Nach seinem Raubüberfall auf einen Markdorfer Pizza-Lieferdienst im Dezember 2023 muss der Angeklagte Tobias K. wegen schwerer räuberischer Erpressung für drei Jahre und sechs Monate in Haft. Parallel ordnet das Gericht eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Das hat das Landgericht Konstanz am Montag, 22. Juli, entschieden. Die Entscheidung folgt auf ein Geständnis und eine Entschuldigung des 23-Jährigen Angeklagten am ersten Prozesstag.

Waffe ein gravierender Umstand

Damit folgt das Gericht in weiten Teilen den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung und behandelt die Tat als einen minderschweren Fall von räuberischer Erpressung. Ohne die Minderung hätten dem Angeklagten zwischen fünf und 15 Jahren Freiheitsstrafe gedroht.

„In einigen Bereichen haben Sie Glück gehabt“, sagt Richter Arno Hornstein zu Beginn seiner Erläuterungen zum Urteil. „Die Waffe ist einer der gravierendsten Umstände.“ Zwar ist es eine Schreckschusspistole, mit der Tobias K. die vier Männer im Pizza-Service Bodensee am Stadtgraben im vergangenen Dezember bedroht und sie dazu auffordert, ihm Geld zu geben. Dennoch hätte die Situation für die Opfer schlimmer und sogar „potenziell lebensgefährlich“ enden können, sagt der Richter weiter. Verteidigerin Mona Hammerschmidt hatte in ihrem Plädoyer zuvor noch auf eine geringere Gefahr auf Verletzungen durch die Schreckschusswaffe hingewiesen.

Geständnis wird positiv angerechnet

Positiv rechnen Staatsanwaltschaft und Richter dem Angeklagten sein Geständnis an, auch wenn die Beweislage erdrückend war, wie Oberstaatsanwalt Ulrich Gerlach in seinem Plädoyer anmerkt. Für Richter Arno Hornstein sind im Sinne des Angeklagten zudem das junge Alter, seine Persönlichkeitsproblematik und sein Verhältnis zu Drogen ausschlaggebend. Ein Sachverständiger hatte bei ihm eine Drogensucht – insbesondere nach Cannabis – und ADHS festgestellt.

Schon am ersten Prozesstag betont Tobias K., dass er aufgrund hoher Schulden durch seine Drogensucht keinen anderen Ausweg mehr gesehen habe, als sich auf diese Weise Geld zu beschaffen. „Eine Rolle spielen drückende Schulden von 30.000 Euro und 2000 Euro, die er am nächsten Tag hätte bringen sollte“, sagt auch Oberstaatsanwalt Gerlach. So hält auch Richter Arno Hornstein in seiner Urteilsbegründung fest, dass der Angeklagte sein Verhalten krankheitsbedingt nicht zu 100 Prozent verantworten kann.

Stationärer Entzug und Therapie angeordnet

Vor dem Hintergrund seiner Abhängigkeit war für das Gericht zudem die Frage, ob der Angeklagte nach Paragraph 64 Strafgesetzbuch (StGB) ein Fall für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sein könnte. Demnach soll das Gericht bei Straftätern dann eine solche Unterbringung anordnen, wenn die Tat auf den Konsum von Rauschmitteln oder der Hang zum Konsum zurückzuführen ist.

Für Richter Arno Hornstein kein einfacher Fall. Denn für ihn ist es fraglich, ob die Sucht und nicht die Schulden die überwiegende Ursache für die Tat war. Aber das Gericht will einem jungen Mann auch eine echte Chance auf eine Therapie geben, erklärt Hornstein. Daher begründet er die Entscheidung für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt folgendermaßen: „Die Tilgung der Schulden war insofern notwendig, dass er sich dadurch hätte weitere Drogen beschaffen können.“

Anfang Dezember hatte der damals 22-jährige Tobias K. den Pizza-Lieferservice in der Poststraße überfallen. Der Mann wurde nun verurteilt.
Anfang Dezember hatte der damals 22-jährige Tobias K. den Pizza-Lieferservice in der Poststraße überfallen. Der Mann wurde nun verurteilt. | Bild: Grupp, Helmar
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Richter appelliert an Angeklagten

Nicht zuletzt hatte zuvor aber neben Verteidigerin Mona Hammerschmidt auch Oberstaatsanwalt Ulrich Gerlach für eine Anordnung plädiert. „Wenn wir wollen, dass der Angeklagte noch irgendwie auf die gerade Bahn kommt, dann braucht er eine Therapie“, sagt er in seinem Plädoyer. Auch wenn Gerlach befürchtet, die Erfolgschancen einer Therapie seien gering.

Mit Blick auf die Therapie in der Entziehungsanstalt wendet sich Richter Arno Hornstein zum Abschluss der Verhandlung nochmal direkt an Tobias K. und sagt: „Es ist für Sie möglicherweise die letzte Chance.“ Für seine vier Kinder – drei kommen aus einer vorigen Beziehung – und seine Verlobte da zu sein, „das geht nur drogenfrei“. Wie schnell Tobias K. in eine Anstalt überwiesen werden kann, hängt nun davon ab, wie schnell Plätze frei werden. Solange bleibt er weiterhin in regulärer Haft.