Heiligenberg bekommt einen Dorfladen: Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, die Ladengründung mit rund 100.000 Euro finanziell zu unterstützen – und damit die letzte große Hürde beiseitegeschoben. Nach eineinhalb Stunden betont problemorientiert geführter Debatte im vollbesetzten Sennhofsaal entschied sich das Gremium bei vier Gegenstimmen dafür, Anteile an der Dorfladen-Unternehmensgesellschaft im Wert von knapp 100.000 Euro zu zeichnen. Zu einem ebenfalls vorgeschlagenen Zuschuss von 10.800 Euro zu den Mietkosten im ersten Jahr konnte sich der Gemeinderat nicht mehrheitlich entscheiden.

Einleitend hatte Bürgermeister Denis Lehmann die Historie des Projekts noch einmal kurz nachgezeichnet. Nachdem in den vergangenen Jahren die Nahversorgung durch Läden und gastronomische Betriebe in der Gemeinde beinahe zusammengebrochen war, hatte Caroline Ast aus Unterrehna im April 2022 die Laden-Idee angeschoben. Neben staatlichen Mitteln und Bank-Darlehen sollten Bürger und Gemeinde durch das Zeichnen von Anteilen an der Unternehmensgesellschaft die Anschubfinanzierung sichern.

In den Räumlichkeiten der Sparkasse Salem-Heiligenberg an der Fürstenbergstraße wird der neue Dorfladen eingerichtet.
In den Räumlichkeiten der Sparkasse Salem-Heiligenberg an der Fürstenbergstraße wird der neue Dorfladen eingerichtet. | Bild: Hartmut Ferenschild

Im Rahmen einer öffentlichen Kampagne konnten die zwischenzeitlich gegründeten einLaden-Unternehmensgesellschaft (UG) und der Verein Zukunftswerkstatt Heiligenberg bis zum Stichtag 31. Mai 2023 aus der Bevölkerung 229 Zeichnungsanträge in Höhe von insgesamt 99.800 Euro gewinnen. Nachdem der Gemeinderat zuvor schon signalisiert hatte, diesen Betrag in gleicher Höhe zu ergänzen, sollte es nun in der Ratssitzung, so Lehmann, „zum Schwur kommen“.

Bürgermeister: „historischer Moment“

Der Bürgermeister gab sich als Befürworter dieses Engagements zu erkennen, denn „wir haben in diesem historischen Moment auf absehbare Zeit die letzte Chance, die Versorgungsinfrastruktur der Gemeinde wieder auf stabilere Füße zu stellen.“

Als Eröffnungstermin steht vorsichtig Mai 2024 im Raum

Caroline Ast und Holger Buchholz als UG-Vertreter stellten das Projekt noch einmal in Grundzügen vor. Als besondere Merkmale hoben sie hervor, dass das Laden-Sortiment im Unterschied zu herkömmlichen Supermärkten die regionalen Erzeuger stärken werde und dass „einLaden“ einen gewichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander im Dorf leisten werde. Caroline Ast stellte als Eröffnungstermin vorsichtig den Mai 2024 in den Raum.

Vier Räte verweisen auf finanzielles Risiko

In der Debatte nahmen alle Gemeinderäte die Gelegenheit wahr, ihren jeweiligen Standpunkt darzulegen. Hubert Nadler, Michael Moser, Markus Müller und Martin Duelli als Skeptiker wandten sich vor allem gegen die stattliche Höhe des gemeindlichen Beitrags, denn bei insgesamt knapper werdenden Gemeindefinanzen müssten auch andere wichtige Projekte leistbar bleiben. Moser verwies zudem auf das Risiko, der Einsatz der Gemeindemittel könnte am Ende bei Misserfolg des Projekts verloren gehen. Duelli gab zu bedenken, dass die Belange der Teilorte gegenüber der Kerngemeinde abgehängt werden könnten. Müller wollte sich nur auf einen Mietzuschuss festlegen.

„Die schwierigste Entscheidung, die ich hier je treffen musste“

Maria Morgen bekannte: „Das ist die schwierigste Entscheidung, die ich hier je treffen musste.“ Sie schloss sich aber den Befürwortern an, ebenso wie Florian Kopp, der sich von der am Ende doch überraschenden Höhe der Zahlung geradezu „überrumpelt“ fühlte. Dagegen stellten Torsten Schneider und Dominik Sonntag klar, dass die Anteilszeichnung wie ein rückzahlbares Darlehen zu bewerten sei, mit aus ihrer Sicht eher geringem Risiko.

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Das sah auch Burkhard Haus so: „Ein gewisses Risiko ist da, aber wir müssen in die Zukunft der Gemeinde investieren.“ Sebastian Sailer betonte, dass die Gemeinde ein mögliches Risiko mit den Anteilszeichnern aus allen Ortsteilen teile, und so „können alle gemeinsam zum Gelingen der Laden-Initiative beitragen“. Auch Peter Apfelstädt wertete „die große Bürgerbewegung“ als Auftrag für seine Pro-Entscheidung. Wilfried Jerg machte darauf aufmerksam, dass die Gemeinde auch über die Besetzung des UG-Aufsichtsrates Einfluss auf das Projekt nehmen könne, dem er „gutes Gelingen“ wünschte.

Breites Lob für konstruktive Debatte rund um das Projekt

Kaum ein Ratsmitglied unterließ es, die – bei aller Meinungsverschiedenheit – konstruktive Debattenkultur um das Projekt herum zu loben und den Initiatoren sowie der Bürgerschaft für das Engagement zum Wohle der Gemeinde zu danken. Der Bürgermeister rief dazu auf, den positiven Mehrheitsbeschluss des Rates, den das interessierte Publikum am Ende mit erleichtertem Beifall bedachte, nunmehr allerseits mitzutragen.

So setzt sich die Finanzierung zusammen

Caroline Ast als künftige Geschäftsführerin erläuterte dem Rat die finanziellen Kennzahlen. Der anfängliche Finanzbedarf in Gesamthöhe von 365.000 Euro resultiere aus den Kosten für den Ladenumbau (100.000 Euro), die Inneneinrichtung (165.000 Euro), die Warenerstausstattung (55.000 Euro) und einen Risikopuffer (45.000 Euro). Die Gegenfinanzierung soll durch die Einlagen der Bürger (derzeit rund 100.000 Euro), die Einlage der Gemeinde (rund 100.000 Euro), die bereits zugesagten Mittel aus dem Entwicklungsprogramm ländlicher Raum (60.000 Euro) und einen Sparkassen-Kredit, der die Differenz zum Gesamtbedarf ausgleicht, aufgebracht werden.