Das Treffen beim Druckhaus Zanker hat den Verkehr und dessen Lärmpegel im Kreuzungsbereich B 33/Am Stadtgraben/Gutenbergstraße als Kulisse gehabt. Die Redner nutzten ein Megafon, damit die Teilnehmer die Argumentationen mitverfolgen konnten.
CDU-Stadtrat Alfons Viellieber rief mit ironischem Unterton zu einer Gedenkminute, zu einer Schweigeminute auf, damit die Teilnehmer den Abendverkehr im Kreuzungsbereich auf sich wirken lassen konnten.
Viellieber wandte sich gegen jene drei Kreisräte, die die Südumfahrung stoppen wollen und „demokratisch gefasste Beschlüsse beschießen. Das geht in meinen Augen gar nicht. Also wir haben einen ganz klaren Gemeinderatsbeschluss, einen Kreistagsbeschluss und wir haben einen Bürgerentscheid.“ Alle drei seien rechtskräftig und gültig.
Auch Aussagen, die Situation habe sich verändert, ließ Viellieber nicht gelten: „Es hat sich verändert, dass wir wesentlich mehr Verkehr drauf haben, auf der Straße, seit 2003. Was sich auch verändert hat, das sind die Kosten, das ist richtig. Aber wieso sind die Kosten gestiegen? Weil man jetzt schon 16 Jahre an dieser Südumfahrung rumplant und arbeitet. Es gab ein Gerichtsverfahren, das sauber abgearbeitet ist. Die Straße ist planfestgestellt. Also man könnte bauen. Für einen Privatbauherren heißt das, wir haben eigentlich den Roten Punkt.“

FW-Stadtrat Dietmar Bitzenhofer wandte sich gegen die Parole von Straßenbaugegnern, wer Straßen baue, werde Verkehr ernten: „Die letzten 50 Jahre sind keine Straßen gebaut worden und dennoch ernteten wir Verkehr – und nicht wenig... Wir sehen doch jeden Tag, in welche Situation, in welches Verkehrschaos Markdorf geraten ist und gerät“. Das sei nicht nur entlang der B 33 so, sondern auch an vielen anderen Straßen, die als Schleichwege genutzt werden.
Südumfahrung ist planfestgestellt
Bitzenhofer verwies darauf, dass die Umfahrung planfestgestellt ist. Deren Notwendigkeit werde von den Verkehrsbehörden gesehen. Es gebe einen Zuschuss von 9,5 Millionen von einer Grün-Schwarzen Landesregierung. Die Umfahrung sei durch einen positiven Bürgerentscheid legitimiert. Und: „Für die Verzögerungen und die steigenden Kosten sind nicht die Befürworter verantwortlich. Wir fordern die unverzügliche Umsetzung... Weil wir wissen, wenn jetzt nichts geschieht, geschieht die nächsten Jahrzehnte nichts mehr, nicht nur in Markdorf, sondern auch in Bermatingen nicht.“

Und mit Blick auf den Themenkreis Lkw-Verkehr, Klima, E-Mobilität sagte Bitzenhofer: „Wir sind Menschen und Bürger von heute und auch wir nehmen den Klimawandel genauso ernst. Hier sind wir uns alle einig, dass etwas getan werden muss! Aber eine Umgehungsstraße bringt nicht mehr CO2-Emissionen – eher weniger – nein – sie verteilt beziehungsweise verlagert das Verkehrsaufkommen und bietet dadurch Zukunft für alle Anwohner und für eine Stadtentwicklung, die man auch als solche bezeichnen kann – auch ÖPNV, Rad- und Fußgängerverkehr.“

FDP-Stadtrat Rolf Haas verwies darauf, wie wichtig die Südumfahrung in puncto Stadtentwicklung und für den Wirtschaftsstandort Markdorf ist. „Markdorf braucht eine funktionierende Infrastruktur. Und nur dann überleben auch die Einzelhändler der Stadt. Weil, es macht keinen Spaß, wenn die Leute nicht – ich sag‘ jetzt mal zeitnah – in die Stadt hineinkommen... Kurzum: Wir dürfen diese Sache nicht weiter aussitzen. Und ich erwarte eigentlich auch ein bisschen von unserem Bürgermeister, der ebenfalls im Kreistag Mitglied ist, dass er sich für die Stadt, für das Wohl dieser Stadt einsetzt... Er hat das umzusetzen, was der Bürgerentscheid vor vielen Jahren in die Wege geleitet hat.“
Rainer Zanker, Chef der gleichnamigen Druckerei und Mitglied der Interessengemeinschaft pro Südumfahrung nahm kein Blatt vor den Mund: „Ich bin Anwohner der B 33. Wir leiden unter massivem Lärm, Gestank und Dreck. Wann habe ich zuletzt einmal einen Vogel zwitschern hören? Als die Straße gesperrt war und asphaltiert wurde.“ Seine Forderung an den Kreisrat: „Bleibt dran, baut die Straße.“

Zanker argumentierte drastisch: „Die Planung für die Südumfahrung ist schon so weit. Wenn jetzt der Kreistag wie von manchen gefordert die Planung einstellt, ist das wie ein Schwangerschaftsabbruch im neunten Monat.“

