Im Wald sterben die Bäume. Und das wird auch in den Hauptstädten bemerkt. Peter Hauk, CDU-Forstminister in Stuttgart, reagierte jüngst mit einem Notfallplan.

Trockenschäden führen dazu, dass die Kronen von außen nach innen absterben.
Trockenschäden führen dazu, dass die Kronen von außen nach innen absterben. | Bild: Jörg Büsche

In Berlin fordert Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, ebenfalls CDU, einen „nationalen Waldgipfel“, um mit den Forstministern der Länder das weitere Vorgehen zu beraten. Klöckler sieht aufgrund der Trockenschäden und des grassierenden Schädlingsbefalls dringenden Handlungsbedarf. Sie fordert „klotzen“, nicht kleckern.

Fällarbeiten von morgens bis abends

Geklotzt wird bereits im Wald am Fuß des Markdorfer Gehrenbergs, und das sogar seit Wochen. „Meine Mitarbeiter fällen von morgens bis abends“, berichtet Stadtförster Jörn Burger. Bei größter Hitze seien sie im Gehölz, ausgestattet mit schwerer Schnittschutzkleidung, Helm und Stiefeln. Der Forstamtsleiter und seine Kollegen haben das Käferholz im Blick.

Sieht schwarz für den Nadelholzbestand am Gehrenberg: Forstmitarbeiter Peter Ummenhofer.
Sieht schwarz für den Nadelholzbestand am Gehrenberg: Forstmitarbeiter Peter Ummenhofer. | Bild: Jörg Büsche

Die Bäume, die vom Buchdrucker befallen sind, der sich in diesen Tagen explosionsartig vermehrt. Bäume, die unter Hitzestress leiden.

Das könnte Sie auch interessieren

Bäume, die sich nicht gegen die Schädlinge wehren können – und deshalb gefällt werden müssen, um anschließend so rasch wie möglich aus dem Wald entfernt zu werden. Bevor die unter der Rinde entwickelnde Buchdrucker-Larven ausfliegen und sich in neue Bäume bohren.

Schadholz türmt sich im Forst

Die sich an manchen Stellen im Markdorfer Forst türmenden Stapel mit Schadholz deuten indes das Problem an. Die Forstunternehmen sind überfordert. In zu vielen Waldstücken herrscht der vom baden-württembergischen Forstminister ausgerufene Notstand.

Braunes Bohrmehl am Stammfuß ist ein untrügliches Anzeichen für einen Käferbefall, erklärt Forstwirt Bernhard Brutsch.
Braunes Bohrmehl am Stammfuß ist ein untrügliches Anzeichen für einen Käferbefall, erklärt Forstwirt Bernhard Brutsch. | Bild: Jörg Büsche

Trotz zeitweiliger Aufhebung des „Kabotageverbots“, das ausländische Holz-Transportunternehmen vom hiesigen Markt ausschließt, trotz veränderter Ladebestimmungen, sind die Kapazitätsgrenzen längst erreicht.

Gefällte Buchen. Sie sind Opfer der Trockenheit geworden.
Gefällte Buchen. Sie sind Opfer der Trockenheit geworden. | Bild: Jörg Büsche

„Der Vollernter ist auch schon weitergezogen“, bedauert Stadtförster Jörn Burger. Er wurde an anderer Stelle dringend gebraucht. „Jetzt sägen meine Leute wieder mit der Hand.“ Sie arbeiten am Anschlag, nehmen auch keinen Urlaub – trotz Ferienzeit. Sie sägen verbissen weiter.

Befall binnen weniger Stunden

Ihren Kampf gegen die Hitzeschäden wissen sie aber schon verloren. „Vor ein paar Wochen noch haben wir geglaubt, noch etwa ausrichten zu können“, erklärt Forstwirt Peter Ummenhofer. Dieser Illusion gäben er und sein Kollege Bernhard Brutsch sich nicht mehr hin.

