Als Lehrer im Unruhestand hatte ihn Kirchenmaus Conny Rick angekündigt. Doch da bei Pensionär Manfred Weiss weder an Ruh noch an Schlaf zu denken ist, denkt er in der Nacht an Markdorf. Was aber auch für den Tag gilt. Wenn Weiss auf Fitzenweiler schaut, erblickt er dort „Glaspaläste für Reiche wachsen“, wo einst Hüttlein am Waldesrand standen. Und Ruh‘ sei da keine über den Wipfeln. Muss doch der Stadtförster Bäume fällen, um mit dem Ertrag die Löcher in der Stadtkasse zu stopfen. Willkommen beim Dreckkübelgschwätz in der Stadthalle!

Manfred Weiß gehört als passionierter Lehrer zu den alten Hasen im Dreckkübel.
Manfred Weiß gehört als passionierter Lehrer zu den alten Hasen im Dreckkübel. | Bild: Lang, Andreas
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Fluglotsenstreik im Pfarrhaus

Pfarrer Ulrich Hund hat über das angedachte Hotel beim Bahnhof mokiert. In der Tracht orientalischer Teppichpiloten war der Geistliche in den Dreckkübel gestiegen. Sein fliegendes Textil hatte ihm zuvor den Dienst verweigert. Vielleicht, weil das Redemanuskript zu schwer war. Gedankenschwere sei ihm begegnet, „Wenn ich ein paar Worte mit Hauptamtsleiter Schiele wechseln wollt.“ Detailverliebt und ausführlich „schweben dessen Gedanken zu Themen aus jeder Epoche – über den Wolken“, verriet Hund kein Beichtgeheimis. Viel zu groß, was in Bahnhofsnähe wachsen soll. Das neue Hotel, das „Moxy“. Ein rechter „Wolkenkratzer“, vermeldete Hund.

Pfarrer Ulrich Hund ist mit seinem fliegenden Teppich unterwegs. Einziges Manko, er fliegt nicht. Ob es am Gewicht des Geistlichen ...
Pfarrer Ulrich Hund ist mit seinem fliegenden Teppich unterwegs. Einziges Manko, er fliegt nicht. Ob es am Gewicht des Geistlichen liegt, ist ungewiss. | Bild: Lang, Andreas
Zunftmeisterin Birgit Beck schlägt ernstere Töne an, gesanglich begleitet wird sie vom Quartett (von links): Martin Lenzer, Hardy Frick, ...
Zunftmeisterin Birgit Beck schlägt ernstere Töne an, gesanglich begleitet wird sie vom Quartett (von links): Martin Lenzer, Hardy Frick, Norbert Klöck und Stefan Nuding. | Bild: Lang, Andreas

Wohin mit den Scootern?

Laut gellend fuhr die Kirchenmaus, Cornelia Rick, in den Saal ein. Ihr Gefährt, den Roller, ließ sie gleich fallen. „Das geht aber gar nicht“, verwies sie Obertormaus Nicola Benz solche Achtlosigkeit. Der Kirchenmausroller stand vielen E-Scooter in Markdorf. Die angekündigt waren, nun aber ausfallen, weil sich keiner findet, der sie wartet. Die Stadt hat ein Verkehrsproblem – und die Verwaltung ein Kommunikationsproblem, befanden die drei Mäuse. Stadtmaus Annika Rössler wollte es lösen: „Dem Schultes deutliche Worte sagen“, vor allem aber mit der Pfote auf den Tisch hauen. Woraus ein putziges Mausepfötchenwinken wurde. „Hallo! Keine Zeit? Ach, das macht nichts – schönen Abend und Adele!“ winkte die Stadtmaus dem Bürgermeister.

Stadtmaus Annika Rössler, Obertormaus Nici Benz und Kirchenmaus Conny Rick plauderten aus dem Nähkästchen, was in ihren Behausungen so ...
Stadtmaus Annika Rössler, Obertormaus Nici Benz und Kirchenmaus Conny Rick plauderten aus dem Nähkästchen, was in ihren Behausungen so alles geschieht. | Bild: Lang, Andreas
Stadtmaus Annika Rössler möchte Bürgermeister Georg Riedmann mal so richtig die Meinung geigen, aber sie findet dabei keinerlei ...
Stadtmaus Annika Rössler möchte Bürgermeister Georg Riedmann mal so richtig die Meinung geigen, aber sie findet dabei keinerlei Beachtung vom Stadtoberhaupt. | Bild: Lang, Andreas

