Der befürchtete große Kahlschlag wurde vermieden, es blieb letzten Endes beim Abbau von 19 Stellen: Am Continental-Standort Markdorf sind die Umstrukturierungen des Konzerns offenbar abgeschlossen. Dies bestätigt Continental-Sprecher Sebastian Fillenberg auf Anfrage des SÜDKURIER. Damit ist die Conti Temic microelectronic GmbH mit dem sprichwörtlichen blauen Auge davongekommen. Zwischenzeitlich war von der Gewerkschaft IG Metall die Streichung von bis zu 52 Arbeitsplätzen in Markdorf befürchtet worden.
Sparprogramm im Herbst 2020 öffentlich gemacht
Dieses Szenario ist nun zweieinhalb Jahre her: Im Herbst 2020 hatte Continental, damals der zweitgrößte Automotive-Zulieferer der Welt, sein Sparprogramm „Transformation 2019-2029“ öffentlich gemacht. 30.000 der seinerzeit 220.000 Arbeitsplätze weltweit sollten „verändert“ werden, also abgebaut, verlagert oder auch veräußert. Der Konzern stand zu dieser Zeit extrem unter Kostendruck, die Führungsspitze bangte um die globale Wettbewerbsfähigkeit. Deutschlandweit war es damals um den Abbau von 13.000 der damals 56.000 Stellen gegangen.

Transformation in Markdorf „weitgehend“ abgeschlossen
Die Personalplanungen im Zuge des Sparprogramms seien zumindest für Markdorf nun beendet, sagt Fillenberg. Bereits im April 2021 hatte sich das Unternehmen öffentlich auf 19 Stellen weniger im Gewerbegebiet Riedwiesen festgelegt. Dabei sei es auch geblieben. „Aktuell beschäftigen wir am Standort in Markdorf rund 250 Mitarbeiter“, so der Sprecher. Die Transformation vor Ort sei „weitgehend“ abgeschlossen, Markdorf sei inzwischen ein nahezu reiner Entwicklungsstandort. Mit der Umstrukturierung einher ging auch eine Veränderung bei den Geschäftsfeldern von Conti Temic in Markdorf. Das frühere Geschäftsfeld Automobilkomfortelektronik gibt es nicht mehr, stattdessen das neue Geschäftsfeld „Architecture & Networking“. Prinzipiell seien die Aufgaben am Standort in den Riedwiesen nicht viel anders als bisher, sagt Fillenberg. Nur, dass sich der bisherige Bereich Elektronik extrem rasch und tiefgreifend digitalisiert habe, deshalb auch die konzernweite Umbenennung.

Hochleistungsrechner für Autos der Zukunft
Hatte man früher in Markdorf im Bereich Sensoren, zum Beispiel für elektronische Fensterhebemechanismen, oder elektronische Assistenzsysteme geforscht und entwickelt, gehe es heute vor allem um das Thema Hochleistungsrechner für das komplett software-basierte Auto der Zukunft. „In diesem Bereich ist Markdorf jetzt unser Hauptstandort“, sagt Fillenberg. Mit dieser wichtigen Positionierung im Konzern dürfte vor allem die Belegschaft, die in den vergangenen Jahren immense Unsicherheiten zu bewältigen hatte, beruhigter in die Zukunft blicken.
Tendenziell könnte Mitarbeiterzahl in Markdorf wieder wachsen
Ein weiterer Abbau sei keineswegs geplant, versichert der Continental-Sprecher. Im Gegenteil: Sollte die technische Entwicklung weiter in diesem Tempo voranschreiten und am Markt nachgefragt sein, sei durchaus auch ein erneuter Stellenaufbau wieder denkbar: „Wir gehen davon aus, dass die Beschäftigtenzahl in Markdorf tendenziell weiter wachsen wird“, sagt Fillenberg. Der Standort sei im Konzernverbund „zukunftsorientiert“ aufgestellt.

Sparprogramm bislang weniger drastisch als befürchtet
Sollte Continental diese Pläne für Markdorf weiter beibehalten, wäre der Standort deutlich besser aus dem Sparprogramm herausgekommen als in den Riedwiesen befürchtet wurde. Im April vor zwei Jahren hatte der Markdorfer Betriebsratsvorsitzende Jürgen Pelzer noch von einem „harten Prozess“ gesprochen und dass man „viele Runden“ absolvieren musste, bis die Lösung für den Standort eingetütet war. Die Verhandlungen mit der Konzernspitze und den Bereichsleitungen hatten sich ein halbes Jahr lang hingezogen. Der Personalabbau sei schmerzhaft, hatte Pelzer damals gegenüber dem SÜDKURIER gesagt, die langfristige Perspektive für die Zukunft zugleich aber wertvoll. Damals hatte man auch als schlimmstes Szenario eine groß angelegte Verlagerung nach Lindau befürchtet, wo die Zentrale der damaligen Geschäftseinheit Fahrerassistenzsysteme angesiedelt war, mit weltweit 20 Standorten. Dies sei von Konzernseite aus aber nie ernsthaft in Erwägung gezogen worden, heißt es. Lindau ist heute der Hauptsitz eines neuen Geschäftsfeldes rund um Fahrerassistenz und autonomes Fahren. Dort waren keine Stellen abgebaut worden.