FW-Kreisrat und Bermatingens Bürgermeister Martin Rupp stärkte den Befürwortern der Südumfahrung den Rücken: „Als Vertreter für den Wahlkreis Markdorf kann ich sagen, dass ich als Kreisrat voll umfänglich hinter der Ortsumfahrung Bermatingen und der Südumfahrung Markdorf stehe.“
Rupp weiter: „Und warum sage ich das? Weil beide Maßnahmen für mich zusammengehören.“ Es sei zwar im Rechtsverfahren festgestellt, dass auch die Südumfahrung Markdorf verkehrlich wirksam ist, ohne Ortsumfahrung Bermatingen. „Aber es ist ganz klar, dass sie noch eine bessere Wirkung entfaltet, wenn auch die Ortsumfahrung Bermatingen gebaut ist. Oder umgekehrt: Ohne Südumfahrung Markdorf muss man leider davon ausgehen, dass es mit einer Ortsumfahrung Bermatingen nichts werden wird.“ Deshalb „kämpfen wir hier gemeinsam für eine Verbesserung der Straßeninfrastruktur“. Rupp erklärte, das beide Ortsumfahrungen zum Planfall 7 gehören. „Das wird oft auch mal wieder vergessen. „
Laut Rupp darf es kein Entweder-oder geben. Es werde oft angeführt, dass wenn die B31-neu gebaut ist, brauche es keine Südumfahrung oder Ortsumfahrung Bermatingen mehr. „Nein – von Anfang an – und das gilt auch heute, braucht man beide Straßen. Denn die Verkehre aus dem Salemer Tal, die Richtung Friedrichshafen fahren, sollen künftig nicht mehr durch Markdorf, sondern über die Ortsumfahrung Bermatingen und die Südumfahrung Markdorf Richtung Friedrichshafen geführt werden... Ich kann sie da nur bestärken: Lassen sie nicht nach, so wie heute mit Veranstaltungen dieser Art. Dass man einfach auch sieht, die Markdorfer stehen nach wie vor zur Südumfahrung. Und das würde uns in Bermatingen auch freuen.“

Die Markdorferin Hannelore Schmidt, vom Verkehr auf der B 33 geplagt und die jüngsten Umleitungsstaus durch die Gehrenberg-Stadt noch in lebhafter Erinnerung, berichtete von ihren Erfahrungen: „Wir dürfen keine Fenster offen lassen vor lauter Verkehr. Die Staus im Sommer waren arg.“

Uwe Mertz lebt seit 1995 in Bermatingen und erzählte von seinen Eindrücken: „Ich wohne zwar in der zweiten Reihe, bekomme aber den Lärm, der in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat, täglich mit. Es ist zum Beispiel nicht möglich, bei offenem Fenster die Nacht durchzuschlafen. Der Berufsverkehr fängt extrem früh an. So ab halb fünf, fünf Uhr geht‘s schon los.“

Die Bermatingerin Barbara Dittrich hat einen Verdacht: „Ich nehme an, man hat das so lange rausgezögert, damit die Bürger wieder still wurden und resigniert haben. Wenn das so sein sollte, ist das eine Taktik, die in einer Demokratie nichts zu suchen hat. Man muss für die Anderen kämpfen.“
Laut Auskunft des Sprechers des Landratsamtes Bodenseekreis soll das Thema Südumfahrung Markdorf bei der nächsten öffentlichen Sitzung des Kreistags am 16. Oktober auf der Tagesordnung stehen. Die Verwaltung werde „im Beschlussvorschlag empfehlen, entsprechend der bisherigen Beschlüsse zu diesem Thema den Antrag zum Stopp des Projektes abzulehnen“.
Anfrage zur Umfahrung
In einer parlamentarischen Initiative interessiert sich der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir, welche Haltung die Landesregierung zur Ortsumfahrung Markdorf hat. Dies geht aus einer Mitteilung von Norbert Zeller hervor, er ist Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Rivoir wolle wissen, welche Zusagen hinsichtlich der Ortsumfahrung von Seiten des Landes gegenüber dem Bodenseekreis gemacht wurden. Zudem, wie sich die Prognosen der Entlastungswirkung im Vergleich zum Beginn der Planung bis heute verändert haben. Gleiches werde über die Finanzierung abgefragt und welche Kosten den Beteiligten, Bund, Land, Bodenseekreis und Stadt Markdorf daraus entstehen. Auch fragt Rivoir nach der Veränderung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses der Ortsumfahrung zum derzeitigen Stand gegenüber der ursprünglichen Planung. Und auch, ob „angesichts einer geringeren Entlastungswirkung bei enorm gestiegenen Kosten der Bau der Ortsumfahrung Markdorf weiterhin gerechtfertigt ist“. Deshalb will Rivoir auch wissen, „was die Landesregierung unternehmen wird, um auf den Verzicht des Baus der Ortsumfahrung hinzuwirken“. Rivoir und Zeller sei „bewusst, dass nicht das Land, sondern der Bodenseekreis Bauträger ist“. Laut Rivoir und Zeller gibt es „inzwischen klare Daten von Seiten der Gutachter, wonach das Kosten-Nutzung-Verhältnis sich sehr verschlechtert habe“. Es müsse auch die Landesregierung erklären, ob sie den Bau der Ortsumfahrung inzwischen ebenfalls nicht mehr für verantwortbar halte, auch angesichts der zügigen Fortschreitung der B 31-neu.