Seit einem halben Jahr rollt die Blechkarawane über die neue B 31 und nicht mehr durch Fischbach. Dann, so ist es seit Jahren besprochen, soll die breite Straße durch die Ortschaft so umgestaltet werden, dass auch die seit Jahrzehnten geplagten Anwohner etwas davon haben: mehr Grün, mehr Platz für Fußgänger und Radler, mehr Aufenthaltsqualität. Die Fischbacher konnten im Workshop-Verfahren auch ihre Ideen einbringen. Und mit dem Siegerentwurf im Architektenwettbewerb ist klar, wo die Reise hin geht.
Um diese Pläne umzusetzen, braucht es für den neuen Ortskern zwischen Post- und Spaltensteiner Straße einen Bebauungsplan. Das wurde in der letzten Ratssitzung diskutiert, bevor dessen Aufstellung mehrheitlich beschlossen wurde. Doch rund ein Drittel der Stadträte hat Bedenken, stimmte dagegen und enthielt sich, vor allem bei den Grünen, bei der ÖDP und beim Netzwerk.

Knackpunkt ist das Gebäude Zeppelinstraße 300 und der davor geplante Platz. Das Gebäude im Eigentum der Stadt diente in der Vergangenheit bereits als Schule, Kindergarten, Bücherei und Tourist-Info. Hier will die Bruderhaus Diakonie nun das seit Langem ersehnte neue Pflegeheim für Fischbach bauen. Zwischenzeitlich war dafür ein Standort an der Fischbacher Grundschule angedacht.

Um den gewünschten Platz als Ortskern zu kreieren, soll das Haus weichen und der Neubau fürs Seniorenheim von der Straße abrücken. Der Abriss müsse nicht sein, argumentiert das Netzwerk, die Bausubstanz könne zumindest teilweise erhalten bleiben. Der Abriss gefährdet aber auch die zweitgrößte Population an Mehlschwalben, die es am nördlichen Bodenseeufer gibt, mahnte Marion Morcher von der ÖDP. Denn alle Versuche bisher, die seltenen Vögel umzusiedeln, haben nicht funktioniert. Es wäre doch längst an der Zeit, Neubauten an ökologische Strukturen anzupassen „und nicht anders herum“, sagte sie.
Für die rund 75 Brutpaare, die in Zeppelinstraße 300 wohnen und nicht einfach so vertrieben werden dürfen, hatte die Stadt einen Mehlschwalbenturm mit 90 Nestern beim Friedhof und 75 Nisthilfen an der Fassade der Grundschule in Fischbach samt Klangattrappen installieren lassen. Um die Vögel zum Umzug zu bewegen, wurde etwa ein Drittel ihrer angestammten Nester abgedeckt – ohne Erfolg im vergangenen Jahr. Jetzt will die Stadt noch warten, ob die Mehlschwalben die neuen Nester diesmal nach ihrer Rückkehr aus Afrika akzeptieren. Gelingt das wieder nicht, braucht die Stadt eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung, um das alte Gebäude im nächsten Winter trotzdem abzureißen.
Selbst wenn dieses Problem gelöst wird, hindert die Stadt ein zweites daran, mit der Umgestaltung der alten 31 in Fischbach zeitnah zu beginnen: Es gibt kein Geld dafür. Zumindest ist aktuell keines im Doppelhaushalt eingestellt, nicht einmal für die Planung. Über die nötigen Finanzmittel muss der Gemeinderat für 2023/24 beraten. Bis dahin seien nur sogenannte Pop-up-Maßnahmen drin. Gemeint sind Pflanzkübel oder eine andere Markierung, um den Straßenraum neu aufzuteilen.