Der intensive Geruch frischer Farbe hängt in der Luft. Nichts Ungewöhnliches bei einem Neubau, hier schon: Nicht zwei oder drei, sondern sieben Schichten mit einer ganz speziellen Farbe versiegeln die superglatte Oberfläche an den Wänden auf gut 7500 Quadratmetern. "Da bleibt kein Staubkörnchen hängen", erklärt Christopher Hess, Projektleiter bei Airbus für das nagelneue Integrierte Technologie-Zentrum (ITC), das kurz vor der Fertigstellung steht. Denn dessen Herzstück ist der riesige, rund 2000 Quadratmeter große Reinraum, in dem schon in wenigen Wochen acht große Satelliten gleichzeitig montiert werden können – ein Quantensprung für das Unternehmen nicht nur am Standort Immenstaad.

Einmaliges Lüftungssystem in Europa

Am Freitag gab es faktisch letztmalig die Gelegenheit, diese riesige Halle vor der Inbetriebnahme zu präsentieren – nicht nur den Medien und damit der Öffentlichkeit, sondern auch allen interessierten Airbus-Mitarbeitern. "Etwa 1000 haben sich angemeldet, sie kennen das Gebäude auch nur von außen", berichtete Standortleiter Dietmar Pilz, womit etwa die Hälfte der Airbus-Belegschaft in Immenstaad vorbeischauen wollte. In zwei, drei Wochen wird begonnen, die Luft in der Halle stufenweise zu reinigen, bis sie im hinteren Teil die ISO-Norm 5 für Reinräume erfüllt, ansonsten bis zur ISO-Norm 8.

Ausgeklügeltes System

Das ausgeklügelte, in Europa einmalige Lüftungssystem filtert quasi bis auf winzigste Feinstaub-Partikel alles aus der Luft. Mitte September sollen bereits die ersten Satelliten in den neuen Reinraum umziehen, im November ist die offizielle Eröffnung mit Vertretern aus Bundes- und Landespolitik geplant, so Prinz. "Hier können wir neue Generationen von Satelliten bauen", erklärte der Standortleiter die Vorteile der riesigen Halle mit sauberster Luft ohne Trennwände mit einer lichten Höhe bis zu 18 Metern. Deshalb sei diese Investition für rund 43 Millionen Euro nicht nur ein Meilenstein für Airbus, sondern auch für den Standort Immenstaad, dessen Zukunft im Satellitenbau damit gesichert ist.

Auftragsbuch bei Airbus voll

"Wir werden nur wenige Wochen brauchen, bis die neue Halle voll ist, denn das Auftragsbuch ist voll", bestätigte Eckard Settelmeyer, Direktor für Erdbeobachtung, Wissenschaft und Navigation bei Airbus DS in Immenstaad. Zunächst drei Sentinel-Satelliten für die Erdbeobachtung werden hier fertig gebaut, drei große Wettersatelliten der zweiten Metop-Generation, ein Satellit für die Jupiter-Mission Juice und ein Aufklärungs-Radar für militärische Zwecke. Parallel erhofft sich Airbus den Zuschlag für einen Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA, der nächstes Jahr ausgeschrieben wird: den Bau des riesigen, 15 Meter hohen Röntgenteleskops Athena. "Wir sind die Einzigen, die einen so großen Satelliten integrieren können", so Settelmeyer.

Das neue ITC (oben rechts) für rund 43 Millionen Euro sichert nicht nur Airbus, sondern auch dem Standort Immenstaad und damit den ...
Das neue ITC (oben rechts) für rund 43 Millionen Euro sichert nicht nur Airbus, sondern auch dem Standort Immenstaad und damit den Mitarbeitern im Satellitenbau die Zukunft. | Bild: airbus

Mit dem Neubau verfügt Airbus auf dem Betriebsgelände in Immenstaad künftig über enorme Kapazitäten in der Entwicklung und im Bau von Satelliten. Der alte Reinraum direkt neben dem ITC hat zwar schon 30 Jahre auf dem Buckel, ist technologisch etwas "verstaubt" und zu klein für heutige Anforderungen im Satellitenbau. Aber er wird weiter als Reinraum betrieben. Hier können die bisher auf dem Gelände verstreut liegenden Labore konzentriert werden, erklärte der Airbus-Direktor. Das ITC selbst besteht nicht nur aus der Reinraum-Halle, sondern bietet in den Seitenflügeln des vierstöckigen Neubaus weitere 1000 Quadratmeter Fläche für Labore, Büros, Technik, Personen- und Warenschleusen und einen großen Besucherbereich.

Drei Jahre von der Planung bis zur Fertigstellung

Dass der Neubau binnen drei Jahren Planung und Bau punktgenau fertig wird, freut die Airbus-Manager in Anbetracht der Auftragslage umso mehr. Gut eineinhalb Jahre nach dem ersten Spatenstich soll das Gebäude am 17. September in Betrieb gehen.

"Wir werden nur wenige Wochen brauchen, bis die neue Halle voll ist, denn die Auftragsbücher sind voll."

Eckard Settelmeyer, Direktor Erdbeobachtung, Wissenschaft und Navigation bei Airbus DS Immenstaad

Ein Bau mit vielen Superlativen

Von außen sieht das Integrierte Technologiezentrum von Airbus in Immenstaad wie ein normales Gebäude aus. Doch die Technik darin macht es einmalig in Europa.

  • Bauarbeiten: Rund 450 000 Mannstunden Arbeit waren seit Beginn der Tiefgründung des Neubaus auf der Baustelle zu leisten, bis zu 160 Mann täglich waren im Einsatz. Damit das Gebäude die enormen Lasten aufnehmen kann, wurde es auf 230 Bohrpfählen mit einem Durchmesser von 70 bis 90 Zentimeter gegründet, die bis zu 40 Meter in den Erdboden reichen. 1250 Lastwagen fuhren allein den Erdaushub ab. Nur für die Bodenplatte, die bis zu einem Meter dick ist, wurden 4300 Kubikmeter Beton verwendet. Unter der Bodenplatte ist übrigens eine bis zu zwei Millimeter starke Folie vollflächig verlegt und über den Sockel "gezogen", was zu den Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser gehört.
  • Reinraum-Technik: Herzstück ist das in Europa einmalige, ausgeklügelte Lüftungssystem. Allein an der hinteren Wand sind 320 separate Gebläse mit Filtern verbaut, die einzeln steuerbar sind. Pro Stunde werden rund 900 000 Liter Luft in der Halle umgewälzt und so gereinigt. Pro Stunde könnten damit etwa 90 Zeppeline gefüllt werden. Mit dem System wird rund 60 Mal pro Stunde das gesamte Luftvolumen in der Halle ausgetauscht.