Hagnau – Die Resonanz auf die Protestaktion in Hagnau gegen den seenahen Ausbau der B 31 war groß. Etwa 1500 Menschen kamen am Sonntag, um für die Trassenvariante C1.1 zu protestieren. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass so viele kommen“, sagte Jürgen Beisswenger von der Immenstaader Initiative, „aber daran erkennt man, wie wichtig den Menschen das Thema ist.“ Pünktlich um 18.30 Uhr wurde die Ortsdurchfahrt Hagnau gesperrt und kein Auto bewegte sich mehr auf der sonst so viel befahrenen Straße. Die Bühne für die Redner wurde in der Ortsmitte aufgestellt und die Durchfahrt für die Linienbusse abgetrennt. Immer mehr Bürger und Touristen strömten zum Versammlungsort.
Einmarsch der Protestzüge aus Stetten und Immenstaad
Höhepunkt war der nahezu zeitgleiche Einmarsch der Protestzüge aus Stetten mit rund 150 Teilnehmern und aus Richtung Immenstaad mit 400 Demonstranten, angeführt von einem Traktor und begleitet von der Blaskapelle. Mit Trillerpfeifen, Jubel und Applaus wurden die Ankömmlinge begrüßt. Auf zahlreichen Plakaten wurden die Protestgründe dargestellt.

„Wir wollen keine Autobahn in Seenähe, das ist ein Erholungsgebiet“
„Wir sind da, weil wir wollen, dass der Verkehr umgeleitet wird und unsere guten Weinreben nicht versaut werden“, sagten Petra Schappeler aus Hagnau und Elke Willmann. Rudi Endraß aus Immenstaad begründete seinen Protest mit den Worten: „Wir wollen keine Autobahn in Seenähe, das ist ein Erholungsgebiet.“ Bärbel Härle-Schultheiss, ebenfalls aus Immenstaad, ist auch die Zukunft für unsere Kinder wichtig. „Immenstaad wird durch den Ausbau zerschnitten. Während der Bauzeit werden viele Existenzen gefährdet“, meint sie und befürchtet, dass später keiner mehr in ihren Heimatort ziehen werde.
Hagnaus Bürgermeister Volker Frede verweist auf Versammlungsfreiheit
Ähnliche Argumente gegen die seenahe Trasse der Ausbauvariante führten die Redner auf dem Podium an. Bernd Saible ist Hauptorganisator der Veranstaltung und Sprecher des B-31-neu-Bündnisses Pro 7.5 Plus. Er formulierte als Ziel des Protests unter anderem die Hoffnung, „dass unsere Stimmen auch von den Personen, die im Hintergrund die Fäden ziehen, gehört werden“. Hagnaus Bürgermeister Volker Frede berief sich auf die Grundrechte: „Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit müssen auch die akzeptieren, die versucht haben, die Versammlung zu verhindern.“
Folgen einer Ausbautrasse am See für die Kulturlandschaft
Auf die Folgen einer Ausbautrasse am See für die Kulturlandschaft machten Erich Röhrenbach, Landwirt und Vorsitzender der Obstregion Bodensee, sowie Karl Megerle, Vorsitzender des Winzervereins Hagnau, aufmerksam. Die Immenstaader Vermieter Sandra Merk, Ulrike Huber und Bernd Humernbrumm vom Handels- und Gewerbeverein Immenstaad beleuchteten die Konsequenzen einer langen Bauphase für den Tourismus. Hubert Gutemann und Heinolf Kielkopf von der Bürgerinitiative Immenstaad zeigten die problematischen Belastungen auch aus Naturschutzgründen Abschnitt für Abschnitt auf.
Für die Stettener Initiative sprachen Heiko Mantzsch und Gerhard Reichert, der sich eine „würdige Lösung für Mensch und Natur“ wünschte. Mit Klaus Krasa und seiner Tochter Charlotte kam ein Betroffener Anwohner der Hagnauer Durchgangsstraße zu Wort, der seit 20 Jahren auf eine neue Straße warte.
Saible dankte allen Teilnehmern für eine Protestaktion, „die vernünftig, sinnvoll, friedlich und störungsfrei verlaufen ist, auch wenn vielleicht nicht alle Anwesenden unserer Meinung sind“.
Drei Korridore stehen zur Auswahl
Das Regierungspräsidium hat ein Variantenbündel für die B 31 zwischen Meersburg und Immenstaad vorgestellt. Neun mögliche Trassen stehen in drei Korridoren zur Auswahl: als Ausbauvariante auf der bestehenden Strecke sowie nördlich und südlich des Weingartenwaldes.
Jeder siebte Stettener auf den Beinen
Daniel Heß, Stettens Bürgermeister, war „einfach überwältigt von dem Zuspruch aus der Bevölkerung“. 150 Bürger hatten sich an der Bundesstraßen-Unterführung an der Hagnauer Straße und Ahornweg zum Sternmarsch nach Hagnau eingefunden. “Aber ich bin hier nicht nur als Bürgermeister, sondern auch als Privatmann“, unterstrich der Stettener Schultes und forderte die Bürger auf die örtliche Verkehrsinitiative „teamB31“ um Heiko Mantzsch, dem Initiator und Sprecher der Initiative, weiter zu unterstützen. Mantzsch erklärte kurz den Ablauf der Demonstration, bevor es für die große Stettener Gruppe Richtung Hagnau ging. Über 100 Meter zog sich der Demonstrationszug, nach knapp einer halben Stunde lief er in Hagnau ein.

