parallel läuft nach wie vor ein Strafverfahren bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte in Stuttgart. Hier geht es um den Verdacht auf Abrechnungsbetrug. Ermittelt wird gegen fünf Verantwortliche des Medizin Campus Bodensee (MCB). Zum Stand des Verfahrens macht die Staatsanwaltschaft auf Anfrage keine weiteren Angaben.
Hilfe bei Suizidgedanken: Haben Sie Suizidgedanken? Die Telefonseelsorge leistet Hilfe. Sie ist anonym und unter den kostenfreien Rufnummern 0800 1110111 und 0800 1110222 rund um die Uhr erreichbar; Chat: online.telefonseelsorge.de. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich bei der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: www.suizidprophylaxe.de