Forstunternehmer haben derzeit alle Hände voll zu tun, damit das vom Buchdruckerkäfer verseuchte Holz möglichst rasch aus dem Wald kommt.
Forstunternehmer haben derzeit alle Hände voll zu tun, damit das vom Buchdruckerkäfer verseuchte Holz möglichst rasch aus dem Wald kommt. | Bild: Jörg Büsche

„Wir können nichts mehr ausrichten“, erklärt Brutsch und weist auf eine neu geschlagene Lichtung. Am Freitag wurde eine Handvoll Bäume markiert, die gefällt werden sollten, weil sich an ihren Stammfüßen das braune Mehl des Buchdruckers gezeigt hatte.

Trockenschäden an einer Buche.
Trockenschäden an einer Buche. | Bild: Jörg Büsche

Am Montag dann mussten fünf Mal mehr Stämme umgesägt werden. Binnen weniger Stunden waren auch sie Opfer des Schädlings geworden.

„So schlimm war‘s noch nie“

„So schlimm wie in diesem Jahr war‘s noch nie“, sagt Stadtförster Burger. Er klingt resigniert. Und er habe nun auch resigniert. Weil – bei weiter anhaltender trockener Witterung – in diesem Jahr noch mit einer dritten Käfergeneration zu rechnen sei. Die kühlen Maiwochen hätten den Schädling nicht ausbremsen können.

Bohrmehl als Indiz für den Befall durch Schädlinge.
Bohrmehl als Indiz für den Befall durch Schädlinge. | Bild: Jörg Büsche

Zusätzlich verschlimmert werde diese Situation im Wald durch ein weiteres Problem. „Neben den Nadelbäumen und neben der Esche, die uns ja schon seit Jahren wegen ihres Pilzes wegstirbt, werden jetzt auch noch die Buchen krank“, so Stadtförster Burger.

Die Idylle trügt. Die Bäume des Gehrenbergwaldes leiden unter Hitzestress und sterben zum Teil ab.
Die Idylle trügt. Die Bäume des Gehrenbergwaldes leiden unter Hitzestress und sterben zum Teil ab. | Bild: Jörg Büsche

Auch ihnen setze die Trockenheit zu. Im Hitzestress werfe sie Äste. Mithin stelle das eine Gefahr auf Wanderwegen dar.

So schlimm war‘s noch nie, erklärt Stadtförster Jörn Burger.
So schlimm war‘s noch nie, erklärt Stadtförster Jörn Burger. | Bild: Jörg Büsche

„Fit und widerstandsfähig“ will die Bundeslandwirtschaftsministerin die deutschen Wälder wieder machen. Das hatte sie in diesen Tagen angekündigt. Wie das im Markdorfer Wald gelingen könnte, ist Jörn Burger allerdings ein Rätsel.

Holzernte zur Unzeit: Das Käferholz überschwemmt den Markt und drückt die Preise.
Holzernte zur Unzeit: Das Käferholz überschwemmt den Markt und drückt die Preise. | Bild: Jörg Büsche

„Ich weiß ja gar nicht, welche Bäume ich überhaupt noch pflanzen soll, welche Maßnahmen noch geeignet sind, weiteren Schaden abzuwenden.“ Es werde zwar geforscht, doch fehlten noch die verwertbaren Resultate. Unterdessen zeichne sich ein Teufelskreis ab. Der Holzeinschlag schmälere den Wald als grüne Lunge, mehr Licht gelange zum Boden, der Wald heize sich auf.

Derzeit fällen die Forstmitarbeiter unter Hochdruck kranke Bäume. Ihre sonstigen Pflegearbeiten müssen deshalb ruhen.
Derzeit fällen die Forstmitarbeiter unter Hochdruck kranke Bäume. Ihre sonstigen Pflegearbeiten müssen deshalb ruhen. | Bild: Jörg Büsche

Hinzu komme: Die beträchtlich ausgeweiteten Rettungsarbeiten verunmöglichen die Pflege. Den Forstmitarbeitern begegne immer mehr Unmut, weil Waldwege nicht so aussehen, wie sie sollen. Weil den Spaziergängern ein Kahlschlag begegnet, den sie sich nicht erklären können.

Hier leidet die Vegetation.
Hier leidet die Vegetation. | Bild: Jörg Büsche

„Alles in allem ist das für uns im Moment ziemlich frustrierend“, erklärt Forstwirt Bernhard Brutsch – und hofft auf mehr Verständnis. Schließlich hätten die derzeitigen Käferholzarbeiten Priorität.