Vier Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg lag Friedrichshafen zu einem großen Teil noch in Trümmern. Die Lehrerin Elisabeth Schmäh und ihr Bruder und Stadtrat Konstantin Schmäh hatten die Idee, ein Kinderfest zu gestalten. „Sie wollten vor allem den Kindern eine Freude machen“, sagt Seehasenarchivar Peter Sikora. Sie gewannen den Musiklehrer Paul Schmidt und den Journalist Max Hilsenbeck für ihr Vorhaben, auch Bürgermeister Max Grünbeck saß im Festausschuss.

Stadtrat Konstantin Schmäh bei seiner Festrede 1949.
Stadtrat Konstantin Schmäh bei seiner Festrede 1949. | Bild: Seehasenarchiv

Erstes Seehasenfest: Ein Tag, der für Kinder zum Erlebnis wurde

Das erste Seehasenfest am 25. Juli 1949 dauerte nur einen Tag, aber dieser wurde für die Kinder der Stadt zum Erlebnis: Nach einem Festgottesdienst am frühen Morgen fuhren die Schulkinder mit einem Dampfer bis zum Schweizer Ufer und staunten über die intakten Häuser auf der anderen Seeseite.

Am Nachmittag liefen über 4000 Schulkinder im ersten Seehasenumzug durch die Stadt. Erster Seehas war Peter Hilsenbeck, er trug einen Hasenkopf aus Pappmaschee und seinen Hochzeitsanzug.

Der erste Seehase war Peter Hilsenbeck, er trug einen Pappmascheekopf und seinen Hochzeitsanzug.
Der erste Seehase war Peter Hilsenbeck, er trug einen Pappmascheekopf und seinen Hochzeitsanzug. | Bild: Seehasenarchiv

Viele der Bestandteile des heutigen Umzugs gab es schon beim ersten Mal – die sieben Schwaben waren ebenso dabei wie die heilige Wendelgard und ein selbst gezimmerter Zeppelin. Die Kostüme der Kinder bestanden zum großen Teil aus Krepppapier. „Als es zwischendurch kurz regnete, lief ihnen die Farbe über die Beine“, sagt Sikora.

Einer der Pappmaschee-Köpfe der kleinen Seehasen steht heute im Seehasenarchiv.
Einer der Pappmaschee-Köpfe der kleinen Seehasen steht heute im Seehasenarchiv. | Bild: Seehasenarchiv

Eine Wurst, um die sich viele Geschichten ranken

Der Begeisterung tat das keinen Abbruch, denn die eigentliche Sensation kam erst noch: Jedes Kind, so sah es die Gründungsurkunde vor, sollte eine große Wurst, einen Wecken und ein Getränk bekommen.

Die Gründungsurkunde schreibt einen Gottesdienst, eine Schiffsfahrt, dem Umzug und für jedes Kind eine Wurst, einen Wecken und ein ...
Die Gründungsurkunde schreibt einen Gottesdienst, eine Schiffsfahrt, dem Umzug und für jedes Kind eine Wurst, einen Wecken und ein Getränk vor. | Bild: Seehasenarchiv

„Das war sensationell damals. Da gab es ja noch alles auf Marken“, erzählt Sikora. „Die Organisatoren sind dafür extra nach Villingen gefahren.“ Viele Geschichten ranken sich um diese Wurst. Dass sie in feine Scheiben geschnitten und mit der ganzen Familie geteilt wurde, zum Beispiel. Oder dass sie vor lauter Ehrfurcht so lange in der Hosentasche aufbewahrt wurde, bis sie völlig zerdrückt war. Auf dem Festplatz gab es dann noch Armbrustschießen, Luftballons und sogar ein Karussell.

Die ersten Wagen wurden noch von Pferden gezogen.
Die ersten Wagen wurden noch von Pferden gezogen. | Bild: Seehasenarchiv

Ausgefallen ist das Seehasenfest vor Corona nie

Das Fest entwickelte sich ständig weiter: Ein Jahr später wurde schon an zwei Tagen gefeiert, 1951 waren es drei und Seehas Hilsenbeck steckte zum ersten Mal in einem Kostüm aus echtem Hasenfell. Vor allem Jugendliche formierten sich zum ersten Seehasen-Spielmannszug. Zum Heimatlied von Konstantin Schmäh und Paul Schmidt von 1949 kam 1955 das Hasenklee-Lied und mit ihm der erste Hasenklee für die Erstklässler. Aus dem musischen Auftakt wurde der große Eröffnungsabend, den jeweils eine Schule – in diesem Jahr sind es 14 Schulen – mit Musik und Theater gestaltet.

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„Vor Corona ist das Seehasenfest kein einziges Mal ausgefallen“, sagt Peter Sikora. Im Lauf der Jahre kamen weitere Schultheater dazu, Fischerstechen, Antrommeln, Sportveranstaltungen und Feuerwerk. Heute dauert das Fest fünf Tage und hat mit dem großen Rummel, Biergärten, Feuerwerk und romantischer Nacht auch Erwachsenen etwas zu bieten. Im Kern ist das Seehasenfest aber ein Fest für Kinder geblieben.

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