Im vergangenen Jahr sorgte der Fall einer Markdorfer Ärztin, die unwirksame Corona-Impfungen verabreicht haben soll, für einen sprunghaften Anstieg der Straftaten. Die Kripo zeigte die Ärztin in mehr als 300 Fällen wegen gefährlicher Körperverletzung an.
Die Fälle fehlen nun in der Kriminalstatistik 2023, die sich mit 572 Straftaten wieder auf normalem Niveau einpendelt. Für die Polizeistatistik sind der Fünfjahresvergleich und die Häufigkeitszahl Werte, an denen man sich orientieren kann. Im Fünfjahresvergleich liegt der Schnitt für Markdorf bei 672 Straftaten pro Jahr.
Unterdurchschnittlicher Wert an Straftaten
Bei der Häufigkeitszahl wird die Zahl der Straftaten auf 100.000 Einwohner hochgerechnet und ermöglicht so eine Vergleichbarkeit der Sicherheitslage von Städten und Gemeinden. Im Gebiet des Polizeipräsidiums Ravensburg liegt die Häufigkeitszahl bei 4599, im Bodenseekreis bei 4476, in Markdorf beträgt sie 3984. Das Land Baden-Württemberg liegt bei 5272, der Bundesdurchschnitt bei 7042 Straftaten.
„Wir haben es hier mit einem vergleichsweise unterdurchschnittlichen Wert zu tun, wenn man bedenkt, dass Markdorf in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist“, sagt Stephan Stitzenberger, Leiter des Polizeireviers Überlingen, der gemeinsam mit Günter Reiners, Leiter des Polizeipostens Markdorf, die Statistik vorgestellt hat. Die Aufklärungsquote liegt bei 59,8 Prozent.
44-Jährige wird von Ehemann erschossen
Auch wenn es 2023 in Markdorf weniger Straftaten gab, so bleibt doch die Schwere einer Straftat in Erinnerung, die in der Statistik unter Mord aufgeführt wird.
Am 21. Januar 2023 erschießt ein alkoholisierter 47-Jähriger gegen 13 Uhr seine von ihm getrennt lebende 44-jährige Ehefrau an ihrem Arbeitsplatz im Megamix. Das Opfer verstirbt am Tatort, der Mann flüchtet mit dem Taxi, wird aber kurze Zeit später in Pfullendorf festgenommen. Das Landgericht verurteilt ihn zu einer lebenslangen Haftstrafe, das Urteil ist rechtskräftig.

Schlägerei zwischen sei rivalisierenden Gruppen
„Das war ein großer Fall, den die Kriminalpolizei übernommen und ermittelt hat“, erklärt Günter Reiners. Solch ein Ereignis könne die Bevölkerung durchaus beunruhigen, allerdings gebe es in Markdorf keine Schwerpunkte. Und es kann auch manchmal Zufall sein, wo dann ein Tatort ist – so wie etwa im September 2023, als es auf dem Aldi-Parkplatz zu einem versuchten Tötungsdelikt nach einer Schlägerei kommt.
Auf dem Parkplatz war es zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen einer syrischen und palästinensischen Personengruppe gekommen, ein Beteiligter wurde mit einem Messer schwer verletzt. Eine Ermittlungsgruppe wurde eingerichtet, sie konnte den Tatverdacht gegen vier syrische Brüder erhärten. Das justizielle Verfahren steht noch aus. „Schwere Straftaten haben eine hohe Aufklärungsquote“, sagt Stephan Stitzenberger.
So sieht die Polizeistatistik 2023 für Bermatingen und Deggenhausertal aus
Entwicklung in den einzelnen Deliktfeldern
Wirft man einen Blick auf die einzelnen Deliktfelder, dann steigen die Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung um drei Fälle auf 18, darunter fallen sieben mit Gewalt/Abhängigkeit/Belästigung, vier Vergewaltigungen und sechs Fälle sexuellen Missbrauchs. „Hier befinden wir uns in einem Dunkelfeld, das zu einem Hellfeld wird“, sagt Stephan Stitzenberger. Die Sensibilität für das Thema sei vorhanden, auch habe sich die Rechtslage bei der sexuellen Belästigung verändert, was zu mehr Anzeigen führt.
Bei der Körperverletzung gibt es den meisten Rückgang – von 397 Fälle auf 87. Die Diebstahldelikte gehen von 163 auf 141 Fälle zurück. Darunter fallen 36 Ladendiebstähle, 13 Fahrraddiebstähle und zwei Wohnungseinbrüche. Diese lagen 2021 und 2022 bei null. Bei Gewalt gegen Polizeibeamte bleibt die Zahl mit zwei Fällen gleich. Die Rauschgiftkriminalität ist von 44 auf 34 gesunken, sonstige Straftatbestände gab es ebenfalls weniger – 137 statt 156 im Vorjahr. Dazu zählen unter anderem 27 Beleidigungen und 81 Sachbeschädigungen.
Vermögens- und Fälschungsdelikte bereiten weiterhin Sorgen
Die Vermögens- und Fälschungsdelikte sind dagegen von 81 auf 95 Fälle gestiegen. Dazu zählen Betrugsdelikte wie „falsche Polizisten“, „Gewinnversprechen“, „Schockanrufe“ und „Enkeltrick“, aber auch neue Maschen mit künstlicher Intelligenz. Dass es den Tätern immer wieder gelingt, gezielt Senioren zu betrügen und ihnen Geld abzunehmen, ärgert die Polizisten und macht sie auch traurig. „Es ist erschreckend, dass das nach wie vor funktioniert“, so Stephan Stitzenberger. Vor allem, weil Stitzenberger und Reiners vermuten, dass viele Fälle auch aufgrund von Schamgefühl der Opfer nicht gemeldet werden. Die Polizei leistet hier viel Aufklärungsarbeit und beide Männer appellieren erneut, kein Geld an Fremde herauszugeben.
Präventionsarbeit und Gespräche führen
Günter Reiners ist es wichtig, viel Präventionsarbeit zu leisten und in seinem Zuständigkeitsgebiet Präsenz zu zeigen, so zum Beispiel in den Bereichen Jugendkriminalität und Verkehrssicherheit. „Wir sind ein Posten, der nah am Bürger sein will. Und wir möchten ansprechbar sein“, sagt Reiners. Das Sicherheitsgefühl der Menschen sei entscheidend. Der Leiter des Polizeipostens sucht das Gespräch mit Vertretern der Gemeinden, Vereinen und Veranstaltern. Das habe sich in den vergangenen Jahren bewährt. So habe es beispielsweise bei Festen keine Auseinandersetzungen mehr gegeben.