Im Demonstrationszug lief ein Querschnitt der Stettener Bürger. Von Familien mit Kleinkindern bis hin zu Senioren waren alle Alters- und Gesellschaftsschichten dabei. Jeder siebte Stettener lief mit, um das Anliegen für die Variante C1.1 einer Hinterland-Trasse der viel befahrenen Bundesstraße B 31 Gewicht zu verleihen.
“Ich habe nur positive Rückmeldungen erhalten“, gab Mantzsch nach der Demonstration bekannt. Einige hätten sich eine solche Veranstaltung früher gewünscht. Auf der Kundgebung trug er die Sorgen der Stettener um die erhöhte Lärmbelastung durch eine ausgebaute seenahen B-31-Trasse vor.
400 Immenstaader laufen nach Hagnau
Entschlossen, sich energisch für die Hinterlandtrasse der B 31 stark zu machen, marschierten rund 400 Immenstaader zur Demonstration nach Hagnau. Etliche Musikanten begleiten den Zug mit flotter Marschmusik. Dirigent Bernhard Jehle erklärte: „Wir haben uns spontan entschlossen, uns anzuschließen. Wir wollen ein Statement abgeben.“
Jule ist 12 Jahre alt. Sie wünscht sich weniger Staus und dass die Trasse nicht direkt bei Immenstaad verläuft. Noch wichtiger ist ihr der Klimaschutz und dass insgesamt weniger Autos fahren – ein Anliegen, das auch anderen Demonstranten am Herzen liegt. Willigert Raatschen bringt die Meinung vieler auf den Punkt: „Was bei einem Ausbau an wertvoller Kulturlandschaft zerstört würde, wäre unverantwortlich.“ Stefan Gerlach sagt: „Ich finde es wichtig, Präsenz zu zeigen und zu versuchen, die Entscheidung noch ein bisschen zu beeinflussen.“

Das Badnerlied wird in Immenstaad oft und gern gesungen. Die zusätzliche Strophe „Die schönste Straß‘ in unsrem Land, das ist die C eins eins. Sie ist so herrlich anzuschau‘n und passt hier toll hinein“ singen die Demonstranten bei einer Pause vor Schloss Kirchberg zum ersten Mal. Das letzte Stück nach Hagnau ist der Demonstrationszug auf der gesperrten B 31 unterwegs. 15 Minuten später trifft die Spitze des Zugs in Hagnau ein, wo sich noch etliche Immenstaader hinzugesellen, die nach Hagnau geradelt sind. (gik)
Ittendorfer informieren die Autofahrer
„Die Hagnauer und die Immenstaader haben die Autofahrer zu uns nach Ittendorf und Markdorf geschickt und wir haben sie in unserem Sinne informiert“, versucht sich Fritz Käser von der Interessengemeinschaft (IG) Verkehrsneuplanung Ittendorf am Tag nach der B-31-Demo halb scherzhaft in einer positiven Wendung der für sie inakzeptablen Forderung der See-Initiativen nach der C1.1-Trasse im Hinterland. Die IG setzt sich für den Ausbau der bestehenden B 31 ein.
„Die Autofahrer waren sehr offen, auch gegenüber unseren Zielen“, berichtet Käser. Er und weitere IG-Mitglieder hatten in Ittendorf und Markdorf Äpfel und Flugblätter an die Autofahrer verteilt. Auf Google-Maps hätten sie das Verkehrsaufkommen auf der B 33 verfolgt: Stockender Verkehr, durchgängig während der drei Stunden der Sperrung, von Stetten bis Kluftern, so Käser. Zwar habe man erwartet, dass es „noch dicker“ komme, es seien aber wegen des Sonntags auch keine Lkw unterwegs gewesen.

Käser hofft nun, dass auch die See-Initiativen in den B-31-Foren wieder zum sachlichen Dialog zurückfänden. „Die Ebene des konstruktiven Austauschs wurde mit dieser Aktion verlassen“, kritisiert er. Von Planern und Behörden wünsche er sich, dass sie sich von solchen Aktionen nicht beeinflussen lassen, sondern weiter rein nach den Fakten entscheiden. (gup)