In den vergangenen zehn Jahren wurden in Friedrichshafen recht konstant zwischen 200 und 300 neue Wohnungen jährlich gebaut. Das zeigen die Zahlen des Statistischen Landesamts. Ein Ausreißer nach oben waren 500 fertig gestellte Wohnungen 2017. Dafür waren es 2020 nur rund 100 neue Wohnungen, die auf den Markt kamen.
Nur 63 neue Wohnungen genehmigt
Doch schaut man sich die Zahl der Baugenehmigungen an, kommt jetzt eine gewaltige Durststrecke, obwohl der Wohnungsbedarf nach wie vor hoch ist. Im vergangenen Jahr gab es in Friedrichshafen lediglich für 63 neue Wohnungen eine Baugenehmigung. Im Jahr davon waren es noch 237. Viele Projekte wurden vor allem wegen der stark gestiegenen Baukosten auf Eis gelegt, wie zum Beispiel die Bebauung des früheren Trapp-Areals an der Friedrichstraße. Die Zahlen für 2024 liegen noch nicht vor, verheißen aber nichts Gutes. Landesweit ging die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen von Januar bis September im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent zurück.
Diese Entwicklung trifft besonders jene stark, die es schwer haben, in Friedrichshafen überhaupt eine bezahlbare Wohnung zu finden. In Friedrichshafen erhalten etwa 4500 Haushalte Wohngeld, was eine Verdopplung im Vergleich zu früheren Jahren darstellt. Die Zunahme ist allerdings auch auf das Wohngeld-Plus-Gesetz 2023 zurückzuführen. Die Einkommensgrenze für Haushalte mit einer oder zwei Personen liegt bei knapp 58.000 Euro. Familien mit zwei Kindern dürfen bis zu 75.800 Euro im Jahr verdienen, um Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und damit eine preisgebundene Wohnung zu bekommen.
Nur 600 öffentlich geförderte Wohnungen
Gerade für diese Haushalte stehen in Friedrichshafen aber nur vergleichsweise wenige Wohnungen zur Verfügung. Auf Anfrage teilt das Rathaus mit, dass es aktuell rund 600 preisgebundene Wohnungen gibt, die über den sozialen Wohnungsbau öffentlich gefördert werden. Die halten vor allem die Städtische Wohnungsbaugesellschaft (SWG) und die Zeppelin-Wohlfahrt, aber auch die Kreisbau- oder Postgenossenschaft vor.
Als der Gemeinderat 2017 das „Aktionsprogramm Wohnen“ beschloss, war es erklärtes Ziel, vor allem für mehr preisgünstige Mietwohnungen zu sorgen. Deshalb wurde auch eine Sozialquote für Bauträger eingeführt: Bekommt ein Investor Baurecht auf der grünen Wiese oder wird das Baurecht wesentlich erweitert, muss er 25 Prozent der zusätzlich geschaffenen Geschossfläche im geförderten Mietwohnungsbau erstellen. Ein Beispiel: Baut ein Bauherr acht Wohnungen mehr als vorher möglich, muss er zwei Wohnungen zu sozialen Preisen vermieten – oder an die Stadt eine Abstandssumme zahlen.
Sozialquote für Bauträger
Doch diese Quote kam bisher nur bei einer Handvoll Projekten zur Anwendung – oder sollte zur Anwendung kommen. So wie bei der einst umstrittenen Bebauung des Apfelbaumfelds an der Regenerstraße, für die Investor Robert Baur im Mai 2017 die Baugenehmigung erhielt. Inzwischen sind alle acht Gebäude fertig, rund 80 Wohnungen bezogen. Doch wie viele davon über die Sozialquote vermietet sind, kann das Rathaus nicht beantworten. Vor zwei Jahren lief noch ein Gerichtsverfahren. Inzwischen „finden außergerichtliche Gespräche mit dem Investor statt“.

Zu den 600 Sozialwohnungen kommen 70 dazu, deren Mieter die Stadt über das Häfler Wohnraumförderprogramm unterstützt. Aus diesem Topf gibt es einen Zuschuss von einem bis 2,50 Euro pro Quadratmeter für Haushalte, die die Einkommensgrenzen für den Wohnberechtigungsschein quasi knapp verfehlen. Ein Beispiel: Liegt das Haushaltseinkommen einer vierköpfigen Familie 7500 Euro jährlich über der Grenze für Wohngeld, übernimmt die Stadt Mietkosten von 2,50 Euro pro Quadratmeter. Damit sinkt die monatliche Mietbelastung.
Mehr Ferien- als Sozialwohnungen
In der Summe hat die Stadt also aktuell 670 preisgebundene Wohnungen. Wie wenig das beim aktuellen Bedarf in der Bevölkerung ist, zeigen folgende Zahlen. In Friedrichshafen gibt es seit Beginn der Erhebung der Kurtaxe vor zwei Jahren 725 registrierte Ferienwohnungen. Das sind viermal mehr als die Zahl, von der die Tourist-Information noch im Sommer 2021 Kenntnis hatte. Damals waren 160 Ferienwohnungen offiziell registriert – wohl wissend, dass die Dunkelziffer hoch ist.
Dazu kommt, dass 1170 Wohnungen in der Stadt leer stehen. Diese Zahl nannte SPD-Stadtrat Matthias Eckmann bei der letzten Sitzung des Finanzausschusses, wobei er sich auf die Daten des Zensus 2022 bezog. Für die Leerstandanalyse, die der Gemeinderat im Juni vergangenen Jahres beauftragt hat, liegen noch keine Ergebnisse vor.
Gibt es auch andere Wege?
Das heißt: Neben dem Bau neuer Wohnungen hätte die Stadt die Möglichkeit, regulierend einzugreifen, um theoretisch wenigstens 1500 Wohnungen wieder für die einheimische Bevölkerung zu aktivieren. Zum Vergleich: Diese Anzahl entspricht grob dem gesamten Wohnungsbauvolumen der letzten sechs Jahren in Friedrichshafen bis 2023.
Instrumente dafür stellt der Gesetzgeber zur Verfügung. Friedrichshafen kann aufgrund des Wohnungsmangels ein Zweckentfremdungsverbot erlassen. Diese Regelung gilt für Wohnungen, die leer stehen oder in Ferienwohnungen umgewandelt werden. Bisher konnte sich der Gemeinderat aber nicht dazu durchringen.