Noch recken sich nur die vier Masten für das Zirkuszelt auf dem Platz hinter der Firma SAP in die Höhe. Zirkusdirektor Rudolf Rocky Renz trägt anstelle seiner Livree T-Shirt und Arbeitshose. Hinter ihm grasen drei Trampeltiere, zwei Lamas, sechs Araberhengste, ein Irish Tinker und ein Mini-Pony in ihren Gehegen. „Die Tiere kommen immer als erste an, wenn wir an einen neuen Ort ziehen“, sagt Renz, der die Tierdressuren präsentiert. Ebenso wie seine Frau Jaqueline Traber ist Rocky Renz in einer Zirkusfamilie aufgewachsen und kann auf eine Tradition bis ins Jahr 1842 zurückblicken. „Wenn man einmal Sägespäne in den Schuhen hat, bekommt man sie nicht mehr raus“, scherzt der 39-Jährige, der seit seinem fünften Lebensjahr in der Manege steht.

Mit Töchterchen Jayda wachse bereits die nächste Generation heran. Mit ihren fünf Jahren lasse sie es sich nicht nehmen das Mini-Pony Chico in die Manege zu führen. Und die kleine Zirkusprinzessin sei auch beim Finale dabei. „Man wächst rein. Für mich hat sich gar nie die Frage gestellt, was ich einmal werden möchte“, erinnert sich Renz an seine Kindheit, in der er immer die Schule des Orts besuchte, an dem der Zirkus gerade gastierte. „Für mich war das ganz normal, ich kannte es ja nicht anders.“

Jayda ist mit ihren fünf Jahren das jüngste Mitglied der Familie Renz. Sie lässt es sich nicht nehmen, Mini-Pony Chico bei den ...
Jayda ist mit ihren fünf Jahren das jüngste Mitglied der Familie Renz. Sie lässt es sich nicht nehmen, Mini-Pony Chico bei den Vorführungen in die Manege zu führen. | Bild: Claudia Wörner

„Es ist kein ganz leichtes Leben“

Der Zirkus besteht für das Publikum aus den Vorführungen der Artisten und Clowns sowie den Tierdarbietungen. „Für uns macht die Show keine fünf Prozent der Arbeit aus“, berichtet Renz. Bevor sich der Vorhang hebt, sind viele Herausforderungen zu meistern. Der Tross muss von A nach B, die Tiere wollen gepflegt sein, ihr Futter beschafft, das Zelt auf- und abgebaut, der Fuhrpark organisiert und Strom und Wasser sollen auch funktionieren.

Zirkusdirektor Rudolf Rocky Renz hat immer alle Hände voll zu tun: Die Vorführungen in der Manege machen nur fünf Prozent seiner Arbeit aus.
Zirkusdirektor Rudolf Rocky Renz hat immer alle Hände voll zu tun: Die Vorführungen in der Manege machen nur fünf Prozent seiner Arbeit aus. | Bild: Claudia Wörner

Auch Büro, Verwaltung, die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Verordnungen der Tourneestandorte und Werbung brauchen Zeit. „Es gibt wirklich immer etwas zu tun und es ist kein ganz leichtes Leben“, sagt Renz. Mit das Wichtigste sei deshalb Flexibilität und dass man sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lasse.

Kein Wochenende oder Feiertage

Der Personalmangel habe sich eher noch verschärft. „Für den Auf- und Abbau bekommt man so gut wie keine Leute“, bedauert Renz. Allein schon wegen der Tiere gebe es beim Zirkus weder Wochenende noch Feiertage. „Und da müssen die Leute einigermaßen mitziehen und für das Zirkusleben ein Faible haben.“ Manche Arbeiten erledige er inzwischen lieber selbst oder setze auf Technik anstelle von Muskelkraft. So würden sich die Eisenpfähle des Zelts mit Hilfe des neuen Miniradladers samt Hydraulik-Hammer schnell in den Boden rammen lassen. „Das ist eine enorme Arbeitserleichterung und man brauch weniger Manpower“, so der Zirkusdirektor.

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Aktuell sind mit dem Circus Rudolf Renz sieben Artisten unterwegs. Sie zeigen ihr Können am Schwungtrapez, Körperbeherrschung und Eleganz bei Balance-Kunststücken. Außerdem bringen sie als Clowns das Publikum zum Lachen. Aber auch sie müssen außerhalb der Manege mit anpacken, damit der Betrieb läuft. „Es geht nicht, dass einer nur eine Sache macht“, stellt Renz klar. Auch die Artisten seien in der Realität angekommen, indem sie beim Zeltaufbau und bei der Versorgung der Tiere helfen. Dafür stellt Renz bei Bedarf schon mal einen Wohnwagen zur Verfügung, wie beispielsweise für ein Artistenpaar aus der Ukraine.

Er hat gute Erinnerungen an Markdorf

Nach der zweijährigen Corona-Zwangspause sei die Saison 2022 relativ gut gewesen, berichtet Renz. „Mit den gestiegenen Energiepreisen und der Inflation haben die Leute aktuell aber weniger Geld im Porte­mon­naie und das merken wir.“ An die Vorführungen in Markdorf im vergangenen Jahr hat der Zirkusdirektor gute Erinnerungen.

Dressur mit Araberhengsten: Wenn sich das Publikum freut und applaudiert, hat sich für Zirkusdirektor Rudolf Rocky Renz die Arbeit ...
Dressur mit Araberhengsten: Wenn sich das Publikum freut und applaudiert, hat sich für Zirkusdirektor Rudolf Rocky Renz die Arbeit gelohnt. Archivbild | Bild: Gerd Leutenecker

„Viele haben schon per WhatsApp geschrieben, dass sie sich auf uns freuen.“ Alles andere als selbstverständlich sei, dass der Zirkus das Gelände im Gewerbegebiet Riedwiesen umsonst zur Verfügung gestellt bekomme. „Normalerweise sind Plätze für den Zirkus Mangelware und für manche müssen wir 2000 oder 3000 Euro bezahlen“, schildert Renz. In Markdorf habe eine Kaution genügt.

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Keine Gedanken ans Aufhören

Trotz aller Herausforderungen sei Aufhören für Renz und seine Familie keine Option. Wenn es in einer Stadt gut laufe, gebe das wieder Motivation, um weiterzumachen. „Es gab schon immer Höhen und Tiefen“, betont der Zirkusdirektor. Die größte Freude sei, wenn die Leute kommen und applaudieren.