Im Internet muss man nicht lange stöbern, um auf Stellenangebote von Markdorfer Unternehmen zu stoßen. „Wir suchen für das kommende Jahr 2023 noch einen Auszubildenden (m/w/d) als Elektroniker/in der Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik“, steht etwa auf der Homepage von Elektrotechnik Wild.
„Ich habe schon das Gefühl, dass Corona Veränderungen gebracht hat“, sagt Erich Wild, „die Auswirkungen der Krise und des Ukraine-Kriegs machen die Situation nicht leichter.“ Das Vorstandsmitglied der Elektro-Innung der Kreishandwerkerschaft ergänzt: „Während der Pandemie waren keine Praktika möglich und auch Berufsinformationsmessen mussten ausfallen.“ Die Innung wolle nun auch Gymnasien kontaktieren, um Azubis zu werben, ergänzt Wild. „Die Ausbildung ist eine gute Basis für eine Karriere bis hin zum Studium. Der Bedarf in unserer Branche ist riesengroß.“
Szenenwechsel. Im Süden Markdorfs bei der Bahnkreuzung an der Bernhardstraße: „ZU VERMIETEN“ nebst Telefonnummer steht auf zwei großen Bannern. Nach fast 18 Jahren ist der „Frisörladen“ Geschichte. Dass es den Salon wegen Personalmangels nicht mehr gibt, ist in der Stadt ein offenes Geheimnis. Die beiden Geschäftsführer wollen nicht darüber sprechen.
Mehrere Stellen unbesetzt
Die Auswirkungen des Personalmangels bekommen die beiden Edeka-Sulger-Märkte ebenfalls zu spüren. „Wir bemerken derzeit deutlich, dass der Arbeitsmarkt leer gefegt wirkt, gerade bei Aushilfskräften“, sagt Matthias Schopf, Sprecher von Edeka Sulger. Wie Hubert Okle, beim Unternehmen für die Personalentwicklung verantwortlich, anfügt, sind in den Markdorfer Märkten derzeit mehrere Stellen unbesetzt. Die Lage in den Märkten in Bermatingen, Ailingen und Fischbach sowie Stockach und Meßkirch sei ähnlich.

„Die Personalsuche gestaltet sich inzwischen deutlich schwieriger als dies in den Vorjahren der Fall war“, sagt Schopf. Mit neun Märkten habe das Unternehmen zwar die Möglichkeit, vereinzelt auch Mitarbeiter in andere Märkte zu schicken, wenn die Personalstärke knapp wird. „Wenn wir aber überall knapp besetzt sind, dann wird das natürlich schwierig“, erklärt Schopf.
Andreas Schley, Chef des gleichnamigen Markdorfer Malerbetriebs, hat im Juli die Vier-Tage-Woche eingeführt. „Die Mitarbeiter sind mit dieser Lösung sehr zufrieden“, sagt Schley. „Der Grund war ja, die Arbeitszeiten auch für künftige Azubis und Mitarbeiter attraktiver zu machen.“ Doch im Internetauftritt des Malerbetriebs Schley heißt es unter Stellenangebote nach wie vor: „Geselle/in gesucht! Werde Teil unseres Teams und verstärke unseren Malerbetrieb mit deinen Kompetenzen. Was bieten wir? 4-Tage-Woche Arbeitszeitenmodell, faire Bezahlung, eine familiäre Arbeitsatmosphäre.“

Ähnlich ist der Wortlaut für eine Ausbildungsstelle. „Wir haben leider keine einzige Bewerbung bekommen“, stellt der Malermeister mit Ernüchterung fest. Allein im vergangenen Jahr habe er rund 14.000 Euro investiert, um neue Kräfte zu gewinnen, sei es durch zusätzliche Plakatwerbung oder durch verstärkte Aktivitäten in den sozialen Medien – doch alle Mühen bleiben erfolglos. „Ich habe das Gefühl, dass junge Menschen kein Interesse an Berufen im Handwerk haben“, sagt Schley.
Kunden müssen vertröstet werden
„Der Markt für Maler und Lackierer ist leer gefegt“, berichtet Schley weiter. Über die vergangenen drei Jahre hinweg musste sein Betrieb mehrere Abgänge verkraften: Aus gesundheitlichen Gründen, Rente oder weil Mitarbeiter in die Industrie wechselten. Wie er mit dieser Situation umgeht? „Wir müssen Kunden vertrösten, leider. In weiterer Konsequenz wird das bedeuten, dass wir gezwungen sind, weniger Aufträge anzunehmen, wenn sich an der Lage nichts ändert.“

Es gibt auch ein positives Beispiel. Georg Mack, der in Markdorf den Lemon Beat Club betreibt, klingt während des Telefonats zufrieden. „Bei uns sieht‘s momentan ganz gut aus. Wir sind ein kleiner Betrieb und arbeiten viel mit 450-Euro-Jobbern.“ Die Altersspanne reiche von 18 bis 45 Jahren und es gehe quer Beet vom volljährigen Schüler bis hin zur Familienmutter oder zum -vater. Können sich die Aushilfskräfte ihre Zeit flexibler als in anderen Bereichen einteilen? Mack bestätigt das: „Wir haben im Vergleich zu anderen konträre Arbeitszeiten, spät abends, in die Nacht hinein.“ Spielen Faktoren wie Musik und Geselligkeit eine Rolle? „Das ist auf alle Fälle eine lockere und abwechslungsreiche Arbeitsatmosphäre“, antwortet der Clubbetreiber.