Halle hin, Halle her – Hauptsache geschunkelt

Ziemlich weit vorn saß der Bürgermeister, so wie der übrige hohe Besuch – die Landtagsabgeordneten Klaus Hoher und Martin Hahn sowie Landrat Lothar Wölfle. Die Prominenz sitze im Trockenen. „Tropfen tut‘s dort hinten“, bemängelte Zunftmeisterin Birgit Beck. „Wir brauen dringen eine neue Halle“, war denn ihr Wunsch. Applaus aber auch fürs Lob der vermeintlich „angestaubten“ Stadthalle: zum Beispiel Manfred Weiss oder von Christian Amann, der den Hausmeister mit französischem Akzent gab.

Über 200 Besucher lassen sich das beliebte Dreckkübelgeschwätz in der Stadthalle als Abschlussball der Fasnet 2023 nicht entgehen.
Über 200 Besucher lassen sich das beliebte Dreckkübelgeschwätz in der Stadthalle als Abschlussball der Fasnet 2023 nicht entgehen. | Bild: Lang, Andreas
Einer der Höhepunkte des Abends: Als Franzose und Rathaushausmeister Christian Amann findet es unter anderem nicht nett, dass der ...
Einer der Höhepunkte des Abends: Als Franzose und Rathaushausmeister Christian Amann findet es unter anderem nicht nett, dass der Bürgermeister ihm immer seinen Wein wegtrinkt. | Bild: Lang, Andreas

Beide blickten außer auf die Halle auch auf die Südumfahrung. Amann lüftete das Eidechsen-Geheimnis. Für 5,20 Euro bekommt man im Darknet eine Zauneidechse. „Sagt mal, von wo kommt ihr denn her?“ wandte sich der Hausmeister mit der Schlump-Lied-Melodie an die Tierchen. Deren Antwort: „Baustopp, Baustopp, aber flott!“ Nichts geht mehr, „rien ne va plus“, so Amanns Befund.

Gut g‘schumpfe ist genug

Fritz Löffler, der Mann aus dem Süden der Stadt, hat Tag für Tag den gleichen Eindruck. Wenn er in den Markdorfer Norden will, doch von der neuen Ampelanlage ausgebremst wird. „34 einzelne Ampeln, die Ampeln für die Radfahrer gar nicht mitgerechnet, und jedes Lichtlein will mal drankommen. Das kostet Zeit.“ Zeit investieren die Leute im Süden lieber für Badisch-Kurse. Schimpfen auf Alemannisch – von „Sau bis Säckel, von Hennefiedle bis Schofsäckel“. Gemeinsames Fluchen führe die Menschen zusammen.

Bis 24 Uhr als Zunftkapelle aktiv, danach wieder Mitglieder der Markdorfer Stadtkapelle.
Bis 24 Uhr als Zunftkapelle aktiv, danach wieder Mitglieder der Markdorfer Stadtkapelle. | Bild: Lang, Andreas
Bürgermeister Georg Ridmann bekommt von SÜDKURIER-Mitarbeiter Andreas Lang den SÜDKURIER-Orden überreicht.
Bürgermeister Georg Ridmann bekommt von SÜDKURIER-Mitarbeiter Andreas Lang den SÜDKURIER-Orden überreicht. | Bild: Lang, Andreas

Wenn Rom das hört!

Wieder einmal Tacheles hat Peter Nikola gesprochen, der Dekan aus Salem. Mit der Narrenkappe auf dem Kopf blies der Geistliche jenen den Marsch, die „vor lauter politischer Korrektheit“ ihren Kindern das Indianer-Kostüm verleiden. Kirchen-politisch korrekt ist allerdings nicht, wenn der Dekan die Messgewänder der römischen Kardinäle als „liturgische Reizwäsche“ bezeichnet. Ob die Narrenkappe ihm wohl schirmt, wenn die Putins, Xi Jinpings und Kim Jong-uns dieser Welt hören, dass der fromme Mann ihnen Coronaviren, gar noch Schlimmeres an den Hals wünscht.

