Michael Moser (CDU) brachte das zum Ausdruck, was wohl auch die anderen Gemeinderäte in der jüngsten Sitzung dachten: „Man plant zehn Jahre und dann kommt so was raus. Wie ist das möglich?“ Es ging um die Bebauung des Postareals, nahezu ein Jahrhundertprojekt für den Luftkurort. Fünf Gebäude nebst Tiefgarage sollten gebaut werden. Ein Hotel mit Skybar, ein Restaurant, Flächen für Dienstleister und Wohnungen sah die Planung des mehrfach ausgezeichneten Architekten Jörg Aldinger vor. Bauen sollte das Projekt das Unternehmen Betz und Weber Baupartner.

Gutachten: Hang könnte irgendwann ins Rutschen kommen

Doch daraus wird nun vorerst nichts. Achim Zimmermann, Geschäftsführer von Ingeo Consult aus Friedrichshafen, stellte eine aktuelle Baugrunduntersuchung vor, die Träume wie eine Seifenblase zerplatzen ließ. Es bestehe die Möglichkeit, dass der Hang irgendwann ins Rutschen kommen könnte, weil es Verwerfungen gibt. Zimmermann erklärte: „Es können nur die drei oberen Gebäude gebaut werden. Die Tiefgarage und auch ihre Zufahrt sind aber nicht gefährdet.“ Mit einem solchen Ergebnis hatte niemand gerechnet. Eher schon mit einem baldigen Spatenstich.

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Für Bürgermeister Amann ein Meilenstein in der Stadtplanung

„Daraus wird dieses Jahr ganz bestimmt nichts mehr“, stellt Bürgermeister Frank Amann im Gespräch mit dem SÜDKURIER fest, unüberhörbar enttäuscht. Für ihn war das Projekt auf dem Platz des ehemaligen Hotels Post ein Meilenstein in der Stadtplanung. Im Jahr 2009 hatte die Gemeinde 650 000 Euro für das wohl schönste Grundstück im Höhenluftkurort ausgegeben und das alte Hotel im Jahr 2013 abreißen lassen. Im Rahmen einer Bürgerbeteiligung wurden viele Vorstellungen und Ideen diskutiert und ein Bebauungsplan aufgestellt.

Als der Bauantrag für das Postareal eingereicht wurde, wurde eine weitere geologische Untersuchung des Areals fällig – mit ...
Als der Bauantrag für das Postareal eingereicht wurde, wurde eine weitere geologische Untersuchung des Areals fällig – mit niederschmetterndem Ergebnis. | Bild: Mardiros Tavit

Zum Verfahren gehörte auch ein geologisches Gutachten. Fazit: Das Landratsamt sah den Bebauungsplan als genehmigungsfähig an. Es wurde damals jedoch bereits darauf hingewiesen, dass vor der Realisierung des Bauprojektes weitere Untersuchungen nötig seien.

Mit dem Bauantrag wurde eine weitere Baugrunduntersuchung fällig

2018 ging man an die Realisierung des Hotelkonzepts von Aldinger Architekten. Im Juli 2020 wurde beim Landratsamt ein Bauantrag eingereicht. Da wurde die weitere Baugrunduntersuchung fällig, die im März 2021 vorgenommen wurde. Die nun vorgelegten Ergebnisse sind nicht nur für die Gemeinde, sondern auch für Betz und Weber Baupartner sehr unerfreulich.

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Bleibt der Investor dennoch im Boot?

Drei Gebäude statt fünf? Welche Auswirkungen hat das für die Gemeinde? „Für uns stellt sich die Frage, ob der Investor weiterhin im Boot bleibt und auch bei einer abgespeckten Form des Projektes mitmacht“, stellt Bürgermeister Amann fest. Er ist in dieser Frage aber sehr zuversichtlich.

„Das Grundstück befindet sich in einer einmalig schönen Lage am Bodensee und wir setzen uns seit 2017 intensiv damit auseinander. In dieser Zeit haben wir uns auch ein gutes Stück in dieses Projekt verliebt.“
Alexander Weber, Betz und Weber Baupartner

Alexander Weber, geschäftsführender Gesellschafter von Betz und Weber Baupartner, sagt: „Wir haben bisher sehr viel Zeit, Geld und Engagement in dieses Projekt investiert. Das Grundstück befindet sich in einer einmalig schönen Lage am Bodensee und wir setzen uns seit 2017 intensiv damit auseinander. In dieser Zeit haben wir uns auch ein gutes Stück in dieses Projekt verliebt.“ Deshalb sei dieses Projekt nach wie vor für seine Firma interessant und man werde alles daran setzen, so viel wie möglich von der bisherigen Planung zu realisieren.

