Helmut Hornstein, Monika Gehweiler und Barbara Bücken haben an diesem Abend im Stadtbauamt keinen leichten Stand. Der von der Stadt engagierte Innenstadt-Planer, die Bauamtsleiterin und die Marketingchefin empfangen ein halbes Dutzend Altstadthändler, um sie über die nächsten Schritte der Pflastersanierung in der Marktstraße zu informieren. Ein Termin, den die Händler eingefordert hatten.

Die Nerven liegen blank
Die Stimmung ist schnell aufgeheizt. Bei manchen Händlern liegen die Nerven spürbar blank. Für sie ist die langgezogene Baustelle direkt vor ihrer Ladentür eine Katastrophe. Andere hingegen bleiben sachlich, sind aber deswegen nicht weniger fordernd gegenüber dem Rathausteam. Das soll etwas schaffen, das der Quadratur des Kreises gleicht: Eine reibungslose, zügige Baustelle, die schnell und perfekt arbeitet und zugleich dafür sorgt, dass der Einzelhandel möglichst nicht beeinträchtigt wird. Das ist nicht zu schaffen.

Die Realität sieht anders aus: Natürlich ist der Einzelhandel massiv beeinträchtigt. Doch daran sind nicht die Bauarbeiten schuld, sondern die beengte Situation in der Marktstraße, die eben halt bis fast an die Ladentüren aufgerissen werden muss.
Auch die Händler loben die Baufirma
Dass die Baufirma Dietz tatsächlich sehr zügig unterwegs ist, einen tollen Bauleiter hat, der sich sehr um sie kümmere und dass die Bauarbeiter rücksichtsvoll arbeiten, sagen an diesem Abend alle Händler unisono. Daran liegt es also nicht. Es liegt schlicht daran, dass Bauarbeiten per se Einschränkungen mit sich bringen.

Untertor wird ab Montag gesperrt
Als zur Sprache kommt, dass das Untertor wegen der Pflasterarbeiten im Durchgang für fünf Tage komplett gesperrt werden muss, schlagen die Emotionen hoch. Vom kommenden Montag, 31. März, bis einschließlich Freitag, 5. April, wird das Untertor tagsüber gesperrt sein. Ab 17 Uhr, nach dem Ende der Bauarbeiten, soll bis zum anderen Morgen ein Durchgang geöffnet werden, allerdings nur so breit, dass nur eine Person Platz hat. Ihn so aufzuweiten, dass auch Radfahrer oder Personen mit Rollatoren durchpassen, sei nicht möglich, antwortet Hornstein auf die Forderungen der Händler. Das Restaurant Untertor wird jedoch wie gewohnt ab 17 Uhr geöffnet haben, der Zugang ist ab dann ja ermöglicht.
Buchhändler fürchten ums Ostergeschäft
Ähnliche Engpässe wird es bis Ende April/Anfang Mai immer wieder geben. Das kündigen Hornstein und Gehweiler an. Betroffen sein wird auch die Buchhandlung Ravensbuch. Sie wird für einige Tage zumindest nur erschwert zugänglich sein. Dort fürchtet man deswegen ums Ostergeschäft. Dies sei neben dem Weihnachtsgeschäft die umsatzstärkste Zeit des Jahres, heißt es. Hornstein und Gehweiler kommen den Buchhändlern entgegen, indem sie zusichern, dass jene Arbeiten, für die der Laden hätte geschlossen werden müssen, nun frühmorgens vor Beginn der Öffnungszeiten bewerkstelligt werden.

Am härtesten trifft es die Eisdiele Zoldana
Am härtesten trifft es vermutlich die Gelateria Zoldana am oberen Ende der Marktstraße. Dort ist tagsüber direkt vor den Tischen im Außenbereich Baustellenverkehr und am Wochenende werden die Baustellenfahrzeuge direkt vor dem Café abgestellt.

Luca und Patrizia Manarin, die Inhaber, sind verzweifelt. Zumal nun auch die Sanierungsarbeiten am Hexenturm beginnen, die bis zum Herbst andauern und die dann auch noch die Terrasse auf der Rückseite des Cafés beschallen werden. Bereits in der kommenden Woche soll der Hexenturm eingerüstet werden. Der Parkplatz dort wird vom Dienstag an für eine Woche komplett gesperrt werden.
Ob man denn nicht wenigstens die Baufahrzeuge an den Wochenenden anderswo abstellen könnte, fragt Luca Manarin und schlägt den Platz am Hexenturm oder den Marktplatz vor. Hornstein und Gehweiler sichern zu, das prüfen zu lassen. Der Marktplatz sei eben ein öffentlicher Parkplatz, gibt Hornstein zu bedenken: „Das dürfte schwierig werden.“ Als Alternative soll auch der Parkplatz am Stadtgraben hinter dem „Schwanenstüble“ geprüft werden. „Wir wollen das Gerödel am Eiscafé aber schon noch reduzieren“, verspricht der Überlinger Stadtplaner.


Irina Petri vom Café Harmony wiederum befürchtet, dass ihre Kunden nicht mehr ins Geschäft finden, wenn das Untertor in der nächsten Woche gesperrt ist. Sie wünscht sich einen großen Lageplan am Untertor. Eine Forderung, die die Akteure etwas ratlos zurücklässt. Eigentlich müsse man den Menschen auch etwas zutrauen und eigentlich seien es auch nur wenige Ecken, die man weiter gehen müsse, merkt Gehweiler an. „Wie viele Auswärtige kommen denn in Ihr Café?“, fragt Bücken: „Die Einheimischen kennen sich ja aus.“

Bauamtsleiterin: Wir versuchen entgegenzukommen, wo es geht
Marion und Helmut Schweizer vom „des & sell“ greifen das Rathaus-Trio am heftigsten an. Marion Schweizer kritisiert eine aus ihrer Sicht mangelnde Kommunikation und dass die Stadt nicht genügend unternehme, die Händler vor ihren schmerzhaften Umsatzeinbrüchen zu schützen.

Das wollen Gehweiler und Bücken so nicht stehen lassen. Man habe von Beginn an versucht, den Händlern entgegenzukommen und die Planung so verträglich als möglich zu gestalten, betonen beide. Die perfekte Lösung gebe es aber nicht. „Eine Baustelle ist nun mal eine Baustelle“, entgegnet Gehweiler. Zudem seien die Belastungen ja nur noch von kurzer Dauer: „Wenn alles weiter so gut läuft, müssen wir in vier Wochen über nichts mehr diskutieren.“