Bei wenigen Genussmitteln kann man sich so leidenschaftlich darüber streiten, welches das Beste ist, wie bei Bier. Die Auswahl ist riesig, mehr als 1459 Brauereien gab es laut vorläufigen Zahlen des Deutschen Brauerbunds Stand 2024 in Deutschland. Sie stellen Milliarden Liter Bier im Jahr her. Ein Teil davon kommt direkt vom Bodensee.

Beim Brauen hat er alle Freiheiten, sagt German Kustov. Er ist der Brauer im Brauhaus Joh. Albrecht in der Konstanzer Altstadt. „Ich kann hier meine Ideen umsetzen.“ Hier heißt in diesem Fall: Mitten im Gastraum. Zwischen den Tischen steht der Braukessel.

Darin werden die drei Hauptsorten und eine vierte, die je nach Saison variiert, gebraut. Kustov lässt sich gerne über die Schulter schauen: „Ich möchte den Leuten zeigen, was hier passiert.“ Er will ansprechbar sein für Fragen. Und auch Kritik – sollte es welche geben.

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Neues entsteht „manchmal aus einer Bierlaune“

An die Entwicklung eines neuen Bieres geht er offen heran. „Manchmal aus einer Bierlaune heraus“, sagt er mit einem Lachen. Oft entstünden Ideen auch aus Gesprächen mit Gästen. Im Brauhaus gebe es viele Stammgäste, auch (Hobby-)Brauer. Kustov schätzt die Freiheit, mit Kreativität an den Brauprozess herangehen zu können.

Wie ist es, mitten in einer Weinregion Bier zu brauen? „Anders“, sagt Kustov nach kurzem Überlegen. Er kommt aus Bochum, ist vor rund einem Jahr für die Stelle im Brauhaus nach Konstanz gekommen. Hier läuft es anders als in dem Betrieb, in dem er die Ausbildung zum Brauer gemacht hat. Alles handwerklich, wenig maschinell. Man merkt, dass ihm das gefällt.

Im Brauhaus mitten in der Niederburg wird auf Handwerk und Muskelkraft statt Maschinen gesetzt. Brauer German Kustov gefällt das.
Im Brauhaus mitten in der Niederburg wird auf Handwerk und Muskelkraft statt Maschinen gesetzt. Brauer German Kustov gefällt das. | Bild: Simon Wöhrle

Wenig maschinell heißt im Umkehrschluss: viel Muskelkraft. Wenn etwa das Malz angeliefert wird, trägt Kustov die Säcke in den Keller. Nachdem es geschrotet ist, trägt er alles die Treppe wieder hoch zum Braukessel. Malz und Hopfen beziehe das Brauhaus schon seit Jahrzehnten von den gleichen Lieferanten.

Der Hopfen etwa komme aus der Hallertau, einem Gebiet zwischen München und Ingolstadt. „Qualitativ das Beste, was du bekommen kannst“, sagt Kustov. Das Wasser zum Brauen kommt über die Stadtwerke Konstanz – ein bisschen Bodensee ist also auch im Bier.

Bis aus diesem Wasser-Malz-Gemisch fertiges Bier wird, dauert es noch mehrere Wochen. Den Brauprozess können die Gäste im Brauhaus von ...
Bis aus diesem Wasser-Malz-Gemisch fertiges Bier wird, dauert es noch mehrere Wochen. Den Brauprozess können die Gäste im Brauhaus von ihren Plätzen aus mitverfolgen. | Bild: Simon Wöhrle

Ein- bis dreimal pro Woche braut Kustov, immer eine Sorte Bier gleichzeitig. „Das Schöne ist: Ich kann jedes Mal mit den Rezepten spielen“, jedes Mal ein wenig anpassen. Das sei quasi seine zweite Ausbildung. Etwa 1000 Liter Bier entstehen in einem Brauvorgang. Nach acht bis zehn Stunden Brauzeit geht es für das Gemisch für etwa eine Woche in einen Gärbottich. Und nach zwei bis vier Wochen Lagerzeit dann direkt in den Zapfhahn.

Damit ist auch klar: Das Bier, das im Brauhaus in Konstanz gebraut wird, wird direkt hier ausgeschenkt und getrunken. „Unser Bier gibt es nur hier“, sagt Kustov. In keinem Laden findet man es.