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Amann: Viel von der Vorarbeit in neue Planung übernehmen

Amann sieht nun neue Herausforderungen für den Architekten. Man könne aber viel von der Vorarbeit in eine neue Planung übernehmen. Vollkommen neu gestaltet werden muss der südliche Teil, für den die Überlinger Planstatt Senner bereits Vorschläge erarbeitet hatte. Dieses Gelände muss von der Gemeinde geplant und gepflegt werden. Jetzt habe man die Möglichkeit, dort doch ein großes Maß an Barrierefreiheit realisieren zu können, was bisher nicht möglich war. Eine Brache oder einen Bürgerpark, wie er gewünscht wird, sieht der Bürgermeister als unrealistisch an. Seine Worte lassen aber darauf schließen, dass es auf jeden Fall weitergehen wird mit der Bauplanung. „Der Bebauungsplan wird nicht angetastet“, betont Amann.

Preis für Grundstück wird es mit Baugenehmigung fällig

Das wäre auch gut für die Gemeindekasse. Schließlich hat man im Jahr 2019 das rund 4500 Quadratmeter große Gelände für 1,25 Millionen Euro an Betz und Weber Baupartner verkauft. Das Unternehmen muss aber erst zahlen, wenn die Baugenehmigung vorliegt.

Attraktive Lage an der Hangkante mit Ausblick: Auf dem Bild ist noch das alte Hotel „Post“ zu sehen, das längst abgerissen ...
Attraktive Lage an der Hangkante mit Ausblick: Auf dem Bild ist noch das alte Hotel „Post“ zu sehen, das längst abgerissen wurde. | Bild: Gemeinde

Einnahmen sollen in Projekt „Neues Soziales Wohnen“ fließen

Die Gemeinde will die Einnahmen aus dem Grundstücksverkauf in das Projekt „Neues Soziales Wohnen“ investieren, das derzeit an der Betenbrunner Straße entsteht. Hier mussten jedoch bereits Zahlungen geleistet werden und dafür fehlte das Geld aus dem Verkauf des Post-Areals. Für Bürgermeister Amann war es eine „glückliche Fügung“, dass sich die Möglichkeit ergab, ein günstiges Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu bekommen, um das „Neue Soziale Wohnen“ zu finanzieren.

Weber: Baubeginn wird sich verschieben

Alexander Weber bestätigt: „Den Grundstückskaufpreis müssen wir bezahlen, sobald wir mit dem Bau beginnen dürfen.“ Aufgrund der nun festgestellten Bodenverhältnisse könne der südwestliche Bereich des Grundstücks nicht bebaut werden. Weber erklärt: „Zwei der fünf geplanten Gebäude sind damit nicht genehmigungsfähig. Wir müssen auf jeden Fall neu planen und somit wird sich der Baubeginn verschieben.“

Bei einer Infoveranstaltung zum geplanten Bauprojekt im Juli 2020 war das Interesse seitens der Bevölkerung war groß. Viele Anwohner ...
Bei einer Infoveranstaltung zum geplanten Bauprojekt im Juli 2020 war das Interesse seitens der Bevölkerung war groß. Viele Anwohner sahen das Projekt auch kritisch. | Bild: Karlheinz Fahlbusch

Bürgermeister: „Manche Anwohner werden zufrieden sein“

Für den Gemeinderat ist das Ganze eine bittere Pille. Peter Apfelstädt (Bürgerliste) fragte: „Was ist jetzt überhaupt noch möglich? Könnte etwas passieren?“ Für Achim Zimmermann, der für die Baugrunduntersuchung zuständig war, war eine Antwort schwierig. Es komme darauf an, was mit den Störzonen im Untergrund passiere. Die Zufahrt zur Tiefgarage sieht er nicht gefährdet. Burkhard Haus (Bürgerliste) meinte: „Vielleicht weist uns die Natur in ihre Schranken.“ Auch er konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. Bürgermeister Frank Amann stellte in der Ratssitzung fest: „Manche Anwohner werden zufrieden sein.“ Denn diese hatten sich teilweise gegen das Projekt ausgesprochen und auch mit rechtlichem Beistand Widersprüche formuliert, in denen die geologische Situation angesprochen wurde.