„Das erinnert eher an Wacken als an einen Fünf-Sterne-Campingplatz“, sagt Claudius Wirth beim Blick auf die vom Schlamm überzogenen Stellflächen. Am Mittwoch hatte ein schweres Unwetter den am Wirthshof-Campingplatz gelegenen Muldenbach über die Ufer treten lassen und zum reißenden Fluss über Teile der Anlage gemacht.
Einen Tag später laufen die Aufräumarbeiten bei Betreiber Claudius Wirth und seinen Campern – zumindest den Dauercampern. Denn die restlichen Stellplätze sind mittlerweile wieder verwaist. Auf 80 Prozent haben vor dem Unwetter am Mittwochmorgen noch Gäste campiert, sagt Claudius Wirth. Diese sind nun abgereist.
Bis zu den Knien im Wasser
Fürs Camping sind die Stellplätze nun erstmal nicht zu gebrauchen. Nur etwa 30 Plätze waren kaum bis gar nicht vom Unwetter betroffen. „Gestern stand ich hier bis zu den Knien in Wasser“, erzählt Claudius Wirth dem SÜDKURIER vor Reihe vier des Campingplatzes. Seine Prognose bezüglich der Schäden klingt wenig zuversichtlich: „Der Betrieb wird für den Rest der Saison wohl nur bedingt möglich sein.“ Der Boden der stark betroffenen Stellplätze muss unter Umständen komplett saniert werden, auch die beim Hochwasser gefluteten Sanitäranlagen sind aktuell nicht nutzbar.
Eine solche Katastrophe hat der 38-Jährige auf dem Campingplatz seiner Familie noch nicht gesehen. Zwar ist der Bach hin und wieder über die Ufer getreten und Teile des Weges hinabgeflossen, „dass es tatsächlich den Platz so flutet, das habe ich noch nicht erlebt“. Umso dankbarer ist Claudius Wirth über den schnellen Einsatz der Feuerwehr Markdorf sowie aller sonstigen Einsatzkräfte, die den Platz am Vortag schnell evakuierten und Schlimmeres verhinderten. Auch Bürgermeister Georg Riedmann ist am Mittwoch noch am Campingplatz gewesen.

Aufräumen wird zur Knochenarbeit
Ein großer Schock war das Hochwasser auch für Hannelore und Dietmar Heuter aus der Nähe von Ulm. Sie sind zwei der vielen Dauercamper, die am Donnerstag selbst anpacken und ihre Vorzelte und Campingwägen aus dem Schlamm freischaufeln müssen. Die Heuters kommen bereits seit 40 Jahren zum Camping nach Markdorf und sie sagen, eine solche Situation haben auch sie noch nie erlebt.

Vom Unwetter haben Hannelore und Dietmar Heuter von ihrer Tochter erfahren. Dann sind sie sofort nach Markdorf gekommen, um beim Aufräumen zu helfen. Obwohl ihr Vorzelt vom Schlamm durchtränkt ist, bleiben die beiden positiv: „Wir sagen immer, das Wichtigste ist, dass keine Menschen zu Schaden kommen.“


Plötzlich kommen die Flutwellen
Sichtbar sind die schweren Folgen des Unwetters nicht nur auf dem Campingplatz. Eine Wiese an der Bergheimer Straße gleicht auch am Donnerstagmorgen noch einem kleinen See. Der Fußgänger- und Fahrradweg steht ebenfalls noch unter Wasser. Am Morgen zuvor stand hier jedoch nicht das Wasser, sondern ein reißender Fluss querte die Straße nach Bergheim, sagt Anwohner Christian Heggelbacher: „Um 8 Uhr morgens ging es los und dann kamen auch schnell die Flutwellen.“

Auf seinem Grundstück gibt es nur Schmutzschäden, berichtet Heggelbacher. Aber er hat auch Felder direkt am Muldenbach verpachtet, sagt er. Und diese seien laut Pächter für den Rest des Jahres nicht mehr zu bewirtschaften. Für die Zukunft wünscht sich Heggelbacher einen besseren Hochwasserschutz. „Die Aufgabe ist nun, dass so etwas nicht nochmal passiert.“ Er sagt, der Bach muss weiter ausgebaggert werden, „sonst beginnt beim nächsten starken Regen das gleiche Spiel von vorne“.
Auch das Wohnzimmer versinkt im Schlamm
Mit welcher Wucht das Hochwasser über das Gebiet im Süden der Stadt hereinbrach, zeigt sich im Gewerbegebiet bei Dirk Kius. Sein Grundstück hat es besonders getroffen. „Unser Grundstück stand circa 30 Zentimeter unter Wasser. Auch in unserer Wohnung war es überall“, sagt Tankanlagenbauer Dirk Kius. Mittlerweile hat Kius im Wohnzimmer und in der Küche Trockner aufgestellt. Der Boden ist zumindest provisorisch geputzt. Schlamm-Reste kleben trotzdem noch auf den Fliesen und an den Möbeln.
Geflutete Wiesen nahe des Muldenbachs sind für Dirk Kius keine Neuheit. Dass das Wasser auch in seiner Wohnung und Werkstatt steht, hingegen schon. „Und das hatte ich auch nicht für möglich gehalten.“ Wie teuer der Schaden für Kius wird, das wird erst ein Gutachter in den kommenden Tagen feststellen können. Der Betrieb beim Tankanlagenbauer kann unterdessen zwar weiterlaufen, für Dirk Kius selbst steht nun aber erstmal das Aufräumen und Putzen des Betriebs und der eigenen vier Wände auf der Prioritätenliste ganz oben.


Hangrutsch und Straßensperre im Deggenhausertal
Auch im Deggenhausertal waren am Mittwoch viele Helfer im Einsatz. „Das Zusammenspiel zwischen Feuerwehr, Bauhof und Straßenmeisterei hat gut funktioniert“, sagt Bürgermeister Fabian Meschenmoser, der sich am Donnerstagvormittag noch mal ein Bild von der Lage gemacht hat.
Schwerpunkte waren Urnau und Roggenbeuren, die Landesstraße zwischen Wittenhofen und Urnau war bis Mittwochabend gesperrt. Mittlerweile ist sie wieder befahrbar. In Roggenbeuren kam es zu einem Hangrutsch. Schäden gibt es beispielsweise auf dem Radweg von Urnau nach Fuchstobel. Hier wurde der Asphalt unterspült und der Weg ist nicht befahrbar bis die Ausbesserungsmaßnahmen abgeschlossen sind.