„So viele Baustellen auf einmal!“, stöhnt Joachim Kästle aus Stetten, Er hat lange Zeit in Markdorf gewohnt. „Mich würde das gewaltig stören“, erklärt er, während er vor dem Café sitzt – und dem Geschehen auf der Baustelle zuschaut. Am Nachbartisch unterhalten sich zwei junge Frauen. Der Baustellenlärm scheint sie nicht weiter zu beeindrucken.

Zu viele Baustellen auf einmal?
Beatrice Strauch wirkt ratlos. „Mir fällt nichts mehr ein“, antwortet die Inhaberin von Strauch Parfümerie und Fotografie auf die Frage, was ihr zu den Pflasterarbeiten vor ihrem Geschäft sage. Dabei klingt sie keineswegs verärgert, allenfalls verwundert. „Ich finde es ausgesprochen schade“, sagt sie, „dass so viel gleichzeitig gemacht wird.“ Der Weg in die Stadt werde den Autofahrern erschwert. Auf den ersten Blick begegnen einem überall Absperrungen und Bauzäune, Kräne, schweres Gerät und Umleitungsschilder.

„Die Hauptstraße ist auf Höhe Volksbank ganz zu, der Stadtgraben ebenfalls teilweise und hier, in der Marktstraße, ist das Durchkommen für Fußgänger und Radfahrer richtig mühsam.“ Hinzu komme, dass seit den Bauarbeiten an Markttagen der Marktplatz als Parkplatz fortfällt. Denn seither schlagen die Markthändler dort ihre Stände auf. Sie mache sich schon Sorgen, die Kunden könnten Markdorf wegen der andauernden Verkehrsprobleme und der leidigen Parkplatzsuche frustriert den Rücken kehren, sagt die Händlerin.
Wie reagieren die Marktkunden?
Ähnliche Sorgen machen sich auch Bernhard Schupp und Alf Meuser. Beide bauen jeden Donnerstag ihre Wochenmarkt-Stände beim Hexenturm auf. Und beide Markthändler dürfen dort bleiben, weil dort keine Pflasterarbeiten anfallen. Dort werden ihre Stammkunden sie also auch weiterhin finden.

Neue Kunden aber werden sie kaum hinzu gewinnen, vermutet Schupp. „Wir sind schon etwas abgeschnitten hier, wenn sich das Hauptgeschehen des Wochenmarktes nach oben auf den Marktplatz verlagert.“ Eine so einschneidende Trennung sei schlecht, findet auch Alf Meuser. „Ein Wochenmarkt lebt davon, dass er einen organischen Zusammenhang bildet.“

Gastronomen bleiben gelassen
Gastwirt Markus Wiggenhauser sieht den nächsten Monaten hingegen eher gelassen entgegen. „Wir sind eigentlich kaum betroffen, wenn die Baustelle uns in einigen Wochen erreicht, ist für uns die Saison sowieso schon vorbei“, erklärt der Inhaber des Restaurants „Lichtblick“. Ganz ähnlich sieht es auch Irina Petri, die Inhaberin des Café Harmony. Beim Beginn der Pflasterarbeiten vor ihrem Café dürfte es bereits zu kalt sein, um Kaffee oder Tee draußen zu genießen. Und die Erreichbarkeit der Geschäfte und Gastronomiebetriebe in Markdorfs Altstadtachse sei ja fest versprochen, sagt sie. Überhaupt, so lobt die Café-Betreiberin die Stadtverwaltung, seien die Geschäftsleute frühzeitig informiert worden. „Man hat uns zum Gespräch eingeladen.“

Ihr Eindruck sei, „dass auch auf unsere Vorschläge gehört wurde.“ Zusätzliche Hinweisschilder kamen. Stadtmarketing-Leiterin Barbara Bücken informierte die Öffentlichkeit, ließ Händler und Gastronomen mit Bauarbeiterhelm und in Bauarbeiterweste posieren. Kernbotschaft: Der Weg bleibt frei – für Fußgänger, Kinderwagen, Rollis und auch für Rollatoren.

„Die Arbeiten stören mich nicht wirklich, die Saison geht dem Ende zu“, sagt der Fahrradhändler Honar Naser. In der kalten Jahreszeit brauche er nicht den Platz vor seinem Geschäft, um Velos aus- oder abzustellen. Auch würden sich wesentlich weniger Kunden einstellen als im Frühling oder Sommer. „Ich habe auch kaum Laufkundschaft“, ergänzt Naser. Seine Räder und sein Reparaturservice würden empfohlen oder übers Internet gefunden. Wer kommt, komme gezielt.

Wenn die Arbeiter kommen, geht es in den Urlaub
„Wir sind noch da“, erklärt auch Marion Schweizer. Die Frage sei nur, „wie lange noch.“ Denn wenn die Pflasterarbeiten ihr Geschäft „des & sell“ tangiert, dann werden sie eine Weile schließen und endlich in den Urlaub fahren. Sie hätten sich von Anfang an deutlichere Hinweise gewünscht, sagen sie und ihr Mann Helmut. Darauf, dass hinter dem Bauzaun die Geschäftswelt noch weiter geht. Dass dort Läden offen stehen und auf Kunden warten. Auch wenn sich das unter den Markdorfern selbst herumspreche: „Leute von auswärts denken doch, hier ist nicht los“, vermutet Marion Schweizer. Andererseits sehe sie auch: „Wenn alles fertig ist, werden wir es hier viel schöner haben.“

Eiscafé wird auch im Oktober noch geöffnet haben
„Wir sind da“, sagt Patricia Manarin. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Luca betreibt sie das Eiscafé Zoldana am Eingang zur Marktstraße. Ihr „Wir sind da“ bezieht sich auch auf das Kindertheaterfestival Mitte Oktober. „Eigentlich wollten wir dann schon geschlossen haben“, erklärt Luca Manarin, „doch bei so einem Event für Kinder gehört leckeres Eis einfach dazu.“ Das „Wir sind da“ der Manarins bezieht sich aber auch auf die Situation in der Hauptstraße. Es habe etwas gebraucht, bis Hinweisschilder deutlich machten, dass das Geschäftsleben neben den Pflasterarbeiten weiter lief. Allerdings konnte das Eiscafé vor seiner Türe viel weniger Stühle aufstellen. Lagerte da doch das Material für die Pflasterarbeiten. Wenig glücklich sind die beiden Eiscafé-Inhaber auch darüber, dass die Arbeiten vor ihrem Geschäft später begonnen haben, als sie erwartet hatten. „Erst wurde der Rathausvorplatz hergerichtet“, erklärt Luca Manarin. „Wir haben nicht gewusst, wann es bei uns losgeht und unsere Kunden wussten nicht, ob wir da sind“, beschreibt Patricia Manarin die erste Baustellen-Phase.