An den Fenstern hängen keine Gardinen mehr. Bauzäune versperren Neugierigen den Weg in den leeren Hinterhof. Keine Frage: Die beiden Wohnblöcke an der Paulinenstraße 15 bis 21 stehen leer. Über viele Jahre hat die Stadt in den maroden Häusern immer wieder Geflüchtete und Obdachlose einquartiert. Ende 2024 sind die letzten Familien ausgezogen. In absehbarer Zeit werden die Bagger anrücken. „Die Ausschreibung läuft, die ersten Angebote sind da. Wir werden die beiden Gebäude noch im ersten Halbjahr abreißen“, sagt Alrik von Kolzenberg.

Abriss noch im ersten Halbjahr

Für den Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshafen (SWG) ist der Abriss quasi der Startschuss für ein Projekt, das auch für die SWG neu ist. Rund 300 Wohnungen hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren gebaut, im Fallenbrunnen, in Allmannsweiler oder an der Sandöschstraße. An der Seite stand immer ein Architekt, der die Bauten nach SWG-Vorstellungen geplant hat.

Alrik von Kolzenberg ist seit gut einem Jahr Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshafen mbH (SWG).
Alrik von Kolzenberg ist seit gut einem Jahr Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshafen mbH (SWG). | Bild: Cuko, Katy

An der Paulinenstraße baut die SWG nun das erste Mal 49 Wohnungen, die quasi aus einem Musterbaukasten kommen. Das Konzept nennt sich serielles und modulares Wohnen, was den Bau erfahrungsgemäß schneller und kostengünstiger als Einzelprojekte macht.

Die SWG ist Mitglied im Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) und kann deshalb auf eine sogenannte Rahmenausschreibung zurückgreifen. Darin sind 25 Wohnbaukonzepte hinterlegt, die 20 Vertragspartner umsetzen können. „Wir haben unser Projekt ausgeschrieben und hoffen auf ein gutes Angebot aus diesem Pool“, sagt Alrik von Kolzenberg. Er geht davon aus, dass 2026 mit dem Bau begonnen werden kann.

Billig wird es trotzdem nicht

Trotzdem bleiben ein paar Hausaufgaben. Noch gibt es kein Baurecht für das Areal, nur einen städtebaulichen Leitentwurf. Der resultiert aus den Architekten-Plänen, die für das Grundstück an der Paulinenstraße schon seit 2019 vorliegen. Sogar der Gestaltungsbeirat hatte sich mit dem Projekt schon beschäftigt. Ganz einfach ist der Standort auch durch die Nähe zur Bahnlinie ohnehin nicht.

Voraussichtlich müssen die Neubauten wegen mangelnder Tragfähigkeit auf Pfählen stehen. Zudem wird eine Tiefgarage gebraucht. Beides wird das Projekt trotz serieller Bauweise teurer machen. Der SWG-Chef rechnet mit Kosten von 16 bis 20 Millionen Euro für die 49 Wohnungen mit rund 3000 Quadratmeter Wohnfläche. „Das Thema Wirtschaftlichkeit ist bei diesem Projekt eine Herausforderung, aber ich bin zuversichtlich“, sagt er.

Der SWG-Neubau mit 14 Wohnungen in Kluftern (Gangolfstraße) soll Anfang 2026 bezugsfertig sein.
Der SWG-Neubau mit 14 Wohnungen in Kluftern (Gangolfstraße) soll Anfang 2026 bezugsfertig sein. | Bild: SWG/Tutschner

Neben den Neubauten an der Paulinenstraße plant die SWG zwei weitere Projekte, die bis 2028 fertig werden sollen. 18 Wohnungen in drei sogenannten Punkthäusern sollen an der Immenstaader Straße in Kluftern entstehen. Noch gehöre das Grundstück der Stadt, aber man sei in Verhandlungen zum Kauf, so Alrik von Kolzenberg. Die Baugenehmigung liege bereits vor. Derzeit werde die Planung für die Ausschreibung konkretisiert. Baustart soll auch hier 2026 sein. Weitere sieben Wohnungen sind im Ersatzneubau für das marode SWG-Gebäude in der Eintrachtstraße 22 geplant, dessen Abriss demnächst geplant ist.

Fokus: Bezahlbare Wohnungen

Nimmt man den SWG-Neubau mit 14 Wohnungen an der Gangolfstraße in Kluftern dazu, der Anfang 2026 bezugsfertig sein soll, entstehen damit insgesamt 88 neue Wohnungen, die alle mit öffentlichen Fördergeldern gebaut und deshalb langfristig preisgebunden vermietet werden sollen. Das verstehe er „als Grundaufgabe der SWG“, sagt Alrik von Kolzenberg: den bezahlbaren Wohnbau. Künftig sollen alle neuen SWG-Wohnungen nur über den Wohnberechtigungsschein oder als Nutznießer des städtischen Wohnförderprogramms zu bekommen sein. Damit dürfte die Zahl der Sozialwohnungen in Friedrichshafen, von denen viele in den vergangenen Jahren aus der Förderung herausgefallen sind, wieder ansteigen.

Alt neben neu: Das Gebäude Eintrachtstraße 22 (links) soll demnächst abgerissen werden.
Alt neben neu: Das Gebäude Eintrachtstraße 22 (links) soll demnächst abgerissen werden. | Bild: Cuko, Katy

Was das ausmacht, zeigt das Bauprojekt an der Sandöschstraße, das im vergangenen Jahr fertiggestellt wurde. Von 22 Wohnungen sind nur sieben gefördert. Hier ist die Miete pro Quadratmeter etwa vier Euro günstiger als in den frei finanzierten Wohnungen. Die seien mit Mieten unter 13 Euro pro Quadratmeter aber immer noch günstiger als Neubauwohnungen auf dem freien Markt, so der SWG-Chef.

Durchschnittsmiete von 7,22 Euro pro Quadratmeter

Derzeit hat die SWG rund 1400 Wohnungen im Bestand. Die durchschnittliche Miete beziffert Alrik von Kolzenberg auf 7,22 Euro pro Quadratmeter – ein Preis, für den es auf dem freien Mietwohnungsmarkt schon lang keine Wohnung mehr gibt. Doch dabei wird es auch bei der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft nicht bleiben. „Unsere Mieter müssen mit moderaten Erhöhungen rechnen. Das ist dringend erforderlich, um weiter investieren zu können“, sagt der SWG-Chef.

Das könnte Sie auch interessieren

Viel Geld wird auch dafür gebraucht, den Gebäudebestand energieeffizient umzurüsten. „Wir haben die glückliche Situation, dass 90 Prozent unserer Wohnungen innerhalb der nächsten 15 Jahre an Nahwärmenetze angeschlossen werden können“, sagt von Kolzenberg. Die restlichen zehn Prozent der Gebäude sollen beispielsweise mit Wärmepumpen in Kombination mit Photovoltaik ausgestattet werden. Dafür brauche es kein zusätzliches Kapital des Gesellschafters Stadt. Die SWG werde nicht nur das Bauprogramm der nächsten Jahre, sondern auch das Klimaziel bis 2024 aus eigener Kraft schaffen.