Inselbier setzt auf regionale Zutaten

In Flaschen kaufen kann man dagegen Inselbier. Die Produkte der Brauerei auf der Reichenau gibt es in verschiedenen Supermärkten zu kaufen. Etwa auf der Höri, in Konstanz, Überlingen, sogar in Lindau, zählt Alexander Weimer auf. Er ist Geschäftsführer und einer von fünf Eigentümern der Brauerei.

„Wir wollen eigentlich nur den Bodensee beliefern“, sagt Weimer. Manche Flaschen legen aber einen etwas weiteren Weg zurück: Viel werde zu Privatkunden nach Nordrhein-Westfalen oder Hamburg versandt. Das Ziel sei aber, die Region Bodensee abzudecken.

Inselbier-Geschäftsführer Alexander Weimer und Eventmanagerin Juliana Woern vor der Brauwerkstatt auf der Insel Reichenau.
Inselbier-Geschäftsführer Alexander Weimer und Eventmanagerin Juliana Woern vor der Brauwerkstatt auf der Insel Reichenau. | Bild: Simon Wöhrle

Zu den Kunden zählen laut Weimer auch viele Schweizer, die gleich vor Ort einkaufen. Sie legen Wert auf hohe Qualität und seien dann auch bereit, dafür höhere Preise zu bezahlen. Weimer fühle, dass in Deutschland ein leichtes Umdenken in diese Richtung stattfinde.

Auf der Reichenau kommt das hier gebraute Bier schon gut an – Reichenauer würden ohnehin lokal kaufen. Mit Produkten von der Reichenau wie Gemüse oder Wein würde man auch weit über die Region hinaus eine hohe Qualität verbinden. Genauso solle es auch mit dem Bier sein, beschreit Weimer sein Ziel.

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Etwa 100.000 Liter Bier produziert Inselbier im Jahr. Damit zählt sie immer noch zu den kleinen Brauereien. Einen Vorteil hat das: Sie kann mit regionalen Produkten arbeiten. So komme der Hopfen aus Tettnang, Malz aus Baden-Württemberg und das Wasser natürlich aus dem Bodensee. „Wir sind ein regionales Erzeugnis“, sagt Weimer, sie wollen auf regionale Zutaten setzen.

Daraus produzieren sie klassische Biere wie Helles, Weizen, Export und ein böhmisches Pils. Daneben gibt es auch wechselnde Spezialsorten, die nicht das ganze Jahr über verfügbar sind. Auf ein Dutzend Sorten kommt Weimer. Zudem stellt Inselbier auch eigene Biere für Hotels oder Restaurants her. „Dafür, dass wir so eine kleine Brauerei sind, haben wir ein großes Sortiment an Bieren.“

Inselbier stellt auf der Reichenau eine Vielzahl an Sorten her, darunter klassische und Saisonbiere. Besucher können auch direkt vor Ort ...
Inselbier stellt auf der Reichenau eine Vielzahl an Sorten her, darunter klassische und Saisonbiere. Besucher können auch direkt vor Ort in der Brauwerkstatt probieren. | Bild: Simon Wöhrle

Wie geht das Team von Inselbier bei der Entwicklung neuer Sorten vor? „Meistens geht das einfacher als gedacht“, sagt Weimer. „Unser Vorteil ist: Wir haben einen richtig guten Brauer.“ Meistens brauche es nicht mehr als einen Versuch, bis eine Idee zum Bier umgesetzt ist.

Gibt es auch Schwierigkeiten für Brauer am Bodensee?

Gibt es für die Brauereien auch Schwierigkeiten? Alexander Weimer spricht die Preisfrage an. Bier sei ein tiefpreisiges Produkt, das aber einen langen Prozess erfordert. Gerade als kleine Brauerei sei man bei den Preisen nicht so flexibel, wie es bei großen Betrieben der Fall ist. Es sei schade, wenn kleine und mittlere Brauereien sich auf dem Markt nicht mehr behaupten können. „Die Vielfalt macht es doch aus“, sagt Weimer.

German Kustov fällt nur eines ein, wenn man ihn nach Schwierigkeiten fragt, die das Brauen in Konstanz mit sich bringt: eine Wohnung zu finden. Bei aller Freude über gutes Bier ist ihm eines wichtig, betont er im Gespräch: „Trinkt gerne Bier, gerne auch mal mehr davon. Aber so, dass ihr euch beherrschen könnt.“