Plötzlich kommt die erste Unwetterzelle gegen 5.50 Uhr in der Frühe auf dem Regenradar auf. Dann werden die Regenfälle rasend schnell heftiger und heftiger. Der Pegel des Rohmbach steigt immer weiter an und das Wasser bahnt sich seinen Weg den Gehrenberg hinunter. Aus dem Nichts überfallen die Wassermassen in den Morgenstunden des 26. Juni Oberteuringen. Neben dem Kernort ist vor allem Bitzenhofen betroffen.
Um 7.22 Uhr startet der Alarm bei der Freiwilligen Feuerwehr in Oberteuringen. „Dann gingen im Minuten- bis gar im Sekundentakt die Anrufe ein“, sagt Kommandant Björn Hussal.
816 Einsatzstunden
Es ist der Beginn eines Marathon-Einsatzes für die Feuerwehr. „Es war auf jeden Fall eine riesige Belastung für jeden Einzelnen“, sagt Hussal weiter. „Wir hatten auch Leute, die selbst betroffen waren und trotzdem gekommen sind, um anderen zu helfen.“ 816 Einsatzstunden verbuchen alleine die Einsatzkräfte der Oberteuringer Feuerwehr am 26. und 27. Juni. An 109 Einsatzstellen helfen sie und die insgesamt 180 Einsatzkräfte der Feuerwehren aus dem Kreis, wie etwa auch aus Friedrichshafen und Ravensburg, in der Zeit. Auch das Technische Hilfswerk, DRK, DLRG und Johanniter sind im Einsatz.

Selbst betroffen ist auch Kreisbrandmeister Alexander Amann. „Eine Stunde nach dem Alarm bin ich schon nicht mehr bis zu meinem Haus gekommen. Da waren auch der Keller und die Tiefgarage schon voll.“
Das macht den Einsatz noch schwerer
Wenige Wochen zuvor gab es im Kreis eine noch extremere Hochwasserlage. „Meckenbeuren war noch größer, aber wir und die Anwohner konnten uns wenigstens darauf vorbereiten. Das war hier auf die Schnelle nicht möglich“, sagt Alexander Amann. Spontaneität und Ausmaß des Hochwassers haben bei ihm bleibenden Eindruck hinterlassen.

Eine solche Situation haben sowohl Amann als auch Björn Hussal in Oberteuringen noch nicht erlebt. „Dass es so unerwartet kam, hat es von anderen Ereignissen unterschieden“, sagt Björn Hussal. So schnell wie am Dienstagmorgen die große Menge an Notrufen bei der Feuerwehr eingeht, ist vor allem die Priorisierung und schnelle Koordination eine Herausforderung für die Einsatzkräfte. „Es war ein so großflächiges Ereignis, dass man gar nicht überall sein konnte.“ Das Wichtigste war laut Hussal, zunächst ein Bild über die Lage zu bekommen und zu erkennen, wo Menschenleben in Gefahr sind.
In dieser Hinsicht hatte die Gemeinde Glück im Unglück. „Wir hatten Glück, dass die Leute um 7 Uhr unter der Woche schon alle wach waren und niemand im Schlaf überrascht wurde“, sagt Hussal. Ein Mann zum Beispiel, der am frühen Morgen schon an seinem Computer arbeitet, kann sich laut dem Kommandanten gerade noch durch sein Kellerfenster vor den Wassermassen retten.
Bürger reagieren besonnen
Trotz der schwierigen Umstände kann Björn Hussal ein positives Einsatzfazit ziehen: „Der Einsatz hat gezeigt, dass die Hilfsorganisation im Kreis leistungsfähig ist.“ Auch das Verhalten der Einwohner lobt er. „Die Bevölkerung hat besonnen reagiert.“ Keiner sei unvernünftig noch zurück ins Gebäude oder in die volllaufende Tiefgarage gerannt, um Wertgegenstände zu retten. Das kann laut Kreisbrandmeister Alexander Amann auch schnell extrem gefährlich werden: „Wenn man in solchen Situationen nochmal zurückgeht oder zögert, um Wertgegenstände zu retten, entsteht schnell Lebensgefahr.“ Wenn das Wasser mit seiner enormen Wucht Türen zudrückt, hat man schnell keine Chance mehr, aus einem Gebäude herauszukommen.

Auch lobt Amann den Einsatz der Bürger füreinander: „Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung war enorm. Der Zusammenhalt war grandios.“ Vereine und Gruppen organisieren sich noch am Tag des Unwetters schnell. Sie helfen den Betroffenen dabei, ihre Keller auszupumpen, organisieren Notstromaggregate und versorgen sie mit Verpflegung.
Selbstvorsorge treffen
Bei der Gemeinde läuft nun die Analyse dazu, wie sich eine solche Katastrophe in Zukunft möglichst vermeiden lässt. Björn Hussal und die Freiwillige Feuerwehr Oberteuringen wollen sich auch noch stärker auf die Möglichkeit zukünftiger Hochwasser-Einsätze vorbereiten. Sie wollen noch mehr Sandsäcke verfügbar haben und diese so lagern, dass sie bei Notfällen noch schneller greifbar sind. Außerdem möchte die Wehr mobile Hochwasserschutzwände beschaffen.
Außerdem appelliert der Kommandant an die Bürger, selbst Vorsorge zu treffen. Zum Beispiel durch die Installation der Nina-Warnapp auf dem Handy oder ein Brett vor dem Kellerfenster. Dieses könne zwar keine unvorhergesehene Katastrophe wie am 26. Juni stoppen, aber bei kleineren Unwettern durchaus helfen. Weitere Hinweise zur Hochwasser-Vorsorge gibt es auf der Website des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).