Endlich! Selten hat es so viel Spaß gemacht, Abfall wegzubringen, Geschirr zu spülen oder die Hecke zu schneiden – wenn es denn beim Campen ist. Das ist seit wenigen Tagen wieder erlaubt. Seit Pfingstsonntag bimmeln die Telefone an der Rezeption des Campingplatzes Wirthshof in Steibensteg ohne Unterlass und nur wenige Grünplätze zwischen den Buchenhecken sind noch verwaist; ab nächster Woche ist fast alles ausgebucht, berichtet Lenka Wirth von der Rezeptions- und Personalleitung.
Mehr Buchungen als in den vergangenen Jahren
Sage und schreibe 500 Anfragen täglich trudeln im Wirthshof ein. „In den Ferienzeiten sind wir bis Ende September sehr gut gebucht, mehr als in den vergangenen Jahren“, sagt Lenka Wirth. Auch die Plätze in der Nebensaison zwischen den Ferien sind voll.

Seit Sonntag gehe es nicht nur wegen der Anmeldungen drunter und drüber, auch die Voraussetzungen für die Öffnung nehmen Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch: Nur 15 Personen dürfen gleichzeitig im Freibad ihre Runden drehen, nur zwei Familien zur selben Zeit in der Spielhalle toben, die Gäste müssen alle drei Tage getestet und das alles überprüft werden. Das heißt schon bei der Anmeldung Impfpass oder Testergebnis vorlegen lassen und informieren.
Campingplatz bietet eigene Teststation für Gäste an
Hinzu kam noch der Aufbau einer eigenen Teststelle: Die Camping- und Hotelgäste können sich vor Ort testen lassen, damit sie die Ausflugsziele und Lokale in der Region besuchen dürfen. Alle Mitarbeiter mussten geschult werden. Die Tests sind für die Gäste kostenlos. „Da wir mit allem von Null auf 100 hochfahren, ist es sehr viel. Trotzdem sind wir sehr motiviert und freuen uns, dass wir nach so langer Zeit wieder arbeiten dürfen“, sagt Lenka Wirth.

Über die Öffnung freut sich auch Familie Kussinger aus Remshalden, bei Stuttgart. Seit 2007 ist sie Dauercamper. Zwar konnte sie vergangenes Jahr noch zu Pfingsten und in den Sommerferien ihren Wohnwagen bewohnen, musste aber an Ostern 2020 und 2021 zu Hause bleiben.
„Endlich mal wieder was anderes, Freiheit.“Sabine Kussinger, Dauercamperin
Für die Gäste kommt Lebensgefühl zurück
Die Freiheit sei ihnen zwar nicht genommen worden, aber man sei etwas eingeschränkt gewesen, vor allem was Urlaub und Freizeitaktivitäten betraf; bestimmte Sportarten konnte man nicht ausüben. „Jetzt ist es einfach wieder schön, eine Erleichterung, es fühlt sich wieder normal an, essen zu gehen und Urlaub zu machen, sagt Sabine Kussinger.

„Und man hat wieder Lust, etwas zu erleben“, fügt Tochter Stefanie hinzu, während Marco Kussinger meint: „Ein Stückweit Lebensgefühl kommt zurück.“ Tests benötigen die drei nicht. Stefanie Kussinger ist als Erzieherin geimpft, die Eltern an Corona genesen.
Vorfreude bei den Kindern auf Spielplatz und Schwimmbad
„Es ist so schön, man kann endlich wieder raus und abschalten“, freut sich Tiffany Ummenhofer aus Villingen, die mit ihren drei Kindern die Zeit auf dem Platz genießt, während ihr Mann so schnell nicht freibekommen konnte und nach dem Wochenende wieder arbeiten muss.
„Hier fühlt es sich nicht so wie Corona an, weil man draußen ohne Mundschutz spielen darf“, sagt der 12-jährige Tobias, der wie alle anderen Familienmitglieder getestet ist. Seine Schwester Hannah, 9, hatte sogar die ungeliebte Fahrt mit dem Auto in Kauf genommen – aus Vorfreude auf den Spielplatz und die Spielscheune und – wenn das Wetter wieder warm wird – aufs Schwimmbad.

Ganz unbeschwert ist der Urlaub nicht, wegen des Organisationsaufwands wie beim Testen, so die 39-jährige Mutter, doch das nehme sie gern in Kauf. „Da ist das eine, was man will, und das andere, das man muss. Wenn ich etwas will, muss ich auch etwas dafür tun“, zitiert sie ihre Mutter. Die zwei Teststationen in Markdorf seien sehr schnell ausgebucht gewesen, da kommt ihr die neue Teststelle im Wirthshof gerade zupass. Da nicht so viele Familien spontan Urlaub machen konnten, konnten sie diese Woche sogar noch zwei Tage anhängen.

Ehepaar Kazmaier erkundet die Region per Rad
Albert Kazmaier aus Schlaitdorf ist gerade dabei die Winterabsicherung fürs Vorzelt abzubauen und auf Sommerbetrieb umzustellen. Sobald das Wetter wieder etwas besser wird, werden er und seine Frau Renate sich auf die Räder schwingen. Sie mögen ihren Dauerstellplatz auf dem Wirthshof, den sie seit rund zehn Jahren haben, weil viele Ausflugsziele mit kurzen Wegen zu erreichen seien.
„Wir radeln oder wandern zum Höchsten, zum Gehren- oder Affenberg und nutzen die Zeit“, nennen sie einige Ziele. „Wir sitzen nicht stundenlang vor dem Wohnwagen, sondern sind sehr aktiv“, so Renate Kazmaier und lächelt, als ihr Mann augenzwinkernd hinzufügt: „Wir sind Hochleistungsrentner.“

In Coronazeiten waren sie nur einmal auf dem Campingplatz, um nach dem Rechten zu sehen. Was sie empfinden? „Freiheit“, sagt sie und er spricht von einem „tollen Gefühl“. „Wir konnten als Rentner viel machen, aber jetzt ist man mal weg von zu Hause und das ist was ganz anderes.“ Sie freuen sich, mit dem Rad einen Biergarten oder ein Café anzusteuern und, wenn sie wieder zu Hause sind auf Treffen mit der Familie, Freunden und Bekannten. Obwohl beide durchgeimpft sind, hatten sie sich sicherheitshalber testen lassen.
Drei Generationen machen an Pfingsten gemeinsam Urlaub
Glück hatten die drei Familien Müller und Braun aus Thalheim bei Sigmaringen. Immer an Pfingsten steuern die drei Generationen mit ihren Wohnwagen ein gemeinsames Ziel an und sind froh darüber, „immer den richtigen Zeitpunkt erwischt zu haben“, so Egon Müller, der bereits an Weihnachten gebucht hatte und die Anfahrt lediglich um zwei Tage verschieben musste. Die paar Einschränkungen nehmen sie in Kauf: „Die Animation fällt weg, in die Spielscheuer dürfen nur zwei Familien gleichzeitig“, sagt Nicole Braun und auch die Einkaufsmöglichkeiten seien begrenzt, so Egon Müller.


Für den Affenberg und den Haustierhof Reutemühle benötige man Tests, aber die Testcenter seien alle ausgebucht gewesen, sagt Anne Müller und freut sich nun über das aktuelle Testangebot im Wirthshof. „Da sind wir schon angemeldet.“ Nicole Braun definiert den Campingurlaub: „Man steht auf, guckt sich das Wetter an und entscheidet spontan, was man unternehmen möchte. Jetzt muss man alles planen.“ Das nehmen sie aber gern in Kauf. „Wir machen das Beste draus“, so Egon Müller.