Der Haushalt des Spitalfonds Markdorf ist zum Jahresende 2017 komplett aus dem Ruder gelaufen. Bürgermeister Georg Riedmann informierte den Gemeinderat über ein Defizit in Höhe von rund 500 000 Euro. In den vergangenen Jahren hatte der Spitalfonds, eine gemeinnützige Stiftung im Besitz der Stadt, jährliche Verluste zwischen 150 000 und 200 000 Euro eingefahren. Zum Spitalfonds gehören das Altenpflegeheim St. Franziskus, das betreute Seniorenwohnen sowie der Weinbau und der Forst der Stadt. Vor den Stadträten sagte Riedmann, die Höhe des Verlustes sei für die Stadtverwaltung "sehr überraschend" gekommen, die Entwicklung sei "besorgniserregend".
Noch ist unklar, woher konkret der hohe Verlust resultiert. Dies sagte Riedmann am Freitag im Gespräch mit der Redaktion. Das müsse nun gründlich analysiert werden. Fest steht jedoch, dass der größte Teil des Defizites aus dem Betrieb der Altenpflege resultiert. Im Verlauf des Jahres 2017 habe die Verwaltung keine Hinweise von der Spitalfonds-Leitung auf außergewöhnliche negative Entwicklungen bekommen. Man habe aus diesem Grunde auch selbst keine Veranlassung gesehen, mittels Quartalsberichten oder regelmäßigen Abfragen den aktuellen Geschäftsverlauf zu kontrollieren, so Riedmann.
Im Gemeinderat war der Spitalfonds auf der Agenda, weil das Gremium über die Einsetzung eines Interimsmanagements entscheiden musste. Spitalfonds-Geschäftsführerin Kathrin Mutschler ist seit Jahresbeginn im Krankenstand. Es sei nicht von einem kurzfristigen Ausfall auszugehen, heißt es seitens der Verwaltung. Dies und die schwierige finanzielle Lage erfordere den Einsatz einer erfahrenen Geschäftsführung. Einstimmig beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung, den externen Unternehmensberater Thomas Wieler aus Waiblingen, ein Experte im Interimsmanagement in der Altenhilfe, als vorübergehenden Geschäftsführer einzusetzen. Der 62-jährige Betriebswirt soll für zunächst bis zu vier Monate und maximal 40 000 Euro nun nicht nur die Leitung des Spitalfonds übernehmen, sondern zugleich auch sowohl die Vergangenheit aufarbeiten, die Verluste analysieren und eine erste strategische Planung für die Zukunft vorlegen. Ziel, so Riedmann, sei es, "in erster Linie wieder Ruhe in das Haus zu bringen" und den Spitalfonds zumindest zu konsolidieren. Wie es tatsächlich weitergehe und ob der Spitalfonds und damit die Markdorfer Seniorenpflege in dieser Form eine Zukunft hätten, sei derzeit offen, so Riedmann am Freitag gegenüber dem SÜDKURIER.
Auch strukturelle Probleme
Das aktuelle Rekorddefizit ist jedenfalls nicht das einzige Problem, dem sich der Spitalfonds gegenübersieht. Mindestens ebenso gravierend ist sein strukturelles Problem: Im Grunde ist das Altenheim mit seinen 40 Plätzen zu klein, um auch nur halbwegs wirtschaftlich betrieben werden zu können. 2019 wird es aber weitere sechs Plätze verlieren, weil dann eine Novellierung der Heimbauverordnung Doppelzimmer verbietet und die sechs Doppelzimmer von St. Franziskus in Einzelzimmer umgewandelt werden müssen. "Spätestens dann wird sich für uns die Frage stellen, ob wir an einer kritischen Größe angekommen sind, bei der wir den städtischen Betrieb des Altenheims ernsthaft auf den Prüfstand stellen müssen", so Riedmann. Eine alternative Überlegung wäre, das Angebot auf weitere Bereiche wie Hospiz- oder Palliativversorgung auszuweiten und so eine Größe zu erreichen, die einen rentableren Betrieb erwarten lasse. Auch diese Möglichkeit solle von Wieler analysiert werden.
Für eine Ausweitung des Angebots in der Altenpflege spreche laut Riedmann der Umstand, dass der Pflegemarkt in Markdorf durchaus noch Luft nach oben habe. Der Bedarf sei da. Dies hätten auch die Untersuchungen zur Nachnutzung des Rathausareals durch das Stuttgarter Büro Baldauf gezeigt. Das Büro hatte anstelle des Rathauses in zwei Varianten auch Altenpflegeeinrichtungen empfohlen.
Zur Person
Thomas Wieler (62) ist seit 1. März 2018 Interimsgeschäftsführer des Spitalfonds Markdorf. Dies hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen. Wieler ersetzt für zunächst bis zu vier Monate die erkrankte Geschäftsführerin Kathrin Mutschler. Der Betriebswirt ist selbstständiger Unternehmensberater in der Alten- und Jugendhilfe und Interimsgeschäftsführung von Pflege- und Hilfseinrichtungen. Wieler verweist auf rund 20-jährige Führungserfahrung im Betrieb von Einrichtungen in der Altenpflege. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und lebt in Waiblingen. (gup)