Die Sparpläne von Continental, des zweitgrößten Automotive-Zulieferers der Welt, treffen auch den Standort Markdorf: Nach Informationen der IG Metall stehen bei der Conti Temic microelectronic GmbH in Markdorf 52 der rund 310 Stellen am Standort auf der Kippe. Conti Temic in Markdorf ist ein reiner Entwicklungsstandort im Segment Automobilkomfortelektronik des Konzerns. Der Standort wurde im April 2005 eröffnet, das Firmengebäude im Gewerbegebiet Riedwiesen ist angemietet und gehört der Friedrichshafener Fränkel AG.

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In Deutschland offenbar 13 000 Stellen betroffen

Continental plant, weltweit 30 000 seiner 220 000 Stellen nach eigenen Angaben zu „verändern“, davon 13 000 der 56 000 Stellen in Deutschland, also knapp ein Viertel der Arbeitsplätze. Der Aufsichtsrat des Konzerns hatte jüngst diese umfassenden Schließungspläne bestätigt. Inwiefern in Markdorf die kolportierten 52 Stellen „verändert“ werden sollen, scheint zum jetzigen Stand noch nicht abschließend geklärt zu sein.

Rund 13 000 Stellen will die Continental AG deutschlandweit – in ihrem Jargon – „verändern“. Auf dieser ...
Rund 13 000 Stellen will die Continental AG deutschlandweit – in ihrem Jargon – „verändern“. Auf dieser Grafik sind die konkreten Pläne für die einzelnen Standorte aufgeführt, wie sie der Gewerkschaft IG Metall vorliegen. | Bild: Grafik: Aldo Gora/Quelle: IG Metall

Streichpläne sollen vor Ort verhandelt werden

Bei der IG Metall in Friedrichshafen ist man dennoch alarmiert. Gewerkschaftssekretärin Christina Stobwasser weilte bereits zu Gesprächen mit dem Betriebsrat in dem Unternehmen. Für den Freitag kommender Woche sei auch ein Gespräch mit der Markdorfer Geschäftsführung angesetzt, sagt sie auf Anfrage des SÜDKURIER.

Überrumpelt vom Vorgehen von Continental wurde auch die Gewerkschaft. Bei der IG Metall, so Stobwasser, sei man davon ausgegangen, dass die Verhandlungen um den Stellenabbau zentral mit dem Gesamtbetriebsrat beziehungsweise dem Konzernbetriebsrat geführt würden. Nun sehe es aber danach aus, dass jeder Standort einzeln vor Ort seine Streichpläne verhandeln solle. „Das ist für uns ganz klar eine Strategie der Zersplitterung“, sagt Stobwasser. Die werde aber auf dem Rücken der Belegschaft ausgetragen.

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Die Sparpläne von Continental

In Markdorf schreibt Conti Temic schwarze Zahlen

Der Standpunkt der IG Metall sei klar, sagt Stobwasser: „Wir finden es insofern schockierend, als dass Continental nicht so viele Standorte für Software-Entwicklung hat. Was Markdorf leistet, gibt es nicht an vielen Standorten.“ Zudem schreibe Conti Temic in Markdorf schwarze Zahlen. Das entsprechende Segment bei Continental werde nur in Markdorf und in Wetzlar bedient. „Da muss man sich schon fragen, wie zukunftsgerichtet solche Pläne sind“, kritisiert die Gewerkschaftssekretärin.

Christina Stobwasser, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben zu den möglichen Stellenstreichungen in ...
Christina Stobwasser, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben zu den möglichen Stellenstreichungen in Markdorf: „Da muss man sich schon fragen, wie zukunftsgerichtet solche Pläne sind“. | Bild: IG Metall

Betriebsrat wünscht Engagement der IG Metall

Aktuell gebe es bei der IG Metall noch keine Erkenntnisse, wie vor Ort die Pläne auf die einzelnen Abteilungen heruntergebrochen werden sollen. Der Betriebsrat in Markdorf habe jedenfalls signalisiert, dass er sich Unterstützung von der Gewerkschaft wünsche. Zuvor wolle sie sich aber auch noch an die Belegschaft wenden, um zu erfahren, ob es aus deren Reihen eine breite Bereitschaft gebe, der IG Metall auch das Mandat zu geben, sagt Stobwasser. „Welchen Spielraum haben wir“, laute für sie dabei die Frage. In den Termin am Freitag mit der Markdorfer Geschäftsleitung werde sie jedenfalls „gespannt und mit offenen Ohren“ gehen.

Achtung, Hindernis! Zu den elektronischen Systemen von Conti Temic in Markdorf gehören unter anderem auch Sensoren, die zur ...
Achtung, Hindernis! Zu den elektronischen Systemen von Conti Temic in Markdorf gehören unter anderem auch Sensoren, die zur Abstandswarnung eingesetzt werden. | Bild: Conti Temic

Drängende Fragen zum Standort Markdorf

Stand jetzt drängen sich für den Standort Markdorf elementare Fragen auf. Sollten tatsächlich rund 50 Stellen auf der Streichliste stehen, ginge das bei einer Belegschaft von insgesamt 300 Mitarbeitern zweifelsohne an die Substanz des Standortes in den Riedwiesen, zumal es sich bei Conti Temic um einen hochspezialisierten Entwicklungsstandort handelt.

Dann stellt sich auch die Frage nach dem Standort Lindau. Dort werden auf einem ähnlichen Feld wie in Markdorf komplexe Fahrerassistenzsysteme entwickelt. Auf der „Streich-Karte“ der IG Metall ist aber der Standort Lindau nicht aufgeführt. Denkbar wäre also eventuell auch ein Szenario, nach dem Teile des Standorts Markdorf und seiner Belegschaft in die bayerische Bodenseestadt verlagert werden könnten – eben aus Effizienz- und Kostengründen. Hinweise dazu gibt es seitens des Konzerns aktuell keine.

High-Tech-Forschung für die Automobilbranche: Komplexe Sensoren und Assistenzsysteme werden von der Conti Temic microelectronic GmbH ...
High-Tech-Forschung für die Automobilbranche: Komplexe Sensoren und Assistenzsysteme werden von der Conti Temic microelectronic GmbH entwickelt. | Bild: Joerg Koch/Continental AG

Continental plant auch den Verkauf von Unternehmensteilen

Denkbar wäre aber auch eine andere Option: Der Verkauf. Nach Informationen der Presseagentur dpa plant Continental auch den Verkauf von Unternehmensteilen. Dabei gehe es laut Vorstandschef Elmar Degenhart auch um bestimmte Segmente des Automotive-Geschäftes. Degenhart zufolge könnte jede zehnte der 30 000 von dem Sparprogramm betroffenen Stellen durch die anvisierten Verkäufe abgebaut werden. Ob auch der Standort Markdorf zu den Unternehmensteilen gehören könnte, die für einen Verkauf in Frage kämen, ist Stand jetzt offen.

Man könne noch keine Auskünfte zu einzelnen Standorten erteilen, sagte eine Sprecherin von Continental am Freitag auf Anfrage. „Aktuell finden noch vertrauliche Verhandlungen statt, die konkreten Gespräche werden derzeit weiter vertieft“, so die Sprecherin. In den kommenden Wochen hoffe man, Näheres auch zu den Plänen zu einzelnen Standorten mitteilen zu können.

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