Dekan Peter Nicola aus Salem wettert über die schwindende Moral von so manch einer Kirchenobrigkeit und macht seinem Ärger Luft.
Dekan Peter Nicola aus Salem wettert über die schwindende Moral von so manch einer Kirchenobrigkeit und macht seinem Ärger Luft. | Bild: Lang, Andreas

Im Wald wächst Hilfe

Vielleicht wüsste ja Manuela Boll Rat. Sie spielte die Kräuterhexe aus dem Gehau-Wald. Da sollte sich doch wohl auch ein Kraut gegen Unmenschlichkeit finden lassen. Man muss ja nicht gleich den ganzen Unmenschen vergiften.

Manuela Boll hat als Kräuterhexe die Lacher auf ihrer Seite, für viel Heiterkeit sorgt ihr Hexengelächter.
Manuela Boll hat als Kräuterhexe die Lacher auf ihrer Seite, für viel Heiterkeit sorgt ihr Hexengelächter. | Bild: Lang, Andreas

Ungeliebte Levitenleserinnen

Angie Ummenhofer zeigte sich als Aktivistin. Sie klebte sich am Dreckkübel fest. Ans Weghören denken Männer, wenn über Frauen am Altar diskutiert wird. „Bekommen sie doch schon zu Haus die Leviten gelesen.“ Da brauchen sie nicht noch Gardinenpredigten in der Kirche, erklärt die Aktivistin.

Angie Ummenhofer lässt sich von Bürgermeister Georg Riedmann Sekundenkleber auf die Hände streichen, um sich an den Dreckkübel zu ...
Angie Ummenhofer lässt sich von Bürgermeister Georg Riedmann Sekundenkleber auf die Hände streichen, um sich an den Dreckkübel zu kleben. Die Erleichterung ist groß, als sich herausstellt, dass der Kleber nur Senf ist. | Bild: Lang, Andreas

Männlich, weiß und deutsch

Für mehr Gendergerechtigkeit wenigstens bei den Markdorfer Narren machten sich indes die BZM-Schulleiterinnen Diana Amann und Marianne Licciardi-Haberbosch stark. Eine Greteler würde sich gut ausmachen an der Seite des Hänselers. Viel Schelte gab‘s von den beiden für die Politik. „Man schreib Stellen aus – m, w, d“ – meint damit aber nicht männlich, weiblich, divers, sondern „männlich, weiß und deutsch“.

Die Greteler Diana Amann und Marianne Licciardi-Haberbosch vom Bildungszentrum beweisen sich als Rednerinnen-Dreamteam.
Die Greteler Diana Amann und Marianne Licciardi-Haberbosch vom Bildungszentrum beweisen sich als Rednerinnen-Dreamteam. | Bild: Lang, Andreas
Die beiden Jungvermesser Clemens Scheidweiler und Jens Neumann haben für Pfarrer Ulrich Hund ein Bushalteschild als ...
Die beiden Jungvermesser Clemens Scheidweiler und Jens Neumann haben für Pfarrer Ulrich Hund ein Bushalteschild als Überraschungsgeschenk parat. | Bild: Lang, Andreas

Kein Problem damit hat der Vermessungstrupp. Clemens Scheidweiler und Jens Neumann finden viel problematischer, „wenn Leute die Narrenkappe mit rotem Kamm aufsetzen“, damit Eindruck schinden im Saal, doch wenn‘s ums Arbeiten geht für die Fasnet nie zu sehen sind.

Nur mit Führerschein auf Bühne

Die zwei Putzmänner Uwe Schulz und Kevin Maraun haben so gar keine Lust aufs Dreckkübel putzen und schimpfen vor sich her.
Die zwei Putzmänner Uwe Schulz und Kevin Maraun haben so gar keine Lust aufs Dreckkübel putzen und schimpfen vor sich her. | Bild: Lang, Andreas

Keine Drückeberger sind Uwe Schulz und Kevin Maraun. Ganz im Gegenteil: Keine Herausforderung ist ihnen zu hoch. Doch wenn die Dreckkübelgschwätz-Dekoration an der Hallendecke nicht per Leiter angebracht werden darf, wenn die Vorschriften der Verwaltung fürs Bedienen einer Arbeitsbühne ein „Führerschein“ verlangt wird, dann stoßen selbst ein Hänseler-Major und der Narrenbüttel an ihre Grenzen.

Stadtmaus Annika Rössler möchte Bürgermeister Georg Riedmann mal so richtig die Meinung geigen, aber sie findet dabei keinerlei ...
Stadtmaus Annika Rössler möchte Bürgermeister Georg Riedmann mal so richtig die Meinung geigen, aber sie findet dabei keinerlei Beachtung vom Stadtoberhaupt. | Bild: Lang, Andreas