„Wir werden für jeden einzelnen Mitarbeiter kämpfen, bis zum letzten Tag!“ Mit dieser klaren Aussage verweist Jürgen Pelzer, Betriebsratsvorsitzender bei Conti Temic in Markdorf, auf unverändert ungewisse Situation am rund 300 Mitarbeiter zählenden Entwicklungsstandort des Automotivekonzerns Continental. „Es ist nach wie vor ein Damoklesschwert, das über dem gesamten Unternehmen und all seinen Standorten in Deutschland hängt“, sagt er. Seit der Veröffentlichung der Pläne der Konzernführung um das tiefgreifende Sparprogramm „Transformation 2019-2029“ vor rund zwei Monaten habe sich „nicht viel bewegt“.
Verhandlungen haben noch nicht begonnen
Im Gespräch mit dem SÜDKURIER betonen Pelzer und sein Stellvertreter Till Rimbach, dass man auf Seiten der Arbeitnehmervertretung erst zu Beginn des Prozesses stehe. „Wir sind im Austausch, auch mit anderen Betriebsräten und der Gewerkschaft, sammeln derzeit noch Informationen und werden dann Zug um Zug unsere Strategie festlegen“, beschreibt Rimbach das weitere Vorgehen in Markdorf. Noch hätten die Verhandlungen um die etwaigen Auswirkungen des Konzernsparkurses auf Markdorf noch gar nicht begonnen, sagt Pelzer. Selbst Sondierungen seien noch nicht aufgenommen. „Wir befinden uns nach wie vor in der Phase der Information, in die die Belegschaft natürlich eingebunden ist“, so Pelzer. Denn noch gebe es keine weitergehenden auf die Standorte bezogenen Informationen seitens der Konzernführung.

IG Metall ist mit an Bord
Seit etwas mehr als einem Monat befindet sich auch Christina Stobwasser, Gewerkschaftssekretärin bei der IG Metall in Friedrichshafen, regelmäßig zum Austausch mit dem Betriebsrat im Unternehmen. „Wir sind froh darüber, dass die IG Metall an unserer Seite steht“, sagt Pelzer: „Frau Stobwasser ist in unserem Verhandlungsteam.“
Geschäftsführung in Markdorf wartet auf Signale aus der Konzernspitze
Stand jetzt sei nach wie vor die auch von der IG Metall kolportierte Kennzahl an 52 Stellen in Markdorf aktuell, die eventuell zur Disposition stünden. Dies sei auch der derzeitige Verhandlungsstand, sollten die Gespräche beginnen und sich daran nichts ändern. Unterdessen hätten bereits mehrere Informationsrunden für die Belegschaft stattgefunden, auch seitens der Geschäftsführung am Standort. Doch auch die Geschäftsführung warte noch auf konkretere Signale aus der Konzernspitze, so die beiden Betriebsräte.

Das Sparprogramm von Continental und der Standort Markdorf
- Das Continental-Sparprogramm: „Transformation 2019-2029“ heißt das tiefgreifende Sparprogramm, das der nach Bosch zweitgrößte Automotive-Zulieferer der Welt aufs Gleis gesetzt hat. Weltweit sollen 30 000 der insgesamt 220 000 Stellen „verändert“ werden, in Deutschland 13 000 der insgesamt 56 000. Das entspricht in Summe einem Viertel der Arbeitsplätze. „Verändert“ heißt in der Konzernsprache, dass die infrage stehenden Stellen gestrichen, konzernintern verlagert oder durch Verkäufe von Konzernteilen abgebaut werden sollen.
- Die Gründe: „Wir haben Deutschland in der Vergangenheit rücksichtsvoller behandelt als den Rest der Welt. Aber das ist nicht mehr durchhaltbar“, sagt Konzernchef Elmar Degenhart. Die Krise in der Automotive-Branche mit ihrem Wandel hin zur emissionsfreien Mobilität sowie die gravierenden Auswirkungen der Corona-Krise auf den gesamten Automobilsektor zwingen den Konzern nach eigenen Angaben dazu, in großem Stil vor allem die Personalkosten zu drücken.
- Der Standort: Conti Temic in Markdorf ist ein reiner Entwicklungsstandort von Continental. Rund 300 Mitarbeiter forschen und entwickeln im Segment der Automobilkomfortelektronik. Dazu gehören Assistenzsysteme und Sensorik, unter anderem für die Insassensicherheit. Der IG Metall zufolge sollen in Markdorf 52 Stellen auf der Kippe stehen. Eine Konzernsprecherin hatte jüngst auf Anfrage des SÜDKURIER mitgeteilt, dass in Markdorf Stand jetzt keine betriebsbedingten Kündigungen geplant seien.